"Mast schnellte herunter"

Fahnenmast erschlägt 23-Jährige: Angeklagte Franken legen überraschend Geständnis ab

26.4.2022, 13:01 Uhr
Ulf Kämpfer (SPD), Oberbürgermeister Kiels, sagte in dem Prozess ebenfalls aus. 

© Markus Scholz, dpa Ulf Kämpfer (SPD), Oberbürgermeister Kiels, sagte in dem Prozess ebenfalls aus. 

Im Prozess um den Tod einer Auszubildenden durch einen umgestürzten Fahnenmast haben die beiden Angeklagten aus Franken am Dienstag am Amtsgericht Kiel ein Geständnis abgelegt und ihr Bedauern über das Unglück ausgedrückt. Ihr Lastwagen war beim Rückwärtsfahren gegen den Fahnenmast gefahren. Die Verfahrensbeteiligten hatten sich vor dem Geständnis im Fall des 62 Jahre alten Fahrers auf eine Verständigung geeinigt. Demnach wurde ihm bei einem werthaltigen Geständnis ein Strafrahmen in Höhe von 70 bis 100 Tagessätzen Geldstrafe in Aussicht gestellt.

Angeklagte widerrechtlich auf Platz

Im Fall des 75 Jahre alten Beifahrers kam es zu keiner Verständigung. Durch die Geständnisse der Angeklagten kann der Prozess deutlich verkürzt werden. Voraussichtlich werden bereits am Mittwoch die Plädoyers gehalten und das Urteil verkündet. Die beiden Männer aus der Nähe von Bamberg sind wegen fahrlässiger Tötung angeklagt.

Eine 23 Jahre alte Auszubildende wurde am 3. August 2020 auf dem Rathausplatz von einem 14 Meter hohen Fahnenmast erschlagen. Sie hatte sich am Morgen ihres ersten Ausbildungstages als städtische Angestellte mit 50 weiteren neuen Azubis für ein gemeinsames Foto auf dem Rathausplatz versammelt. Währenddessen war der Lastwagen beim Rückwärtsfahren gegen den Fahnenmast gefahren. Der brach und erschlug die junge Frau. Sie starb noch am Unfallort.

Laut Anklage sollen die beiden Männer im Lastwagen mit widerrechtlichem Befahren des Platzes und dem Zurücksetzen des Lkw mit Kran ohne erforderliche Einweisung das Unglück mitverursacht haben.

Anders als für die Staatsanwaltschaft steht für Richter Sebastian Schwarz in Frage, ob der 75-Jährige den Lkw-Fahrer überhaupt beim Rückwärtsfahren einwies beziehungsweise ob er dabei einen Fehler machte. War dies gar nicht der Fall, könnte der Mann demnach nicht belangt werden.

Oberbürgermeister sagt ebenfalls aus

Zuvor hatte in dem Prozess auch schon Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) ausgesagt. Er sei an dem Tag des tragischen Unglücks aus dem Rathaus gekommen, um an dem gemeinsamen Foto mit den Auszubildenden teilzunehmen, sagte er im Amtsgericht. Dabei sei ihm der Lastwagen aufgefallen, weil dieser da nicht richtig hingehörte und ausgesehen habe, als ob er zurücksetzen wolle, sagte Kämpfer. Der Fahrer habe sich aus dem Fenster gelehnt, vielleicht auch die Tür geöffnet. Genau erinnere er sich nicht.

Beim Rückwärtsfahren habe der Lastwagen keine hohe Geschwindigkeit gehabt, sagte Kämpfer. Es sei aber mehr als ein eher herantastendes Zurücksetzen wie etwa beim Einparken gewesen. Einen Einweiser habe er nicht wahrgenommen. Als der Lastwagen gegen den Fahnenmast stieß, sei dieser hinuntergeschnellt und habe die Frau erschlagen.

Früheren Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge ergaben die Ermittlungen auch einen Materialfehler des Fahnenmasts. Dem Hersteller droht ein Verfahren wegen eines möglichen Mitverschuldens. Die Ermittlungen dazu dauern aber noch an.