Nach Jahrhunderthochwasser

Ausgeliefert aber gelassen: Hallerndorfs Bürgermeister zieht Hochwasserbilanz

12.7.2021, 15:34 Uhr
Am Tag nach der Flut geht es ans Aufräumen im Hallerndorfer Ortsteil Haid. 

© Athina Tsimplostefanaki, NN Am Tag nach der Flut geht es ans Aufräumen im Hallerndorfer Ortsteil Haid. 

Ausgeliefert. Dieses Wort fasst die Gefühle der Hallerndorfer vom Wochenende zusammen. Von oben ist zwar nicht viel Regen gekommen, aber trotzdem hat eine Flutwelle die Ortsteile der Gemeinde heimgesucht. "Es war das Höchste, was wir bisher hatten", sagt Bürgermeister Gerhard Bauer über den Hauptort Hallerndorf im Gespräch mit der Redaktion am Montagmittag . "Es müsste ein, zwei Zentimeter höher gewesen sein als das Jahrhunderthochwasser 2013."

Es ist Samstagvormittag: Hallerndorf kann nichts anderes tun, als bangend auf die steigenden Pegel der Aisch in Mittelfranken zu blicken. Dort schüttet es aus Eimern. In Hallerndorf selbst bleibt es vergleichsweise ruhig. Doch trotzdem sind die Einsatzkräfte in Alarmbereitschaft. Mit ihnen ist Gerhard Bauer zu dieser Zeit ständig in Kontakt. Die Flutwelle bahnt sich ihren Weg. Hallerndorf mit seinen Ortsteilen liegt auf ihrer Strecke. "Dass das Wasser in dem Ausmaß und der Geschwindigkeit kommt, war uns nicht bekannt und schwer abzuschätzen", sagt Bauer rückblickend.

"Das hat es bisher nicht gegeben"

Die Feuerwehr informiert die Bevölkerung. Die hatte sich größtenteils schon auf die Welle vorbereitet. Sandsäcke werden von Ehrenamtlichen befüllt. "Die Maschinerie ist perfekt gelaufen", lobt Bauer die Vorsicht und den Einsatz der Blaulichtfamilie. "Wir waren deshalb relativ gut vorbereitet." Die Gemeinden in Mittelfranken trifft es schwer. "In Höchstadt kam es zu Überschwemmungen, die es bisher nicht gegeben hat", erzählt Bauer.

Ab 14 Uhr dann Vollalarm. Der Pegel steigt immer weiter. Auch mit dem Stromversorger und dem Wasserwerk hält Bauer an diesem Tag eine Standleitung aufrecht. Es gilt, die Grundversorgung der Bürgerinnen und Bürger auch im Hochwasserfall zu gewährleisten. Der Bürgermeister verschafft sich mit Einsatzleitung und Katastrophenschutz ein Bild von der Lage, tourt durch die Orte seiner Gemeinde. "Es war turbulent."

Die Hallerndorfer rücken zusammen

Die Hallerndorfer rücken in diesen Stunden noch enger zusammen. Über alle Generationen. Kinder, die mit dem Fahrrad in den vom Hochwasser bedrohten Gebieten vorbeifahren, fragen nach, ob sie helfen können. Keller werden ausgeräumt, um Hab und Gut zu schützen. "Es war schön zu sehen, dass die Leute zusammengeholfen haben", zieht Bauer Bilanz.

Wer in der Nähe der Aisch wohnt, kennt die Gefahren des sonst ruhigen und idyllischen Flusses und weiß, auf welche Handgriffe es im Ernstfall ankommt. "Die meisten waren vorbereitet und gefasst", sagt der Bürgermeister. Grundwasser drückt es den Fluss-Anrainern in die Keller ihrer Wohnungen und Häuser. "Die Ortsfeuerwehren waren die ganze Nacht über im Einsatz. Wo es gezwickt hat, waren sie vor Ort und haben ihr Bestes gegeben."

Die Nacht zu Sonntag ist keine ruhige

Dann die ersten Zeichen der Entspannung: "Als wir gesehen haben, dass die Spitze gebrochen war, das Wasser wieder einen Zentimeter gesunken ist, atmeten wir wieder durch", schildert Gerhard Bauer das Hin und Her der Gefühle am Hochwassertag. "Wir wussten, dass es wieder in die richtige Richtung geht." Die Nacht zu Sonntag ist trotzdem keine ruhige.

Sonntagfrüh: Bürgermeister Gerhard Bauer dreht wieder seine Runde. Erleichterung macht sich breit. Die Flutwelle ist durchgezogen. "Die Lage war deutlich entspannter, die Leute haben vorgesorgt und waren sehr gefasst."

Eine Schadenbilanz kann Bauer aber noch nicht ziehen. Zuerst müssen die Keller wieder trocken sein. Auch die Gemeinde beklagt Schäden. Wege sind unterspült worden. "Wir sind gerade dabei, den Bestand der Schäden aufzunehmen und sie abzuarbeiten." Der Straßenabschnitt zwischen Willersdorf und Haid ist voraussichtlich erst wieder ab Dienstag befahrbar.

Hat die Flutmulde vor Schlimmerem bewahrt?

Auch wenn ein Jahrhunderthochwasser innerhalb eines Jahrzehnts erneut zugeschlagen hat, ist es dieses Mal anders ausgegangen. "Nicht alle Abschnitte waren gleich stark betroffen", sagt Bürgermeister Bauer. Dass das so ist, könnte an den Hochwasserschutzmaßnahmen der vergangenen Jahre liegen, vermutet er. "Es ist eine Flutmulde hergestellt worden, in der sich das Wasser ausbreiten kann, womit Hochwasserspitzen abgefangen werden können."

Den Blick richtet Bauer auch an diesen Tagen ganz genau auf den Wetterbericht. Regen ist vorhergesagt, die Böden sind feucht, können neues Wasser nur schwer aufnehmen. "Hoffen wir, dass es möglichst glimpflich für uns ausgeht." Denn Bauer weiß: "Wir sind dem Wetter ausgeliefert."

Selbst wenn es in Hallerndorf nur tröpfelt, kann das keine Entwarnung sein. Das hat sich am Wochenende gezeigt. "Die Welle ist schließlich nicht durch den Regen in Hallerndorf entstanden. Die Welle ist durch Mittelfranken zu uns durchmarschiert."

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