"Fahr auf die zu!": 20-Jährige von Golf erfasst - war es Mord?

17.9.2020, 17:38 Uhr

Niclas H. war in jener Nacht mit drei Kumpels unterwegs. Die jungen Männer, alle 19 Jahre alt, alle betrunken, setzten sich in den Golf. Es folgte eine kilometerlange Spritztour, bis es knallte. Gegen 3.40 Uhr wurde Theresa Stahl aus dem Leben gerissen.

Im Oktober 2019 wurde Niclas H. verurteilt und der Richterspruch des Amtsgerichts Würzburg ließ nicht nur Theresas Familie fassungslos zurück. H. hatte 2,89 Promille Alkohol im Blut, er trinkt seit seinem elften Lebensjahr. Ein Gutachter hielt ihn für schuldunfähig und es sah so aus, als käme H. mit 5000 Euro Geldstrafe davon.

Ein mildes Urteil für einen Sturzbesoffenen – und ein verheerendes Signal, wie Theresas Familie erkannte. Mit Hilfe des Rechtsanwalts Philipp Schulz Merkel gingen sie in Berufung. Nun, in zweiter Instanz vor dem Landgericht Würzburg, wollen sie ein Urteil erwirken, "das wir auch verstehen", wie es Ronald Stahl, Theresas Vater formuliert. Und nun erfährt die Familie von einer Aussage, die kaum zu glauben ist: "Hopp, fahr auf die zu!" – mit etwa diesen Worten soll der damalige Beifahrer Niclas H. angestiftet haben, Gas zu geben und mit dem Golf die Fußgängerin am Straßenrand ins Visier zu nehmen.

Wurde Theresa Stahl gezielt überfahren? Steht nun, aus Sicht der Ankläger, plötzlich ein Mordvorwurf im Raum? Auf Nachfrage bestätigt Oberstaatsanwalt Boris Raufeisen, dass das Landgericht gegen einen der angeklagten Mitfahrer einen Haftbefehl erlassen hat. Der Verdacht: Anstiftung zum Mord. Seit dem gestrigen Donnerstag sitzt der Mann in U-Haft. Niclas H. ist indes noch auf freiem Fuß.

Mordanklage könnte folgen

Wie es nun weitergeht? Nächste Woche, so Anwalt Schulz Merkel, sollte der Berufungsprozess – bisher unter der Anklage der fahrlässigen Tötung in einem und der unterlassenen Hilfeleistung in drei Fällen – fortgesetzt werden. Am Landgericht Würzburg will man sich offiziell nicht äußern, doch es ist wahrscheinlich, dass dieses Verfahren sehr rasch beendet wird. In der dann folgenden Neuauflage dürfte die Jugendkammer als Schwurgericht tagen und über eine Mordanklage befinden.

Dazu kommt: Das Berufungsgericht hat ein neues Gutachten in Auftrag gegeben, es ist öffentlich noch nicht bekannt, aber erklärt Niclas H. zum Unfallzeitpunkt – trotz der Alkoholisierung – für schuldfähig. Dies lastet im Fall einer Mordanklage schwer auf ihm.