Ära Schelsky geht in die Nachspielzeit

24.9.2008, 00:00 Uhr
Ära Schelsky geht in die Nachspielzeit

© Huber

Unter den 37 geladenen Zeugen, die im Prozess um Wilhelm Schelsky aussagen sollen, sind auch Personen, die bei den VfB-Handballern Jahre lang etwas zu sagen hatten. Ex-Abteilungsleiter Andreas Michallek zum Beispiel und Ex-Spieler und -Trainer Gunther Wagner. Michallek war auch Geschäftsführer der Sportmarketinggesellschaft, über die Schelsky seine Zuwendungen an die Spieler und die Abteilung gezahlt haben soll.

Ein Aspekt im Prozess wird in Forchheim besonders aufmerksam beobachtet werden: Waren die Spieler über diese Sportmarketinggesellschaft bei Schelsky angestellt und hat er sie für ihre Handballtätigkeiten bezahlt? Oberbürgermeister Franz Stumpf und Stadtrat Heinz Endres könnten von der Antwort auf diese Frage direkt betroffen sein. Gegen beide läuft wegen der Schelsky-Affäre ein eigenes Verfahren. Der OB als Erster Vorsitzender des VfB und Endres als langjähriger Abteilungsleiter sollen von dem problematischen Sponsoringkonstrukt gewusst haben. Beihilfe zu Steuerhinterziehung lautet der Vorwurf der Staatsanwaltschaft.

Mit 3000 Mark im Jahr hat alles angefangen, erinnert sich Endres. 1996 kam Schelsky über einen Handballspieler zum VfB. «Das war eine tolle Sache.» Damals habe der Hausener zwar schon regelmäßig die Spiele der Herren angeguckt, sich aber noch nicht in die personellen Angelegenheiten eingemischt. Das änderte sich nach einigen Jahren. Der Handballfan Schelsky hatte Höheres vor mit dem VfB.

Von der Landesliga ging es in die Bayernliga, schließlich 2003/04 zum ersten Mal in die Regionalliga Süd. Die zweite Bundesliga, ließ Schelsky in persönlichen Gesprächen mit VfBlern durchklingen, hatte es ihm angetan.

Dafür wurde 2004/05 personell kräftig aufgerüstet. Aus der österreichischen 1. Liga wurde beispielsweise der ungarische Nationalspieler und Torwart Imre Szabo geholt. Auch sein ungarischer Kollege, Rückraumspieler György Szabo, kam aus der 1. Liga in Ungarn zum VfB. Die Forchheimer waren im Begriff, eine Profimannschaft aufzubauen.

Und die kostete erheblich mehr Geld als die ursprünglich 3000 Mark im Jahr. 2004 soll Schelsky 424 000 Euro über die Sportmarketinggesellschaft an Spieler und Abteilung gezahlt haben. «Zu diesem Zeitpunkt bin ich nur noch vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Wenn die Spieler etwas wollten, sind sie gleich zu Herrn Schelsky gegangen», so Endres, der 2004 schließlich nach 20 Jahren von seinem Posten als Abteilungsleiter zurücktrat.

Erlaubte es die Zeit, feuerte Wilhelm Schelsky den VfB persönlich an, saß mit in der Realschulhalle. Sein Sohn und die Schwiegertochter sind noch heute im Verein engagiert. Mit Kritik an Schelskys Person halten sich die VfBler vielleicht auch deswegen zurück. «Er hat den Verein im ganzen süddeutschen Raum bekannt gemacht», sagt beispielsweise Heinz Endres. Nun müsse man auch mit den negativen Schlagzeilen leben. Die Mitgliederzahlen blieben auch nach der Affäre konstant.

Einen herben Rückschlag musste dagegen die 1. Herrenmannschaft hinnehmen. Als Wilhelm Schelsky 2007 wegen der Millionen, mit denen Siemens die Arbeitnehmerorganisation AUB finanziert hat, inhaftiert wurde, und die Zahlungen ausblieben, suchten viele Hochkaräter das Weite. Der VfB zog die 1. Herrenmannschaft aus der Regionalliga zurück. Vergangene Saison folgte der Abstieg aus der Bayernliga. Nun spielen die VfBler in der Landesliga, wie einst in der Vor-Schelsky-Ära.

Gezahlt wird nur noch Kilometergeld, sagt Stefan Schick, seit einem Vierteljahr Abteilungsleiter. Die Spieler müssten wie jedes andere Mitglied auch, ihren Jahresbeitrag an den Verein entrichten. Statt des einen großen Sponsors unterstützen nun 38 Firmen die Abteilung. Die finanziellen Verhältnisse seien soweit geordnet. Wegen der Verfahren gegen Stumpf und Endres könnten aber noch Steuernachzahlungen auf den Verein zukommen.