In Gößweinstein und Pinzberg

Balthasar Neumann-Musiktage machen Lust auf die Fortsetzung im Jahr 2022

18.10.2021, 17:32 Uhr
In Pinzberg ist erstaunlich viel Platz auf der Orgelempore für Benjamin Sebald und Florian Zeh mit Trompete und Flügelhorn, sowie für Christoph Günther an den Pauken.

© Foto: Udo Güldner In Pinzberg ist erstaunlich viel Platz auf der Orgelempore für Benjamin Sebald und Florian Zeh mit Trompete und Flügelhorn, sowie für Christoph Günther an den Pauken.

Es ist ein jugendlicher Geniestreich. Was der erst 16-jährige Felix Mendelssohn-Bartholdy da zu Papier gebracht hat. Ein Oktett, das die Geigen, Bratschen und Celli durch die wilde Walpurgisnacht sausen lässt. „Man fühlt sich so nahe der Geisterwelt, so leicht in die Lüfte gehoben, ja man möchte selbst einen Besenstil zur Hand nehmen, der luftigen Schar besser zu folgen“, schrieb der Komponist später.

Die Dresdener Streichersolisten haben am Freitagabend zwar keinen fliegenden Besen zur Hand, wohl aber andere Zauberkästen aus Holz. Sie erzeugen magische Momente. Ähnlich ergeht es Markus Kaufmann am Flügel. Seine himmlischen Heerscharen sind nicht ein ganzes Orchester, sondern eine kleine kammermusikalische Besetzung. Mit dem Blick auf den barocken Hochaltar lässt sie ihn und seine Klänge in Edvard Griegs Klavierkonzert durch das Gotteshaus schweben. Und dann sind da noch Tobias Bäz am Cello und Uta Kremtz mit ihrer Klarinette. Sie beten ohne Worte, nur mit ihren Fingern und ihrem Atem. Max Bruchs wehmütig-verletzliches „Kol Nidrei“ (Alle Gelübde) und Sergej Prokofjews emotional ausufernde Ouvertüre nach hebräischen Themen machen es möglich.

Zum Auftakt der Balthasar Neumann-Musiktage hat es das Ensemble „Bavarian Brass“ in eine kleine Kirche verschlagen. In Pinzberg ist erstaunlich viel Platz auf der Orgelempore für Benjamin Sebald und Florian Zeh mit Trompete und Flügelhorn, sowie für Christoph Günther an den Pauken. Gemeinsam mit dem Organisten Georg Schäffner lassen sie die Klage einer christlichen Jungfrau erklingen, die den Muslimen in die Hände gefallen ist.

Georg Friedrich Händels Arie aus der Oper Rinaldo ist nicht der einzige barocke „Hit“ des Donnerstagabends. Eine Bach-Kantate, eine Mouret-Suite und ein Rathgeber-Concerto eröffnen den Musikern alle Möglichkeiten, strahlende, prächtige, festliche Klänge zu spielen. Es bleibt aber auch Raum für Zartes, Nachdenkliches, Betörendes.

Nach zwei Stunden, in denen Johann Sebastian Bachs Messe in h-Moll mitten ins Herz getroffen hat, ist die Stille nach dem letzten Ton ohrenbetäubend. Es dauert, bis sich das Publikum in der ausverkauften Basilika gefangen hat. So intensiv waren das Spiel des Ensembles La Banda, so präzise der Gesang der Schola Bamberg, so ergreifend die Einzelstimmen in ihren Arien. Der frühere Dom-Kapellmeister Werner Pees aus Bamberg dirigiert den Höhepunkt des viertägigen Musikfestivals.

Zum ersten Mal fand ein Konzert der Reihe in der Pinzberger St. Nikolaus-Kirche statt. 

Zum ersten Mal fand ein Konzert der Reihe in der Pinzberger St. Nikolaus-Kirche statt.  © Udo Güldner, NN

Anna-Lena Elbert und Claudia Reinhard (Sopran), David Erler (männlicher Alt), Benjamin Glaubitz (Tenor) und Sebastian Myrus (Bass) und der Chor wechseln einander ab und ergänzen sich. Wie großartig die Interpretation gelungen ist, zeigt eine Stelle aus dem Nicänischen Glaubensbekenntnis. Beim „Cruzifixus“ sind die Töne so kurz, hart und scharf voneinander abgegrenzt, dass man die Hammerschläge zu hören glaubt, mit denen Jesus ans Kreuz geschlagen worden sein soll.

Als es mit dem Heiland zu Ende geht, haucht der Chor sein Leben aus. Dann aber erfasst alle Stimmen eine ungeheure Freude ob der Auferstehung, dass alleine dieser musikalische Ausbruch Tote hätte erwecken können. Dass einen in dem herbstlich kühlen Gotteshaus gefröstelt haben muss, das bemerkt der Zuhörer erst am Ende. Die Messe aller Messen lässt eben niemanden kalt.

Beinahe wäre Michael Haydns „Missa Brevis“ nicht nur kurz, sondern komplett ausgefallen. Nur weil Franziska Bauer aus Bamberg gleichsam in letzter Minute eingesprungen ist, kann der Festgottesdienst am Sonntag wirklich festlich werden. Immerhin sind es so viele Besucher, dass mittels Lautsprechern auch der Platz vor der Basilika und die benachbarte Klosterkirche beschallt werden muss.

Dort kann man dann die Sopranistin, die Altistin Julia Bogner aus Schammelsdorf, den Tenor Reinhard Stang aus Eggolsheim und den Bass Thomas Höhn aus Forchheim hören, wie sie mit Georg Schäffner an der Orgel das Kyrie, das Gloria, das Sanctus und das Benedictus auf die Gläubigen herabschweben lassen. Solcher Art beglückt darf man sich auf die nächsten Balthasar Neumann-Musiktage im Herbst 2022 freuen.

Der Erfinder der Musikreihe Anton „Toni“ Eckert hat die Konzerte zum letzten Mal organisiert. Neue Geschäftsführerin des Kuratoriums für Kunst und Kultur im Forchheimer Land ist nach drei aufregenden Jahrzehnten nun Marion Rossa-Schuster. Sie kündigte die Fortsetzung der Konzertreihe an.

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