Wohnungsnot: Erlanger Linke will Stadt zum Handeln zwingen

25.3.2019, 06:00 Uhr
Die Erlanger Linke will mit ihren Stadtratsanträgen die Wohnungsnot in der Hugenottenstadt wirksam bekämpfen.

© Harald Sippel Die Erlanger Linke will mit ihren Stadtratsanträgen die Wohnungsnot in der Hugenottenstadt wirksam bekämpfen.

"Es gibt Alternativen zum Wohnungsbau durch private Investoren. Die Diskussion darüber ist überfällig." Das ist auf der Webseite der Stadtratsfraktion der Erlanger Linken zu lesen (http://gleft.de/2Kj). Dort kann man sich auch genau über die 13 Anträge der ERLI informieren.

"Wir glauben, dass eine Maßnahme allein nicht ausreicht. Man braucht ein ganzes Paket", sagt ERLI-Stadtrat Johannes Pöhlmann im Gespräch mit den EN. "Wir haben uns in anderen Städten umgeschaut, was dort besser läuft beziehungsweise mehr gemacht wird als in Erlangen." Vor allem in Berlin und München ist man fündig geworden auf der Suche nach Strategien gegen die Wohnungsnot.

Das Problem in Erlangen sei, so Pöhlmann, dass die Stadtregierung bisher ausschließlich auf Neubau gesetzt habe, ansonsten aber gelte: Freie Fahrt für den Investor. Doch nach dem gescheiterten Ratsbegehren für eine Stadtentwicklungsmaßnahme West III sei der Weg, über Neubau und neue Stadtteile zu gehen, gesperrt.

West III habe zudem gezeigt, dass die Grenzen des Wachstums erreicht seien. Pöhlmann verweist in diesem Zusammenhang auf den Bund Naturschutz und die Aussage von dessen Vorsitzendem Hubert Weiger, dass die Metropolen nicht weiter wachsen können. Vielmehr müsse das Ausbluten der kleinen Städte verhindert werden.

Und was ist mit Erlangen? Der Plan, dass die Stadt wachsen soll, gehe jedenfalls nicht auf, so Pöhlmann. Denn im Unterschied zu früheren Wachstumsphasen würden die Firmen jetzt kaum noch Wohnungen bauen. Beispiel Siemens-Campus: "Hier schrumpfen die geplanten Wohngebiete in den Modulen 5 und 6 deutlich durch die TechFak-Erweiterung", sagt der Stadtrat.

"Wohnen ist Menschenrecht", betonen die Linken. Dennoch: "Bauträger und ,Immobilienentwickler‘ verdienen sich dumm und dämlich mit überteuerten Neubauten oder überteuert weiterverkauften Bestandswohnungen." Beim dringend nötigen Kurswechsel der Stadt in der Wohnungspolitik müsse Wohnen Vorrang vor Uni und Gewerbe bekommen.

Auf den wenigen Flächen, die sich noch für die Bebauung mit Neubauten eignen, müssen, so fordert es die ERLI, dauerhaft günstige Wohnungen geschaffen werden. Vor allem aber müsse die Stadt endlich den Kampf um die Erhaltung günstiger Bestandswohnungen aufnehmen und großen Vermietern wie der GBW alle verfügbaren Daumenschrauben anlegen, vom Planungsrecht bis zum Vorkaufsrecht. Zwar stehe dies auch im Erlanger SPD-Programm, doch habe sich die Stadtregierung bisher auf den Neubau konzentriert.

Gegen Mietpreisüberhöhung soll die Stadt konsequent vorgehen, wird in einem der 13 Anträge konkret gefordert. Die Stadt könne Bußgelder verhängen, wenn die Mieter mehr als etwa 20 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete kostet. Ein weiterer Antrag zielt auf den Mietspiegel ab: Damit dieser nicht verfälscht werde, müsse die Stadt ihn um die schwarzen Schafe bereinigen, die ihn hochtreiben.

Außerdem solle Erlangen nach Münchener und Berliner Vorbild eine Zweckentfremdungssatzung einführen und damit gegen Leerstand sowie dauerhafte Umwandlung von Wohnungen in Ferienwohnungen bzw. Boarding Houses vorgehen.

Als letztes Mittel sollten leerstehende oder zwangsgeräumte Wohnungen zur Abwendung von Obdachlosigkeit beschlagnahmt werden. "Eigentum verpflichtet", stehe im Grundgesetz. Wer angesichts des Mangels an bezahlbarem Wohnraum Wohnungen leer stehen lasse oder Mieter vor die Tür setze, denen dadurch Obdachlosigkeit droht, müsse hinnehmen, dass die Stadt diesen Wohnraum zeitweise zwangsweise anmietet.

Ebenfalls nach Münchener und Berliner Vorbild solle die Stadt ihr Vorkaufsrecht immer wahrnehmen oder eine entsprechende, die Mietbegrenzung garantierende Abwendungsvereinbarung treffen. Durch Milieuschutzsatzungen werde – wie in München – Sanieren deutlich komplizierter und die Stadt bekomme ein Vorkaufsrecht.

Die Stadt Ulm wiederum macht vor, wie man durch Bodenvorratspolitik zu bezahlbarem Wohnraum kommt. Neues Baurecht wird in Ulm nur geschaffen, wenn die Stadt im Eigentum der Grundstücke ist, um Spekulation zu unterbinden. Wenn man flächendeckende Bebauungspläne schaffe, würde dies der Stadt mehr Verhandlungsspielraum geben, so die ERLI.

Dies und noch einige Dinge mehr sollte Erlangen sich nach Ansicht der Erlanger Linken zum Vorbild nehmen. Letztes Beispiel: In Berlin gebe es zum Beispiel eine Wohnungstauschbörse, die es ermögliche, Wohnungen samt dem Alt-Mietvertrag zu tauschen. Durchaus überlegenswert für Erlangen, wo Mieter der Gewobau große gegen kleine Wohnungen (und umgekehrt) tauschen können. Attraktiv ist dieses Modell allerdings nur, wenn damit auch die Miete kleiner wird.

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