Zu wenig Pfarrer: Dekanat Erlangen wird umgestaltet

3.10.2019, 17:00 Uhr
Zu wenig Pfarrer: Dekanat Erlangen wird umgestaltet

© Torsten Hanspach

Der Erlanger Dekan Josef Dobeneck ist ein Mann der klaren Worte. Selbst vor Kritik an seinem Arbeitgeber, der altehrwürdigen katholischen Kirche, schreckt er nicht zurück: "Wenn es keine neue Zugangsformen gibt, gibt es künftig noch weniger Priester".

Unter einer Öffnung kann sich Dobeneck so einiges vorstellen. Das könnte etwa die Priesterweihe von Frauen sein ebenso wie die Aufhebung des Zölibats. "Wie auch immer das dann aussieht", sagt der Dekan auf Nachfrage, "es muss etwas geschehen, damit die Kirche wieder Personal findet und einstellen kann."

Zu wenig Pfarrer: Dekanat Erlangen wird umgestaltet

© Harald Sippel

Denn mit der Hauptgrund für die am 1. September in Kraft getretene Strukturreform im Erzbistum Bamberg ist die verzweifelte Suche nach Nachwuchspriestern sowie Pastoral- und Gemeindereferentinnen. Aber auch die Zahl an Kirchenaustritten, die unter anderem durch den Missbrauchsskandal und die schleppende Aufklärung durch die Kirchenspitze in den vergangenen Jahren zugenommen hat, die (hohe) Altersstruktur der Priester und auch weniger Aufgaben (weniger Kindstaufen) haben zum Schritt der Bistumsleitung geführt.

Dobenecks Kritik liegt zum Teil auf einer Linie mit Bestrebungen der Deutschen Bischofskonferenz mit ihrem Vorsitzenden Reinhard Kardinal Marx und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Deren Ziel ist ein "synodaler Weg" zu einer Reform, mit vier Kernpunkten: der Umgang der Kirche mit der Macht, die Sexualmoral, der Zölibat und die Position von Frauen in der Kirche. Allerdings wurde Marx vom Vatikan zurückgepfiffen.

Mit der Strukturreform im Erzbistum Bamberg wurden zunächst einmal die Dekanate aufgehoben und kleinere zusammengelegt. Außerdem mussten sich die Pfarreien (die selbstständig bleiben können) unter entsprechenden Zahlenvorgaben zu sogenannten Seelsorgebereichen zusammenschließen.

Das Dekanat Erlangen bleibt als "Großstadtdekanat" erhalten; im Dekanat selbst wurden drei Seelsorgebereiche gebildet (siehe auch Hintergrund). In den Seelsorge-Teams arbeiten dann jeweils Priester, Diakone, Gemeinde- und/oder Pastoralreferenten Hand in Hand zusammen. Für die Erlanger Seelsorge-Teams werden es wohl jeweils drei Pfarrer (inklusive einem Leitenden) und drei Hauptamtliche sein, zuvor war es für denselben Bereich mehr Personal.

Zur Entlastung der Priester sollen daher künftig Verwaltungsleiter in jedem Seelsorgebereich eingesetzt werden. "Dann", sagt Dobeneck, "muss sich der Seelsorger zumindest nicht mehr um die Finanzierung von Kindergärten kümmern." Viel Luft aber wird das dem (wenigen) Personal nicht verschaffen.

Neustrukturierung bis 2022

Wenn Firmen oder auch Organisationen Strukturen verändern und sogenannte Synergieeffekte anstreben, liegt es oft an einem strikten Sparkurs. Bei der katholischen Kirche ist das aber anders — und das ärgert Dobeneck am meisten. "Es fehlt nicht an Geld", sagt er, "die Kirche würde ja einstellen, aber sie findet niemanden". Das sei das "Paradoxe" an der Situation. Um aber endlich wieder mehr Menschen für ein Theologiestudium und das Priesteramt zu begeistern, müsse die Kirche moderner werden.

Noch, sagt Dobeneck, machen sich die Veränderungen im Gemeindealltag nicht groß bemerkbar. Denn erst 2022 wird die Neustrukturierung greifen, bis dahin gilt eine "Übergangslösung".

Dann aber kommt die Neuausrichtung mit voller Wucht. In den Seelsorge-Teams werden dann weniger hauptamtliche Mitarbeiter tätig sein. Die Zahl der Gemeinden bleibt zwar bestehen, doch etliche werden ohne Pfarrer sein. Bei diesem Gedanken wird Dobeneck schon jetzt mulmig.

Zwar braucht man nicht für alle Tätigkeiten einen Pfarrer, räumt er ein. Doch die Seelsorge kommt da sicher zu kurz. "Kirche lebt davon, dass ich als Pfarrer vor Ort bin ", sagt Dobeneck, "wenn das nicht mehr möglich ist und ich mich von der Fläche und der Basis zurückziehe, weiß ich wirklich nicht, wie das funktionieren soll."

Glückwunschbesuche im Altenheim gibt es dann höchstens noch zum runden 90. Geburtstag, bedauert der Theologe. "Solche Sachen sind nicht mehr zu schaffen." Das Menschliche, das Glaube und Religion ausmacht, fällt hinten runter. Schon jetzt sind viele Gemeindemitglieder verunsichert: "Sie haben Angst, weil sie nicht wissen, wie das alles werden soll."

So viele direkte und regelmäßige Kontakte zwischen Basis und Priester wie noch heutzutage wird es dann nicht mehr geben, denn ein Pfarrer muss sich um mehr Gläubige kümmern. Eine Situation, unter der auch die Priester selbst leiden werden. "Die Belastung für den Einzelnen steigt", sagt Dekan Dobeneck, "bei vielen kommt es sicher zum Burn Out."

Dobeneck wird das nicht mehr in offizieller Funktion miterleben. Ende November endet seine Dekanatsperiode und er wird nicht mehr für das Amt kandidieren. Am 31. August 2020 geht er auch als Pfarrer von St. Kunigunde in Uttenreuth in Ruhestand.

Dann ist Josef Dobeneck 70 Jahre alt. "Der Abschied fällt schwer", sagt er schon jetzt, "aber vielleicht ist der Zeitpunkt gar nicht so schlecht; die Entwicklung verheißt nichts Gutes."

Am Freitag, 4. Oktober, findet um 19 Uhr ein Dekanatsgottesdienst in Heilig-Kreuz, Langfeldstraße 36, statt. Der Gottesdienst greift Gedanken aus der Umweltenzyklika "Laudato si" von Papst Franziskus auf. Gleichzeitig werden nach der Strukturreform in der Erzdiözese Bamberg der bisherige Dekanatsrat und die alten Seelsorgebereiche verabschiedet und die neuen begrüßt.

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