650 Jahre Stadt Gräfenberg: Drei Mühlen prägten über Jahrhunderte das Wirtschaftsleben

18.5.2021, 12:00 Uhr
650 Jahre Stadt Gräfenberg: Drei Mühlen prägten über Jahrhunderte das Wirtschaftsleben

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Die Mühlen waren innerhalb weniger Meter in der Bahnhofsstraße oder besser "im Kessel" zu finden waren. So wurde die Schlucht bezeichnet. "Das war ein idealer Platz für die Mühlen. Über Jahrhunderte hinweg ist ausreichend Wasser im Kesselbach geflossen", weiß Reck.

Doch genauso wie sich die Bezeichnungen der Straßen im Laufe der Jahrhunderte verändert haben, so war es auch mit denen für die Bäche. "Der Kesselbach ist die heutige Kalkach", klärt Reck auf. War die eine Mühle anfangs eine Sägemühle, so wurde auch hier im Laufe der Zeit aufgestockt und die Mühlen zur Mahlmühle erweitert. Die untere und die obere Mühle waren dann Säge- und Mahlmühlen, die mittlere blieb eine reine Mahlmühle.

Anders als in vielen anderen Gegenden, waren alle drei Gräfenberger Mühlen ab 1643 oberschlächtige Mühlen, das heißt, die Mühlräder wurden durch Wasser von oben angetrieben. Damit das funktionierte, wurde das Wasser vom damals noch oberirdisch verlaufenden Bach bei der Brauerei Brehmer ausgeleitet. Der Bachlauf wurde dann in die Guttenburger Straße geführt und von dort über ein Aquädukt in die Bahnhofsstraße geleitet.

"In ausgehöhlten Baumstämmen als Rohre schoss das Wasser über die damalige Nürnberger Landstraße. Das war das Wahrzeichen von Gräfenberg", erzählt Reck. Als Nürnberger Landstraße wurde die Bahnhofstraße damals bezeichnet. Wer nach Gräfenberg wollte, musste über diese Straße nach Gräfenberg fahren. Die B 2 existierte noch längst nicht. Den nach Gräfenberg fahrenden Leuten in ihren Pferdegespannen bot sich mit dem Aquädukt eine imposante Ansicht. Doch auch die Straße war vom Tropfwasser des Aquädukts immer nass. Es war also ein "rechtes Geschlapp", um zu den Mühlen oder in das Stadtinnere zu gelangen, meint Reck.


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Wie die Bezeichnungen Mahl- und Sägemühlen verdeutlichen, wurde Getreide verarbeitet und Holz gesägt. "Holz war begehrt. Es war ein dringend benötigtes Baumaterial", weiß Reck. Nicht nur für die Gräfenberger nach dem großen Stadtbrand selbst. So wurden sowohl aus den umliegenden Wäldern von den Bauern die Baumstämme geholt, als auch das Getreide, das in den Mühlen zu Mehl verarbeitet und säckeweise mit den Kutschwagen wieder zu den Bauern gebracht wurde.

Die Fuhrwerke durch die engen Straßen zu bewegen, dazu brauchte es Geschick. Außerdem war es nicht immer einfach, die langen Holzlatten, die auf den Wagen gestapelt waren, durch das "Badtor", das Stadttor vom kleinen Zollhaus, bis zum Anbau der ehemaligen Drogerie Kopp zu bugsieren.

Es war Handlungsbedarf. "Das vierte Stadttor wurde 1834 abgerissen, weil es ein Verkehrshindernis war", erklärt Reck. Die Mühl-Kutscher, die bis aus den Hochlagen der Fränkischen Schweiz Getreide holten, konnten dadurch leichter rangieren.

650 Jahre Stadt Gräfenberg: Drei Mühlen prägten über Jahrhunderte das Wirtschaftsleben

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Einer dieser Mühlkutscher war Hans-Peter Recks Urgroßvater Georg Lang, der aus Bärnfels stammte und Häfner von Beruf war. "Als er Anfang Dezember 1906 auf dem Rückweg war, den Wagen mit Getreide beladen, kam sein Pferdefuhrwerk zwischen Affalterthal und Hammerbühl bei einem abschüssigen Waldweg ins Rutschen und kippte um", erzählt Reck. Sein Urgroßvater starb unter den schweren Rädern des Fuhrwerks. "Die Pferde liefen alleine zurück zur Mittelmühle und meldeten so das Unglück", sagt Reck. Sein Urgroßvater war gerade Ende 20, Anfang 30 Jahre alt.

Solche Schicksalsschläge gab es immer wieder in den 650 Jahren Gräfenberger Stadtgeschichte. Auch die Mühlen blieben davor nicht bewahrt. Nicht bei der großen Flut an Pfingsten 1778 und nicht im Zweiten Weltkrieg. So traf 1944 eine Fliegerbombe die obere Mühle und setzte sie in Brand.


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Immer wieder wurden die Mühlen um- und aufgerüstet. In den frühen Jahren wurden 28 Mann benötigt, um eine Dampfdreschmaschine in Gang zu bringen. Nun wurden aus den Mühlen elektrische Kunstmühlen. Das heißt, die Mahlwerke wurden durch Metallmahlwerke ersetzt.

Das Wahrzeichen, das Aquädukt, existiert inzwischen längst nicht mehr. "Es wurde im 19. Jahrhundert entfernt", weiß Reck. Ende des 20. Jahrhunderts stellten auch die Mühlen ihren Betrieb ein.

Der Name Müller stammt übrigens von diesem Beruf ab. Nur hieß es damals nicht Müller, sondern Müllner. Heinz Müllner war der erste im Ort, der urkundlich mit dieser Berufsbezeichnung erwähnt wurde. Ihm gehörte die Mittelmühle. Der letzte gelernte Müller ist Georg Krämer. Die Obere Mühle wurde von seinen Vorfahren betrieben.

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