Advent für Kinder in Tüten gepackt: Gräfenberger Kirchengemeinde ist Vorbild

7.12.2020, 10:00 Uhr
Advent für Kinder in Tüten gepackt: Gräfenberger Kirchengemeinde ist Vorbild

© Foto: Petra Malbrich

 Seit einer Woche ist ein Esel unterwegs. Einen Namen hat er nicht und er ist auch sonst nicht besonders zufrieden mit seinem Leben. So zumindest beginnt die Geschichte für Kinder. Diese ist neben vielen anderen Mal-, Rätsel- und Bastelideen Inhalt einer bemalten Papiertüte und kann in den Kirchen in Kirchrüsselbach und Gräfenberg abgeholt werden. "Über 70 Tüten wurden nach dem ersten Adventssonntag abgeholt", freut sich David Vogt, der Gräfenberger Pfarrer.

"Advent in Tüten" heißt die Aktion der evangelischen Kirche in Kirchrüsselbach und Gräfenberg. Dabei ist die Aktion schon jetzt zum Vorbild geworden: Inzwischen bieten neun weitere Kirchengemeinden außerhalb des Dekanats Gräfenberg ebenfalls Adventstütchen für Kinder an.

Hinter der nüchternen Bezeichnung stehen liebevoll gestaltete Aufmerksamkeiten und Bastelarbeiten für Kinder von drei bis neun Jahren – und zwei Botschaften: Weihnachten ist nicht mehr weit und "auch den Kindern gehört die Kirche".

"Die Kirche ist etwas Lebendiges", sagt Pfarrerin Susanne Spinnler aus Kirchrüsselbach. Mehr noch, gerade die Kinder kommen wegen der Päckchen ein weiteres Mal in die Kirche, wenn sie ihre Bastelarbeiten dort an den vorgesehenen Stellen anbringen. So sehen sie nicht nur, wie sich die Kirche immer mehr weihnachtlich schmückt, sondern tragen selbst dazu bei.

Eine Blume dürfen die Kinder bemalen. Die passende Vorlage dafür finden sie in der Tüte. Wenn die Blumen dann farblich leuchten, dürfen sie die noch nackten Barbarazweige in der Kirche damit schmücken.

Liturgie in Geschichte gepackt

Diese stehen in der Nähe der Stationen. Eine für jeden Adventssonntag. An der ersten hängt ein Plüschesel. An der zweiten Station wurde ein Plüschochse unter dem Motto "Hoffnung" befestigt. Darunter ein Satz aus der Liturgie für den zweiten Adventssonntag: "Erhebt eure Häupter". Das passt zum Ochsen Oskar. Er musste immer so schwer arbeiten, dass sein Kopf nur noch nach unten hing und er nur noch die Kraft hatte, nach ein paar Büscheln Gras zu suchen. Bis der Esel kam. Nun hatte Oskar wieder Hoffnung und möchte mit dem Esel das Königskind finden. Die sonntägliche Liturgie bekommen die Kinder durch diese Geschichte in der Adventstüte nebenbei vermittelt.

"Es hat einfach Spaß gemacht und war auch für uns spannend", sagt David Vogt mit einem freudigen Funkeln in den Augen. Die Geschichte haben Susanne Spinnler und er erfunden. Einer der beiden begann mit der Geschichte, der andere setzte sie fort.

Wie lässt man die Handlung für Kinder ansprechend und verständlich und trotzdem das Evangelium vermittelnd weiterentwickeln? Eigentlich sind zwei Ausgangssituationen Hintergrund für diese liebevoll gestaltete Überraschung. Das erste ist der Kinderbibeltag in Gräfenberg, der immer am Buß- und Bettag stattfindet. Normalerweise sind an diesem Tag die Kinder von 8 bis 17 Uhr im Gemeindehaus, um die Geschichten in der Bibel anhand verschiedener Stationen anschaulich vermittelt zu bekommen. Nur heuer war es coronabedingt nicht möglich.

Idee weiter entwickelt

Also packte David Vogt die Stationen in kleine Tüten und brachte die Mal-, Sing- und Bastelfreuden samt Gebeten vor die Haustüre der Kinder, die sich dazu angemeldet hatten. Auf jeden Fall wollte Susanne Spinnler, selbst Mutter von zwei Kindern, solche Tüten für die Adventszeit anbieten und fragte bei einer Pfarrkonferenz an, ob es Kollegen gibt, die das mit aufgreifen möchten. David Vogt war begeistert und so entwarfen sie die Geschichte samt weiteren ansprechenden Ideen für die Tüte.

Während David Vogt in Gräfenberg von vielen Ehrenamtlichen unterstützt wird, fertigt Susanne Spinnler die Tüten alleine an. Die Adventstüten sind nochmals in Altersgruppen unterteilt. Für Drei- bis Fünfjährige und Sechs- bis Neunjährige. Auch das Innenleben der Tüten variiert. Während die Gräfenberger Tüte für den zweiten Advent die großen Blumenköpfe anbieten, findet sich Modelliermasse in den Rüsselbacher Tüten. Diese können die Kinder ausrollen und weihnachtliche Motive ausstechen und an den Weihnachtsbaum auf den Dorfplatz hängen.

"Die Vorweihnachtsfeier fällt aus, und damit die Kinder das damit in Verbindung bringen, können sie ihre Anhänger dort befestigen", erklärt Spinnler. Welche Bastelideen in die Tüte kommt, kann jede Gemeinde selbst entscheiden. "Jede Tüte sieht anders aus", erklärt Vogt. Selbst an Wäscheklammern und an ein Stück Draht zum Befestigen an den Stationen in der Kirche haben die beiden Pfarrer gedacht. Die Vorlagen hat Susanne Spinnler mit dem Gemeindebrief ins Internet gestellt.

Dass inzwischen viele ihre Idee aufgreifen, freut die beiden Geistlichen sehr. Selbst die Ökumene wird mit den Heiligenlegenden in den Tüten gelebt. Jedes Kind kann sich eine Tüte in der Kirche holen und wer das Rätsel lösen kann, hat sogar die Chance, einen Preis zu gewinnen.

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