Als Fremde zum ersten Mal in der Stadt: Eine Hommage an Forchheim

9.8.2020, 07:55 Uhr
Unsere Volontärin wunderte sich über das rege Treiben unter anderem hier in der Apothekengasse. 

Unsere Volontärin wunderte sich über das rege Treiben unter anderem hier in der Apothekengasse. 

Ich bin mir sicher, dass sich diese Stadt gegen mich verschworen hat. Und nein, bevor Sie fragen, ich bin keine glühende Anhängerin von Verschwörungstheorien, aber anders kann ich mir das, was mir widerfahren ist, nicht erklären.

Aber alles von Anfang: Ich bin in den Endzügen meines Volontariates bei den Nürnberger Nachrichten. Für meine letzten Wochen, bevor es in den harten Redakteursalltag geht, wurde ich zu den Kollegen nach Forchheim geschickt, um mir hier die letzten handwerklichen Kniffe mit auf dem Weg geben zu lassen.

Nun bin ich (leider) keine Forchheimerin, um ehrlich zu sein, bin ich nicht mal aus Bayern, sondern ursprünglich aus Baden-Württemberg. Auch Nürnberg, meine aktuelle Wahlheimat, musste ich also erst kennenlernen. Fast zwei Jahre später verstehe ich nicht nur fränkisch, sondern habe auch meine Liebe zu "Drei im Weggla" entdeckt.

In den kommenden zwei Monaten werde ich nun die Kollegen hier in Forchheim unterstützen – und um Stadt und Leute kennenzulernen, solle ich einfach mal durch Forchheim schlendern, hieß es gleich am ersten Tag. Ich selbst dachte mir im Stillen: "Damit hat sich die Redaktion keinen Gefallen getan." Denn man muss wissen: Ich bin ein Großstadtmädchen, obwohl ich eigentlich in einem schwäbischen 800 Seelendorf aufgewachsen bin. Eben das hat mich nachhaltig aber so sehr geprägt, dass ich Orte, unter einer Größe von 100 000 Einwohnern, mit allerlei Vorurteilen betrachte, à la: "Da ist eh nichts los!" Nun, dieses Vorurteil muss ich nun überdenken, aber lest selbst:

Von toter Hose keine Spur

Dieses Kratzen an meinen Vorurteilen fing schon an, als ich nur vor die Tür unserer Redaktion trat. Von leeren Straßen kann man hier in der Innenstadt nämlich keines Falls sprechen. Stattdessen ist an dem Tag fast jeder Sitzplatz in der gegenüberliegenden Kaffeerösterei belegt. Schmausend und schlürfend sitzen Jung und Alt mit Corona-konformem Abstand beieinander. Vielleicht, denke ich, ist das hier "The place to be", wie es die Großstadtkinder zu sagen pflegen, und stelle mich gedanklich schon darauf ein, dass ansonsten natürlich tote Hose sei.

Als nächstes schlage ich den Weg über die Apothekenstraße in Richtung Fußgängerzone ein – und bin wieder verblüfft: Die kleine Gasse ist gefüllt mit Menschen, die über das Kopfsteinpflaster flanieren, in dem kleinen Café sitzend sich unterhielten oder geduldig in der Schlange vor der Eisdiele warten.

Es zieht mich weiter auf die Hauptstraße, wo mir sofort der Geruch von frisch gebratenen Bartwürsten in die Nase stieg. Natürlich kann ich dem nicht widerstehen und werde, just in dem Moment als ich meinen ersten großen Bissen tue, sogleich von einem älteren Mann mit den Worten "Mahlzeit" bedacht. "Hach", denke ich mir. In der Kleinstadt reden die Menschen einfach so miteinander; zumindest ein Vorurteil, das zutrifft. Und ich gehöre offenbar schon zur Gemeinschaft dazu. Irgendwie ein schönes Gefühl.

Zum Nachtisch gibt es ein Eis, denn wenn es Forchheims Innenstadt an einem nicht fehlt, dann sind es wohl Eisdielen. Mit der Waffel samt Himbeereis in der Hand fühlt es sich fast an, als sei man plötzlich in einem kleinen italienischen Örtchen, außer dass in den Restaurants am Straßenrad vermehrt Bier statt Wein und Aperol Spritz getrunken wird. Übrigens auch so eine Eigenart dieses Bundeslandes, an die ich mich aber sehr schnell gewöhnt habe: Bier am Mittag ist hier keine Schmach.

Internationale Küche

Zum italienischen Flair trägt dann auch noch bei, dass genau in diesem Moment ein Mann unter dem Schatten des nächstgelegenen Hauses seine Gitarre auspackt und beginnt "Marina, Marina, Marinaaa . . ." zu trällern. So viel Zufall kann es doch nicht geben. Städte mit Flüssen haben meiner Meinung nach schon von Grund auf einen Flair-Vorteil.

Kommen dann noch Fachwerkhäuser, kleine Gassen und ein paar Brunnen hinzu, hat man als Stadtplaner meines Erachtens alles richtig gemacht. Meine Innenstadtbegehung geht unterdessen weiter Richtung Pfalzmusem, in dessen Innenhof bereits die Leinwand für das Sommerkino aufgebaut ist. Am Amtsgericht vorbei, laufe ich schließlich nach unten in den Stadtgraben bis zum angrenzenden Park, in dem man wirklich wunderbar seine Mittagspause vertrödeln kann.

Apropos Mittagspause: Wie kann eine Stadt von dieser Größe eigentlich so eine internationale Küche haben? Da denkt man, in einem oberfränkischen Städtchen gibt es nichts außer fränkische Hausmannskost. Doch im Umkreis von weniger als 300 Metern kann man hier Sushi essen gehen, es gibt Griechisch, Vietnamesisch, Italienisch und sogar ein Fischrestaurant, dazu – ganz neu wie ich hörte – eine Stadtstrandbar.

Was soll ich also noch sagen? Ich revidiere dann wohl meine Vorurteile, genieße in den nächsten zwei Monaten die ganze Palette an unterschiedlichen Küchen und Eisdielen hier, während ich darüber sinniere, ob Ihr euch alle verschworen habt, um meine verschrobenen Vorurteile zu widerlegen. Wenn ja: Glückwunsch, Ihr habt es geschafft.

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