Fachkräftemangel: Bahn wirbt rumänische Lokführer an

21.11.2018, 16:24 Uhr
Seit Jahren versucht die Bahn, mit zahllosen Image-Kampagnen mehr Lokführer zu bekommen.

© Michael Matejka Seit Jahren versucht die Bahn, mit zahllosen Image-Kampagnen mehr Lokführer zu bekommen.

Grundsätzlich kann sich Hansrüdiger Fritz natürlich freuen. 124,2 Millionen Fahrgäste stiegen im Jahr 2017 im Freistaat in die roten DB-Züge, dabei ist die S-Bahn in München mit ihren täglich bis zu 800.000 Reisenden noch gar nicht mitgerechnet. Und 2018 werden es wohl wieder "zwei bis drei Prozent" mehr sein, so der Chef der Bahn-Nahverkehrstochter DB Regio Bayern. Und gerade in den Ballungsräumen, in München aber auch in Nürnberg, werden angesichts des Dauerstaus auf den Straßen in den nächsten Jahren noch viel mehr Menschen auf die Bahn setzen, um täglich vom Wohnort zur Arbeit und zurück zu kommen.

An dieser Stelle werden die Verantwortlichen bei der DB allerdings ebenso nachdenklich wie bei der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG), die im Freistaat den Schienen-Nahverkehr ausschreibt, bestellt und finanziert. Denn schon jetzt fehlen in der morgendlichen Hauptverkehrszeit die Reserven. Das betrifft sowohl den Platz auf den Gleisen als auch in den Bahnhöfen. "Es ist jetzt schon schwierig, zusätzliche Slots zu bekommen", so Fritz. Auf Dauer "werden wir nicht drum herumkommen, mehr in die Infrastruktur zu investieren."

Doch bis neue Gleise oder zusätzliche Bahnsteige geplant und gebaut sind, vergehen viele Jahre oder gar Jahrzehnte. Angesichts des dynamischen Wirtschaftswachstums gerade in und um die Landeshauptstadt herum ist das zu langsam. Das Mobilitätsbedürfnis sei da, aber zum Teil gebe die Infrastruktur einfach nicht mehr her, heißt es auch von der BEG. In Eisenbahnknoten fehlten schlicht und einfach Bahnsteige für noch mehr Zugverkehr, auf hochbelasteten Strecken wie zwischen Frankfurt, Würzburg und Nürnberg die Gleise.


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Was für eine halbwegs schnelle Reaktion bleibt, sind die Fahrzeuge. Wurde bisher beim Einkauf neuer Flotten vor allem auf Triebzüge gesetzt, wie sie zum Beispiel im S-Bahn-Netz Nürnberg, im Regionalverkehr Richtung Bamberg und Thüringen, bei der Werdenfelsbahn oder dem Fugger-Express eingesetzt werden, geht der Trend jetzt wieder zum Doppelstockzug. Etwa 500 Millionen Euro werden laut Fritz aktuell und in den nächsten Jahren in neue Fahrzeuge für das bayerische Schienennetz investiert.

So werden auf der Schnellstrecke Nürnberg - Ingolstadt - München im Laufe des Jahres 2019 insgesamt sechs neue Garnituren des Herstellers Skoda in Betrieb genommen. Die jeweils sechs Doppelstock-Wagen hinter der Lok bieten den Reisenden des München-Nürnberg-Express dann 676 Plätze statt der bisher 413 in den alten IC-Zügen. Zwischen Nürnberg, Treuchtlingen, Ingolstadt und Augsburg beziehungsweise München verkehren ebenfalls neue "Twindexx"-Doppelstockzüge des Herstellers Bombardier, die 20 Prozent mehr Sitzplätze als bisher bieten. Das bedeutet aber auch Abstriche beim Komfort für die Reisenden: Mehr Sitze heißt schlicht weniger individuelle Platzfreiheit.

Doch nicht nur mit fehlenden Kapazitäten hat die Bahn zu kämpfen, sondern auch mit Fachkräftemangel. Es fehlt Personal für die Zugbegleitung ebenso wie für den Führerstand. Seit Jahren versucht die DB, mit zahllosen Image-Kampagnen mehr Lokführer zu bekommen. Doch für viele ist die Aussicht auf permanenten Schichtdienst und ein Gehalt, dass in Städten wie München oder auch Nürnberg kaum noch für eine Miete und eine Familie reicht, nicht mehr attraktiv.

So sucht die Bahn inzwischen verstärkt Quereinsteiger und richtet den Blick nun auch auf das europäische Ausland. Laut Fritz war es der Einfall eines aus Rumänien stammenden Mitarbeiters, Lokführer der rumänischen Staatsbahn anzuwerben. Daraus wurde ein Pilotversuch von DB Regio Bayern. Aktuell werden laut Fritz 20 von ihnen für den Einsatz im Freistaat geschult, wozu natürlich auch die nötigen Sprachkenntnisse gehören. Auch für eine Unterkunft hat die DB gesorgt. Die Bahner aus Osteuropa seien in einem extra angemieteten Haus untergebracht. "Und zwar anständig", wie Fritz betont.

Doch das Wohnraum-Problem durch steigende Mieten muss die Bahn im Kampf um Personal insgesamt im Blick behalten. Aktuell wird laut Fritz geprüft, Wohnungen für Mitarbeiter neu zu kaufen beziehungsweise zu bauen. Ältere Bahn-Beschäftigte erinnern sich noch gut daran, dass früher zahlreiche Wohnungen für sie vorgehalten wurden. Doch mit der Privatisierung der Bundesbahn 1994 verschwand diese Tradition. Die Bahn-Wohnungen wurden teuer verkauft, was sich nun zum Teil rächt.


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