Warn-Sirenen sind Mangelware

FAQ: Das müssen Sie zu Sirene, Warn-App und Co wissen

18.8.2021, 11:20 Uhr
Moderne Sirenen heulen nicht mehr ohrenbetäubend durch die ganze Gemeinde bzw Stadt sondern beschallen gezielt die Stadt- oder Ortsteile. Deswegen ist es wichtig, den richtigen Standort für eine Sirene zu finden. 

© Klaus-Dieter Schreiter Moderne Sirenen heulen nicht mehr ohrenbetäubend durch die ganze Gemeinde bzw Stadt sondern beschallen gezielt die Stadt- oder Ortsteile. Deswegen ist es wichtig, den richtigen Standort für eine Sirene zu finden. 

Kann jede Sirene die Bevölkerung warnen?

Im Bereich der Sirenen ist zu unterscheiden zwischen solchen, die für die Alarmierung der Feuerwehrkräfte installiert sind, und Sirenen, die auch zur Warnung der Bevölkerung eingesetzt werden können. Moderne Sirenen sind mit einer digitalen Alarmierung, dem sogenannten BOS-Standard, ausgestattet und können beides.

Wann genau wird die Bevölkerung mit Sirene gewarnt?

Die Bevölkerung in Bayern soll künftig besser vor Katastrophen- und Gefahrenlagen gewarnt werden. Das gilt für Hochwasser und Starkregen ebenso wie für Großbrände oder chemische Explosionen. Auch bei Störfällen oder Terroranschlägen kann die Sirene zum Einsatz kommen.

Was ist der Vorteil der Alarmierung mit Sirene?

"Sirenen sind für die Warnung der Bevölkerung ein wichtiger Baustein", sagt der stellvertretende Pressesprecher Johannes Hölzel vom Landratsamt Erlangen-Höchstadt. "Der Heulton soll die Bevölkerung bei schwerwiegenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit veranlassen, ihre Rundfunkgeräte einzuschalten und auf Durchsagen zu achten. Gezielte und umfangreiche Informationen sind über den Rundfunk möglich." Der grundlegende Vorteil von Sirenen und mobilen Sirenenfahrzeugen liegt darin, dass Personen auch nachts gewarnt werden können, wenn beispielsweise das Smartphone ausgeschaltet oder auf lautlos gestellt ist. Ein Sirenenalarm hat auch den Vorteil, dass sich Nachbarn darüber austauschen und sich gegenseitig auf die entsprechende Gefahrensituation hinweisen.

Es gibt sie zwar noch, die guten, alten Sirenen auf den Dächern, aber es sind nur Feuersirenen, keine für den Katastrophenfall oder Zivilschutz geeignete Alarmierungsgeräte.

Es gibt sie zwar noch, die guten, alten Sirenen auf den Dächern, aber es sind nur Feuersirenen, keine für den Katastrophenfall oder Zivilschutz geeignete Alarmierungsgeräte. © Jens Büttner/dpa, NN

Was sind die Nachteile bei der Alarmierung mit Sirene?

Ein wesentlicher Nachteil der Sirene: Diese Art der Warnung ist für Gehörlose keine Hilfe.

Und ein weiterer Nachteil: Nicht jeder kennt die Bedeutung der Sirenentöne. "Die Älteren kennen die Bedeutung der verschiedenen Warnsignale vielleicht noch", sagt Fürths Kreisbrandrat Frank Bauer. "Aber für die meisten Menschen bedeutet das Aufheulen der Sirenen: 'Ah, da kommt die Feuerwehr.' "

Deswegen gibt es seit 2020 einen bundesweiten Warntag, bei dem in ganz Deutschland zur gleichen Zeit die Sirenen heulen, um die Bevölkerung für den Warnton zu sensibilisieren und die verschiedenen Warn-Apps auf den Prüfstand zu stellen. Beim ersten Warntag im September 2020 wurde jedoch offensichtlich, dass das Warnsystem noch erhebliche Lücken bzw Ausfälle aufwies. Der nächste bundesweit einheitliche Probealarm findet am 9. September 2021 statt.

Was bedeutet welcher Heulton?

Welche Sirenensignale bedeuten was? Hier eine Übersicht.

Welche Sirenensignale bedeuten was? Hier eine Übersicht. © Grafik nordbayern.de, NN

Funktioniert eine Sirene auch bei Stromausfall?

Ja. Moderne Sirenen laufen elektronisch und sind mit einem Akku ausgestattet. Sollte das Stromnetz zusammenbrechen, kann die Sirene trotzdem noch ausgelöst werden und alarmiert die Bevölkerung. Allerdings dient die Sirene auch dazu, dass die Betroffenen Radio oder Fernseher anschalten, um sich weiter zu informieren. Wenn jedoch solche elektronischen Geräte wegen Stromausfalls nicht funktionieren, ist dieser Informationskanal abgeschnitten. Im schlimmsten Fall bricht das Handynetz zusammen und Informationen sind auch über ein Smartphone nicht mehr abrufbar. In solch einem Fall müssen die Einsatzkräfte mit mobilen Sirenenanlagen und Lautsprecherdurchsagen weiter informieren. Und das Wichtigste: Die Bevölkerung muss die Warnungen Ernst nehmen und auf die Anweisungen entsprechend reagieren.

Wie kann die Bevölkerung noch gewarnt werden?

Jeder Smartphone-Nutzer kann sich Warnapps wie Katwarn oder Nina auf sein Handy installieren.

Jeder Smartphone-Nutzer kann sich Warnapps wie Katwarn oder Nina auf sein Handy installieren. © Jens Kalaene, dpa

Nahezu jeder hat mittlerweile ein Smartphone. Hierfür gibt es entsprechende Apps wie Katwarn oder Nina. Die Apps haben den Vorteil, dass man damit vor allem die jüngeren Bevölkerungsschichten erreichen kann und auch Gehörlose mittels Vibrationsalarm gewarnt werden können.

"Um einen Großteil der Bevölkerung erreichen zu können, ist aus Sicht der unteren Katastrophenschutzbehörde eine Mischung aus verschiedenen Systemen erstrebenswert", sagt Hölzel. Neben Sirenen zur Warnung der Bevölkerung bzw. mobilen Sirenen seien Smartphone-Apps und Social Media als weitere Kanäle einzubeziehen. "Je mehr Kanäle vorhanden sind, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit die Bevölkerung zu erreichen."

Aktuell wird zudem die bundesweite Einführung von dem sogenannten "Cell-Broadcasting" erarbeitet. Beim Cell-Broadcasting werden nicht einzelne Rufnummern - wie bei der SMS - angeschrieben. Die Warnhinweise gelangen vielmehr auf alle Mobilfunkgeräte, die in einer Funkzelle eingebucht sind. Solange die Warnung aufrechterhalten bleibt, werden auch Geräte erreicht, die sich neu einbuchen. Selbst wenn auf dem Smartphone der Lautlos- oder Ruhe-Modus aktiviert ist, wird bei dem Gerät ein lautes Warnsignal aktiviert - ebenso ein Vibrationsalarm.

Wenn jedoch das Funknetz zusammenbricht - wie bei der Flutkatastrophe im Juli 2021 in Rheinland-Pfalz im Ahrtal - haben die Apps keine Wirkung.

Wann beginnt Bayern mit der Aufrüstung des Sirenenwarnsystems?

Das wird wohl noch einige Zeit dauern. Ende Juli fragte das Innenministerium in allen Kreisverwaltungsbehörden zunächst die Gesamtzahl der bestehenden Sirenen ab. Das Förderprogramm für die bayerische Sirenenaufrüstung wird derzeit noch erarbeitet. Die jeweiligen Landratsämter müssen ihren Bedarf ans Ministerium schicken. Erst dann werden Einzelheiten ausgearbeitet. Wann mit dem Ausbau begonnen wird, konnte das Innenministerium noch nicht benennen.

"Wir unterstützen den weiteren Ausbau nachdrücklich", sagt Jürgen Weiß vom Landesfeuerwehrverband Bayern (LfV). Bereits im Jahr 2016 hätte man sich mit dem Innenministerium darauf geeinigt, dass die rund 11.000 bereits zur Feuerwehralarmierung eingesetzten Sirenen im Rahmen der Umstellung auf die Alarmierung im Digitalfunk entsprechend aufgerüstet würden und der Staat diese fördert, um auch hier schon eine Warnung der Bevölkerung damit zu ermöglichen. "Mit den nun rund 15.000 weiteren geplanten Sirenen sollte dann eine flächendeckend Warnung der Bevölkerung in Bayern ermöglicht werden."

Wo werden die Sirenen errichtet?

"Der Aufbau einer Sirene auf einem Privatgebäude ist nahezu ausgeschlossen", beruhigt Matthias Müllner, Geschäftsführer von Hörmann Warnsysteme mit Sitz im oberbayerischen Kirchseeon. Sirenen werden vor allem auf städtischen oder kommunalen Liegenschaften errichtet. Wichtig sei dann, mithilfe eines Sirenenkatasters festzustellen, wo Beschallungslücken bestehen. Berücksichtigt werden muss dann die Größe des zu beschallenden Gebietes sowie die Ausrichtung und die Höhe, in der die Sirene errichtet wird. Insbesondere in Neubaugebieten in Gemeinden und Städten könnten derzeit nicht alle mit der Sirene erreicht werden. Hier wird der Bedarf in allen Kommunen am größten sein, prognostiziert Müllner.

"Neue Sirenenstandorte müssen gefunden werden und es kann sicherlich den einen oder anderen Bürger geben, der sich von Sirenensignalen gestört fühlt", gibt auch Jürgen Weiß vom LfV zu Bedenken. Die Stadt Nürnberg sei den richtigen Weg gegangen und habe 2019 rund 100 neue elektroakustische Sirenen zur Warnung der Bevölkerung aufgebaut, um eine Warnung der Bevölkerung sicherzustellen.

Wer sorgt bei den bestehenden Sirenen für die Instandhaltung und Wartung?

Die jeweilige Gemeinde oder Kommune ist für die Wartung der Sirenen zuständig.

Welche Apps kann ich installieren?

Katwarn: Katwarn warnt die Nutzer bei Bränden, schweren Unwettern oder unerwarteten Gefahrensituationen. Hier zum Download für Android-Geräte und hier für iOS-Geräte

Nina: Die App des Zivil- und Katastrophenschutzes warnt die Bevölkerung im Falle von Großbränden, Störfällen oder andere Gefahrenlagen. Hier zum Download für Android-Geräte und hier für iOS-Geräte

Meine Pegel: Eine Service-App des Portals www.hochwasserzentralen.de, die deutschlandweit amtliche Wasserstands- und Hochwasserwerte von rund 2500 Pegeln meldet: Hier zum Download für Android-Geräte und hier für iOS-Geräte

Umweltinfo: App des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz. Sie warnt vor Hochwasser, Unwetter, Lawinen oder bei Überschreitung der Ozon-Grenzwerte. Hier zum Download für Android-Geräte und hier für iOS-Geräte.

Die WarnWetter-App des Deutschen Wetterdienstes liefert ebenfalls eine detaillierte Auskunft zur aktuellen Wetterlage und warnt via Push-Nachricht. Die Inhalte beziehungsweise Daten werden vom meteorologischen Dienst des Bundes eingespeist. Hier zum Download für Android-Geräte und hier für iOS-Geräte.

Die Biwapp-App (Bürger Info- und Warn-App) wird von den zuständigen Institutionen, wie Katastrophenschutz oder den Kommunen befüllt. Doch nicht jeder Ort taucht dort auf. Das Landratsamt Erlangen-Höchstadt hat sich beispielsweise für den Dienst entschieden und veröffentlicht darüber Meldungen. Hier zum Download für Android-Geräte und hier für iOS-Geräte.

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