Flächenverbrauch in Bayern: Grüne streben Volksbegehren an

10.11.2018, 05:35 Uhr
Ludwig Hartmann (links), Fraktionsvorsitzender der bayerischen Grünen, kündigte im Kulturbahnhof Ottensoos an, dass seine Partei vor den Kommunalwahlen 2020 ein neues Flächenfraß-Volksbegehren anstrebe, sollte bis dahin nichts Entscheidendes passieren. Neben Hartmann ist Volker Stahlmann vom Kulturbahnhof zu sehen.

© Martin Müller Ludwig Hartmann (links), Fraktionsvorsitzender der bayerischen Grünen, kündigte im Kulturbahnhof Ottensoos an, dass seine Partei vor den Kommunalwahlen 2020 ein neues Flächenfraß-Volksbegehren anstrebe, sollte bis dahin nichts Entscheidendes passieren. Neben Hartmann ist Volker Stahlmann vom Kulturbahnhof zu sehen.

Ludwig Hartmann ist ein Freund von einprägsamen Sprachbildern. "Denken, bevor der Bagger kommt" ist in den vergangenen Monaten zu einem seiner Mantras geworden, das der Grünen-Fraktionsvorsitzende bei mehr als 90 Veranstaltungen zum Thema Flächenverbrauch immer wieder seinen Zuhörern eingetrichtert hat und das er nun auch bei seinem Vortrag im Kulturbahnhof Ottensoos mehrfach wiederholte.

Doch es gibt es auch neuere Mantras. "Bevor Hubert Aiwanger Naturschützer wird, werde ich Schweinezüchter", ist eines von Hartmanns jüngsten. Das drückt unmissverständlich aus: Hartmann traut den Freien Wählern, die sich bislang nicht gerade als Umweltschutzpartei hervorgetan haben, auch in Zukunft nicht besonders viel zu auf diesem Sektor.

"Ich glaube nicht, dass die Freien Wähler es schaffen, sich ein wirklich ökologisches Profil zuzulegen. Sie machen populistisch Politik. Hase und Igel werden aber keine Demo machen, und sie werden auch nicht laut Beifall klatschen, wenn man ihren Lebensraum schützt", betont er.

Josef Göppel glaubt trotzdem, dass die Freien Wähler erkannt haben, welche Chance im Umweltbereich liegt: "Sie glauben, dass sie mit der Landesentwicklung und dem Umweltministerium die wesentliche Gestaltung Bayerns in der Hand haben. Da wollen sie sich nicht blamieren", ist der Ehrenvorsitzende des CSU-Arbeitskreises Umwelt überzeugt.

Göppel hatte in den vergangenen Monaten auf eine Initiative von Horst Seehofer bereits ein Konzept ausgearbeitet, wie das Fünf-Hektar-Ziel konkret umgesetzt werden kann. Er will sich dabei am System des kommunalen Finanzausgleichs orientieren.


Koalition steht: Freie Wähler bekommen drei Ministerien


Um sicherzugehen, dass das Thema Flächenverbrauch möglichst bald angepackt wird, trifft sich Göppel schon kommende Woche mit dem wohl neuen Umweltminister Thorsten Glauber (FW) und will auch Hubert Aiwanger um ein persönliches Gespräch bitten.

Göppel befürchtet, dass das Fünf-Hektar-Ziel nicht wirklich ernst gemeint ist. "Viele in der CSU haben nur Euros in den Augen", glaubt er. Falls nichts Entscheidendes passiere, solle man spätestens vor den Kommunalwahlen 2020 ein neues Flächenfraß-Volksbegehren anstreben.

Ludwig Hartmann kritisiert die schwammige Formulierung im Koalitionsvertrag, wo davon die Rede ist, eine "Richtgröße" von fünf Hektar "anzustreben". "Auf den Autobahnen gilt auch eine Richtgeschwindigkeit von 130", verdeutlicht der Grünen-Politiker.

Dass die CSU das Umweltministerium so einfach hergegeben habe, zeige, wie wenig Stellenwert das Thema in der Partei wirklich habe. Hartmann plädiert dafür, Umwelt- und Landwirtschaftsministerium zusammenzulegen. "Dann kommen die Hauptakteure zusammen, die Fläche beanspruchen, und müssen eine Lösung finden. Ansonsten sagt das eine Ministerium immer das eine und das andere das Gegenteil davon."

Hartmann ist überzeugt, dass es Leitplanken in der Landesplanung braucht, um das Fünf-Hektar-Ziel zu erreichen. Ab einer bestimmten Größe von Parkplätzen bei Discountern oder Unternehmen solle es zum Beispiel verpflichtend werden, ein Parkhaus oder eine Tiefgarage zu bauen. "Wenn ich unter dem Discounter eine Tiefgarage habe und im ersten Stock einen Drogeriemarkt, brauche ich nur ein Drittel der Fläche. Dann kann man auch in Zukunft noch genug bauen in Bayern", verdeutlicht Hartmann.

Tausende Hektar ausgewiesen

Er stört sich daran, dass die Gemeinden noch immer Tausende Hektar Gewerbeflächen auf Vorrat ausweisen. Der Landkreis Ansbach sei dabei mit 1058 Hektar einsamer Spitzenreiter, bayernweit sind es 11.000 Hektar - und das sei nur die "Resterampe", die öffentlich angepriesenen Flächen.

"So kann es nicht weitergehen, das ist ganz klar. Die Fläche ist endlich", meint auch Ottensoos’ Bürgermeister Klaus Falk bei der Veranstaltung im Kulturbahnhof.

Hartmann stören vor allem die vielen Flächen für Logistiker ("die bringen kaum Gewerbesteuer, davon hat eigentlich keine Gemeinde einen Mehrwert") und die Ansiedlung von Handwerksbetrieben an Autobahnkreuzen ("da kommt kein Azubi mehr hin, bald wird dann dort wohl auch Handel möglich, damit die Mitarbeiter sich vor Ort etwas zu essen kaufen können").

Wenn eine Flächenverbrauch-Regelung wie die von Josef Göppel entworfene tatsächlich kommen sollte, ist Hartmann vor allem eines wichtig: "Wer schon viele Gewerbeflächen ausgewiesen hat, sollte in den ersten Jahren ein geringeres Flächenkontingent bekommen. Sonst gibt es in den Jahren vor der Einführung einen totalen Run und Unmengen Gewerbeflächen werden ausgewiesen", befürchtet er.

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