Portrait: "Klimawende nicht gegen die Menschen"

Auf Kanzlerkurs? Andreas Schwarz und seine SPD

26.8.2021, 05:05 Uhr
Andreas Schwarz aus Strullendorf repräsentiert den Wahlkreis Bamberg-Forchheim in Berlin für die SPD seit 2013.

© Athina Tsimplostefanaki, NN Andreas Schwarz aus Strullendorf repräsentiert den Wahlkreis Bamberg-Forchheim in Berlin für die SPD seit 2013.

Bei den beiden vorhergehenden Bundestagswahlen ist Schwarz jeweils über die Liste in den Bundestag eingezogen. "Das schaut heuer auch ganz gut aus", glaubt er, der auf Platz elf der SPD-Liste steht. Nach 2017, wo die SPD in Bayern 18,1 Prozent der Wählerstimmen holte, sieht er seine Partei wieder in diesem Bereich, und für sich persönlich vielleicht sogar ein bisschen mehr. Die SPD hier profitiere gerade vom bundesweiten Trend, der den SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz gute Chancen einräumt. Auch die Mitglieder im Unterbezirk seien hochmotiviert, erzählt Schwarz, "weil sie merken: Da geht was." Und bei den Infoständen habe die SPD enorm viel positiven Zuspruch, "das habe ich bisher so noch nicht erlebt".

Mit diesem Rückenwind sieht Schwarz zuversichtlich der Wahl entgegen. Als stellvertretender haushaltspolitischer Sprecher seiner Fraktion im Bundestag und als Mitglied im Haushaltsausschuss sitzt er seit Jahren an einer wichtigen Schaltstelle. Hier sei er zuständig für den Verteidigungsetat, und er entscheidet mit, wie das Geld für den Klimafonds und den Mobilitätswandel ausgegeben wird.

"Ich bin kein Freund von Verboten"

Der Erhalt der Arbeitsplätze im Wahlkreis Bamberg-Forchheim ist dem Sozialdemokraten ein wichtiges Anliegen. Natürlich stelle sich die Frage, wie Politik Mobilität in Zukunft klimafreundlicher gestalten kann. Gerade die Region, in der mit die größten Automobilzulieferer in Europa sitzen, sei stark betroffen von Wandel auf dem Sektor. "Doch wie kommt es bei den 7000 Beschäftigten bei Bosch in Bamberg an, wenn man sagt, ab 2030 werden keine Zündkerzen mehr gebaut", stellt er in den Raum. Hier müsse die Politik Alternativen bieten.

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz: Ist er auf dem Weg nach oben? 

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz: Ist er auf dem Weg nach oben?  © Dirk Sattler via www.imago-images.de, imago images/Dirk Sattler

"Ich bin kein Freund von Verboten", sagt er. "Man kann die Klimawende nicht gegen die Menschen organisieren." Vielmehr müsse Politik Anreize schaffen und die Richtung vorgeben. Er nennt ein Beispiel: "Im Klimafonds sind zurzeit 25 Milliarden Euro." Damit könne man in Batterietechnik, in die Entwicklung der Brennstoffzelle und in den Umbau von Fahrzeugflotten bei Speditionen und bei Kommunen investieren. Deutschland müsse hier eine Vorreiterrolle übernehmen. "Wir müssen der Welt zeigen, wie es geht." Nur dann werden die anderen Länder auf der Welt mitmachen. "Ich bin sicher, dass wir das schaffen", zeigt er sich optimistisch.

Es gebe so viele hervorragende Tüftler und mittelständische Unternehmen mit tollen Ideen, die man mehr fördern und besser hören müsste, findet Schwarz. Und überhaupt: "Es gibt zu wenig pragmatische Lösungen und viel zu viel Bürokratie", sagt er und erhebt dabei fast die Stimme.

Arbeitsplätze in der Region erhalten

Wie kann der Bundespolitiker die Region konkret unterstützen? "Wir müssen die Arbeitsplätze in der Region halten und den Klimawandel mit dem Thema Arbeit verbinden. Es muss in Bildung und in Digitalisierung investiert werden." Dann kritisiert Schwarz: "Der Bund gibt oft viel Geld. Zum Beispiel Digitalisierung: Hier hat der Bund 6,5 Milliarden Euro für Schulen zur Verfügung gestellt. Aber die Gelder wurden nur zu einem Bruchteil abgerufen. Die Umsetzung vor Ort klappt oft nicht", regt er sich auf. In den Bundesländern laufe vieles zu langsam, viel zu bürokratisch. "Das muss jetzt schneller gehen." Und er nennt noch ein Beispiel: "Es kann nicht sein, dass die Genehmigung von einem Windrad sechs Jahre dauert. Die Zeit haben wir einfach nicht mehr."

Er gibt sich bodenständig durch und durch.

Er gibt sich bodenständig durch und durch. © Athina Tsimplostefanaki, NN

Außerdem müsse man schauen, wie es im Landkreis mit der Gastronomie und dem Tourismus weitergeht. Für die finanzielle Unterstützung von Brauereien habe er sich eingesetzt, sagt er. "Das war schon ein Act, aber wir haben es hingekriegt."

Das sagt Andreas Schwarz mit Stolz in der Stimme

Andreas Schwarz ist schon mit 18 Jahren in die SPD eingetreten. Er studierte Betriebswirtschaft, hatte später einen Versand für Holzspielwaren und war schließlich von 1996 bis 2013 Bürgermeister in seiner Heimatgemeinde Strullendorf. Die kommunalen Finanzen hat er daher schon immer im Blick gehabt. Daher versucht er auch für seinen Wahlkreis immer wieder Fördergelder locker zu machen. So hat er in jüngster Zeit zum Beispiel acht Millionen Euro für die Sanierung des Forchheimer Rathauses oder 2,4 Millionen Euro für den Bau des Sportgeländes in Eggolsheim generiert. "Dank meinem guten Netzwerk gelingt es mir schon mal einen Extra Schluck aus der Pulle zu bekommen." Da funktioniere viel über persönliche Beziehungen, lässt er durchblicken. Insgesamt seien so in den letzten vier Jahren rund 140 Millionen Euro an Zuschüssen des Bundes in die Region geflossen, sagt er mit leichtem Stolz in der Stimme.

"Wer in Bayern bei der SPD ist, muss optimistisch sein", sagt er.

"Wer in Bayern bei der SPD ist, muss optimistisch sein", sagt er. © Athina Tsimplostefanaki, NN

Um zu hören, was die Basis, die Menschen vor Ort so umtreibt, geht Andreas Schwarz auch direkt zu den Bürgern. "Ich bring Kaffee und Kuchen oder Bratwürste zum Grillen mit", berichtet er von einer aktuellen Aktion. Dann unterhält er sich - mal mit drei Leuten und "neulich waren sogar 25 bei so einem Treffen". Außerdem geht der Politiker, der geschieden ist und allein lebt, regelmäßig einkaufen - und zwar gern, gesteht er. Am liebsten mit seiner achtjährigen Tochter, die ihn auch immer wieder in Berlin besucht und dort schon allen SPD-Ministern die Hand geschüttelt hat - sogar dem "Mann mit dem Geld", wie sie Olaf Scholz, als sie ihn mal im Fernsehen gesehen hat, beschrieben hat. Berührungsängste kennt sie genauso wenig wie ihr Vater.



Das unpolitische Gespräch mit Andreas Schwarz:

Der Sommer ist schon auf Abschiedstour, der Wahlkampf nimmt gerade an Fahrt auf. Draußen ist es an diesem Tag kalt, grau und regnerisch. Doch Andreas Schwarz stört das nicht. Bei einer Tasse Kaffee nimmt er sich Zeit, um – jenseits der Bundespolitik – auch über ganz persönliche Vorlieben zu sprechen.

Herr Schwarz, gibt es auch die stillen Momente, wo Sie einfach mal abschalten und sich einen Film reinziehen?
Das passiert schon auch, meistens Sonntagabend, da nutz’ ich den Fernseher aber eher zum Einschlafen (lacht). Filme schau ich eher selten, wenn dann bin ich mehr der Schnulzentyp. ,Harry und Sally‘ gefällt mir und alle Filme mit Robert de Niro find’ ich spannend.

Und wie steht es mit Musik?
Von Klassik bis Rock und Pop hör’ ich alles, das kommt auf die Stimmungslage an. Ich mag da eigentlich alles, was schön ist.

Wenn Sie sich ein Lieblingsessen wünschen dürften, was wäre das?
Das ist ganz klar: Am allerliebsten habe ich Krautrouladen mit Kartoffeln. Die hat meine Oma einfach perfekt gemacht. Sie kam aus Schlesien, da gab’s immer diese dicken Saucen. Aber das Essen werde ich leider nie mehr bekommen, weil sie schon gestorben ist. Seit Corona habe ich jetzt selbst mit dem Kochen angefangen – mit meiner Tochter. Fleischküchla mit Blumenkohlgemüse und Kartoffeln krieg ich inzwischen ganz gut hin. Insgesamt bin ich aber nicht so der Feinschmecker. Mit einem Göttinger-Brot machen Sie mir mehr Freude als mit Lachsschnittchen.

Haben Sie Hobbys?
Gutes Essen geht immer, Lesen, aber keine Romane, eher Biografien oder Abhandlungen über Wirtschaftspolitik, und Reisen, aber nicht nach Fernost, sondern eher hier in Bayern, da gibt es so schöne Flecken. Oder mal in den Norden ans Meer. Und wenn ich mal wieder mehr Zeit habe, will ich Trompete weiterlernen. Das hab’ ich als Bürgermeister in Strullendorf mit einer zweiten Schulklasse begonnen und hat mir viel Spaß gemacht. Das war richtig putzig.

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