Äpfelbach: Eine gefährliche Einmündung

18.6.2020, 17:19 Uhr
Äpfelbach: Eine gefährliche Einmündung

© Foto: Maria Däumler

Nicole Schoeller steht am Rand der Staatsstraße bei Äpfelbach. Nach links in Richtung Mostviel verhindert eine Kurve die Sicht auf die Fahrbahn: "Hören Sie, jetzt kommt ein schwerer Lastwagen." Mangels Sicht auf die Straße müsse man sich auf sein Gehör verlassen, sagt sie. Ein leises Brummen liegt in der Luft, plötzlich taucht ein riesiger Kipplaster auf und donnert vorbei, der scharfe Luftzug lässt einen zurückweichen.

Die 44-Jährige wohnt mit Mann und zwei kleinen Töchtern (fünf und sechs Jahre alt) in dem alten Haus an der Staatsstraße, Schwiegermutter Inge Schoeller lebt bereits seit 1980 hier – an dieser "gefährlichen Ecke". "Seit 40 Jahren kämpfe ich für ein Tempolimit", sagt die 77-Jährige. In dieser Zeit seien genau an dieser Stelle schon mindestens vier schwere Unfälle passiert, erinnert sie sich.

"Wie aus dem Nichts"

Letzten Freitag nun wollte Schwiegertochter Nicole Schoeller – wie so oft – mit ihrem VW-Bus nach links Richtung Egloffstein fahren. "Ich stand, hab’ mehrfach rechts und links geguckt, die Straße war frei. Ich fahre raus – und wie aus dem Nichts war da plötzlich der Motorradfahrer", erzählt sie. "Ich sah nur noch Rauchwolken und dann hat’s einen Schlag getan."

Der Motorradfahrer war gegen das Heck ihres Busses geprallt. Der 37-jährige Mann, der erste Kradfahrer einer fünfköpfigen Motorrad-Gruppe aus dem Raum Ravensburg, wird später mit mittelschweren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. Beide Fahrzeuge sind demoliert und nicht mehr fahrbereit.

Nicole Schoeller blieb unverletzt, doch der Schock sitzt immer noch tief. "Zum Glück ist dem Mann nicht mehr passiert", sagt sie. Und zum Glück sei sie allein – ohne ihre Kinder – im Auto gewesen. Nach dem Unfall wurden zwei Schilder mit dem Hinweis "Vorsicht Ölspur" an der Straße aufgestellt – "und plötzlich fuhren die Autos und Motorräder viel langsamer", erzählen die beiden Frauen. Und genau das wollen sie schon seit langer Zeit erreichen: "Ein Tempolimit und am besten noch ein Überholverbot würden die Situation hier bei uns enorm entspannen."

Zwei-, dreihundert Meter weiter in Richtung Mostviel ist auf der Staatsstraße – wegen Straßenschäden – das Tempo auf 50 km/h beschränkt, in Richtung Äpfelbach ist die Geschwindigkeit auf 70 reduziert. "Nur direkt vor unserem Haus an dieser gefährlichen Einmündung darf mit Tempo 100 gefahren werden", klagen die beiden Anwohnerinnen. Viele Auto- und Motorradfahrer würden aber deutlich schneller durchs idyllische Trubachtal rasen, vor allem seit die Staatsstraße verbreitert worden ist.

"Am Wochenende kommen wir fast gar nicht aus unserem Grundstück heraus, da ist die Hölle los", erzählen die Frauen. Seit es die Lkw-Maut gibt, habe der Lkw-Verkehr enorm zugenommen, weil die Lastwagen die Strecke als Ausweichroute in Richtung Pegnitz nutzen. Nur während der Corona-Hochphase habe der Verkehr deutlich nachgelassen, "da konnten wir mal durchatmen".

Inge und Nicole Schoeller können jede Menge gefährlicher Situationen, die sich an der Zufahrt zu ihrem Grundstück zugetragen haben, aufzählen. "Überqueren Sie hier mal mit zwei kleinen Kindern die Straße, um zum gegenüberliegenden Fahrradweg zu kommen", sagt die 44-Jährige. Da könne man nur hoffen, dass keines stolpert und hinfällt. Außerdem müssen ihr Mann und auch der benachbarte Kirschenanbauer oft mit dem Traktor plus Anhänger auf die Straße einbiegen. Das sei jedesmal ein Wagnis, ein Blindflug wegen mangelnder Sicht. "Es grenzt an ein Wunder, dass noch nicht mehr passiert ist", finden die zwei Frauen.

 

Mehrfach bei den Behörden

 

Schon mehrfach hätten sie versucht, bei der zuständigen Behörde am Landratsamt Forchheim ein Tempolimit zu erwirken, seien jedoch immer abgeblockt worden. Auch die Verkehrspolizei kenne die schwierige Lage, könne aber offenkundig auch nichts machen.

Kathrin Schürr von der Pressestelle des Landratsamtes bestätigt auf Nachfrage der Nordbayerischen Nachrichten, dass die Unfallkommission bereits mehrmals vor Ort gewesen sei. Vertreter des Landratsamtes, des Tiefbauamtes, der Polizei und des Staatlichen Bauamtes, zuständig für die Staatsstraße, hätten sich die Situation vor dem Anwesen der Schoellers angeschaut. Die Fachleute seien zum Ergebnis gekommen, dass eine Tempobeschränkung auf 70 km/h dort nicht nötig sei. Man habe aber ein Gefahrenzeichen "Achtung Ausfahrt" aufgestellt. Nach dem jüngsten Unfall aber werde die Kommission die Situation nochmal neu bewerten, versichert die Pressesprecherin.

"Dieses Schild "Achtung Ausfahrt" wird von fast allen Auto- und Motorradfahrern einfach ignoriert", ist die leidvolle Erfahrung der Schoellers. Außerdem: "Meine Enkel sind, als sie Führerschein gemacht haben, oft mit ihren Fahrlehrern hier bei uns vorbeigefahren. Kein einziger hat sie auf dieses Gefahrenzeichen hingewiesen oder hat gesagt, dass man hier langsamer fahren sollte", weiß Inge Schoeller.

Die beiden Frauen fühlen sich mit der schwierigen Verkehrssituation allein gelassen. "Wir können uns doch nicht in Luft auflösen, wir müssen doch aus unserem Grundstück herausfahren." Sie fragen sich nun: "Muss noch mehr passieren, damit der Verkehr auf diesem Straßenstück endlich abgebremst wird?"

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