Zeit des Rattengifts ist in Adelsdorf vorbei

30.11.2018, 06:00 Uhr
Zeit des Rattengifts ist in Adelsdorf vorbei

© Reiner Bernhardt

Zack. Blitzschnell sausen die Spatel der Falle hinab, die Ratte, die sich darunter befindet, wird erschlagen und ist in Sekundenbruchteilen tot. Ein Tod, bei dem das Tier nicht leidet. "Im Gegensatz zum Einsatz von Gift, wo die Ratte leidet und erst drei bis fünf Tage später stirbt", sagt Adelsdorfs Bürgermeister Karsten Fischkal. Bei der neuen Methode, auf die seine Gemeinde nun setzt, sei hingegen von Tierquälerei keine Spur.

Wie die modernen Fallen funktionieren, erklärt Frank Brestrich von der Schädlingsbekämpfungsfirma Anticimex, die ihren Ursprung in Schweden hat: "Die Geräte werden vom Gully aus in das Kanalrohr geschoben. Wenn eine Ratte darunter hindurchläuft, schlagen die eingebauten Wärme- und Bewegungssensoren an: Befindet sich die Ratten mittig darunter, gehen die Spatel nach unten." Die tote Ratte wird dann mit dem nächsten Wasserschwall, der durch die Benutzung einer Dusche oder auch Toilette entsteht, Richtung Kläranlage gespült.

Jede Falle verfügt über ein Steuerungsgerät, das so angebracht ist, dass die Mitarbeiter der Kläranlage es bedienen können, ohne selbst in die Kanalisation hinabzusteigen. In dem Gerät befindet sich eine SIM-Karte, die es dem Gerät ermöglicht, Daten zu übertragen. Aus der Ferne ist deshalb abzulesen, wie viele Tiere getötet werden und auch, ob eine Störung an der Falle vorliegt. "Meldet das Gerät, dass zehn Tage kein Schuss mehr abgegeben wurde, gilt das Gebiet als rattenfrei", so Brestrich.

Seit sechs Wochen sind in Adelsdorf vier Geräte aufgestellt, 100 Tiere wurden in dieser Zeit getötet. "Und das in einem Gebiet, in dem wir bislang nicht einmal Meldungen über ein besonderes Rattenproblem hatten", erklärt Fischkal.

Mit vier Geräten — das Leasing kostet pro Jahr insgesamt etwa 5500 Euro — könne man eine Gemeinde wie Adelsdorf laut Schädlingsbekämpfer Brestrich gut abdecken: "Man kann damit Gebiet für Gebiet abarbeiten, sobald Bürger berichten, dass nachts Ratten aus der Kanalisation kommen."

Beachten müsse man bei der Verteilung der Fallen die Laufwege der Ratten: Diese seien immer in eine gewisse Richtung unterwegs, etwa zu einem Supermarkt in der Nähe oder auch einem Gartenteich. "Denn Ratten trinken kein Wasser aus dem Kanal, sondern nur Frischwasser", wie Brestrich erklärt. Mit dem Wissen, in welche Richtung die Ratten sich bewegen, könne man die Fallen optimal verteilen und Gebiete schädlingsfrei bekommen. "Wir haben auf diese Weise eine gezielte Bekämpfung und keine Rattenbekämpfung auf Verdacht mehr", so Brestrich.

Der Einsatz von Gift, wie er auch in Adelsdorf lange praktiziert wurde, hat seine Tücken: Zum einen sei er sehr zeitintensiv — zwei bis drei Stunden dauere es wegen der nötigen Sicherungsmaßnahmen, einen Köder in einem Gully auszuhängen, wie Kläranlagen-Mitarbeiter Ralf Wegel erklärte. Darüber hinaus müssten die Mitarbeiter regelmäßig zu Schulungen — und, nicht zu vergessen, "sie müssen mit Gift hantieren", so Fischkal, was für sie ebenfalls eine Gefahr darstelle. 

Ganz davon abgesehen sei Gift bei der Rattenbekämpfung auch kein sicheres Mittel: Zu beobachten sei eine gewisse Gewöhnung der Ratten an das Gift und wenn es nass werde, verliere es seine Wirkung. Unklar sei ebenfalls, wie viel Gift mit dem Abwasser in die Kläranlage gespült werde.

"Und wenn vergiftete Ratten halbtot aus dem Kanal kommen, weil sie erblinden und das Licht suchen, können sie von Füchsen und Greifvögeln gefressen werden", sagt Brestrich. Die dann ebenfalls Schaden nehmen. Und auch Hunde oder Katzen könnten mit dem Gift in Kontakt kommen, wie Bürgermeister Fischkal ergänzt.

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