2001: Zabel gewinnt Zielsprint in Forchheim

24.6.2015, 18:17 Uhr
2001: Zabel gewinnt Zielsprint in Forchheim

© NN-Archiv

„Als ein großer Pulk die Gründelbach-Brücke überquerte und dem Ziel zustrebte, kannte die Begeisterung in der Nürnberger Straße keine Grenzen mehr“, hielt ein NN-Reporter an diesem 27. Mai 2001 fest. Nicht nur diese eine Etappe, sondern die gesamte Bayern-Rundfahrt endete an diesem Sonntagnachmittag in der oberfränkischen Königsstadt. Forchheim hatte sich für den Radsport-Zirkus mit samt seinen TV-Übertragungswagen herausgeputzt. Während das zweitägige Rahmenprogramm auf dem Paradeplatz nur mäßigen Anklang bei den Zuschauern fand, säumten pünktlich zum großen Finale Tausende die Strecke.

Von Ansbach machte sich das Feld der Profis auf den Weg, über den Aischgrund erreichte es den Landkreis Forchheim bei Poppendorf. Als Oesdorf und Wimmelbach passiert waren, bogen die Fahrer beim Hausener Kreisverkehr ab und rasten durch Forchheim. Hielt sich auf der Passage durch die Innenstadt noch eine vierköpfige Führungsgruppe vor dem Peloton, konnten auf der ersten von zwei Schleifen über Eggolsheim, Weigelshofen, Drosendorf und den Feuerstein zwei der Ausreißer geschluckt werden. Die Begeisterung für den Radsport, der seit dem Sieg von Jan Ullrich bei der Tour de France 1997 eine Blütezeit in Deutschland erlebte, zeigte sich eindrucksvoll beim schweren Anstieg hinauf zur Burg. Die Namen der Helden waren wie bei den Ankünften im Hochgebirge auf die Straße gemalt. In Abwesenheit der Lichtgestalt Ullrich war Vorjahressieger Jens Voigt vom französischen Team Credit Agricole der gefeierte Star.

Beinahe kollidierten die Radprofis bei der Abfahrt nach Ebermannstadt mit 150 Wallfahrern, die sich auf den Kurs verirrt hatten, aber von der Streckensicherung rechtzeitig noch entdeckt wurden. Das Drehbuch des Rennens war filmreif und erfüllte die Wünsche der fränkischen Fans, die oft die unverwechselbaren magentafarbenen Kappen trugen. Nach dem zweiten Anstieg zum Feuerstein lag der Holländer Geoffrey Demeyere noch alleine an der Spitze, doch in Reuth stellte ihn der Telekom-Express und es kam zum Zielsprint. Mit eineinhalb Radlängen vor seinem Teamkollegen Rolf Aldag war Erik Zabel nach 165 km als Erster im Ziel auf der Nürnberger Straße. Jens Voigt verteidigte die Gesamtwertung vor Aldag.

2001: Zabel gewinnt Zielsprint in Forchheim

© privat

„Es gab damals Rundfahrten in fast jedem Bundesland, jedes Wochenende irgendwo ein Rennen. Der Radsport boomte und bei der Bayern-Rundfahrt war die Créme de la Créme dabei“, erklärt der Wahl-Forchheimer André Korff. Der gebürtige Erfurter war 2001 nur als Besucher vor Ort, weil sein am Saisonende aufgrund des Sponsorenrückzugs aufgelöster Festina-Rennstall nicht an der Rundfahrt teilnahm. „Es wären sicher noch mehr Zuschauer gekommen, aber in vielen Dörfern haben zeitgleich Feuerwehrfeste stattgefunden“, erinnert sich der heute 42-Jährige. Seine ganz besondere Verbindung zu Forchheim rührt aber mehr privater denn beruflicher Natur. Als Amateurfahrer war Korff 1996 mit seiner Berliner Mannschaft in der Stadt, als die Bayern-Rundfahrt schon einmal Station in Forchheim machte. „Hostessen mit Blumensträußen gab es damals nicht. Zur Siegerehrung holten sie jemand aus dem Publikum auf die Bühne. So habe ich meine Frau kennengelernt“, verrät Korff.

2002 heiratete André Korff nicht nur seine Ursula, sondern heuerte auch beim deutschen Team Coast an. Er traf dort bald auf seinen früheren Mannschaftskollegen Alex Zülle und auf einen seit 1997 berühmten Jugendfreund: Jan Ullrich. „Wir kennen uns seit wir acht Jahre alt sind, haben in Rostock, im Leistungsförderzentrum in Berlin und später noch in Hamburg zusammen trainiert. Jan ist dann ab 1992 richtig durchgestartet“, sagt Korff. 2003 wurde aus Coast Team Bianchi, ehe Ullrich seinen Kumpel nach dem erfolgreichen Comeback mit Platz 2 bei der Tour zurück zu T-Mobile nahm. 2007 beendeten beide ihre aktive Laufbahn, stehen aber weiter in Kontakt. Einmal im Jahr treffen sie sich mit alten Weggefährten und ihren Familien.

Heute ist der Radsport nicht mehr das, was er zu Ullrichs und Zabels Glanzzeiten war. „Als Profi hattest du früher um die 85 Renntage im Jahr, jetzt sind es vielleicht noch sieben“, erklärt Korff, der seit 2013 als Bundestrainer der Damen und Juniorinnen arbeitet und immer wieder auf das schlechte Image der Szene angesprochen wird. „Man muss sich nichts vormachen: Es gab immer und in jedem Sport Dopingfälle. Aber gerade in der deutschen Öffentlichkeit wurde speziell bei Radfahrern ein Riesenwirbel gemacht“, findet Korff. Die Sponsoren, die Jahre vorher noch ihren Profit aus dem lukrativen Zirkus schlugen, sind abgesprungen und kehren nur zögerlich zurück. „Dabei ist unter Sportlern wie Zuschauern nach wie vor ein großes Interesse an Veranstaltungen da. Das kann man an der beachtlichen Zahl an Jedermann-Rennen sehen.“ Ein Fieber wie 2001 dürfte sich aber wohl so schnell nicht entfachen lassen.

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