Betzensteinerin schafft Kletterroute mit Level 9a

16.9.2019, 06:00 Uhr
Betzensteinerin schafft Kletterroute mit Level 9a

© Ralf Münch

„Anfang Juli bin ich die Tour Server the Wicked Hand am hängenden Stein in Velden geklettert“, sagt die Sportlerin. Sie ist damit die erste Frau in Franken und Deutschland überhaupt, die das geschafft hat. Denn eines muss man wissen: Gerade hier in Franken, das weltweit als Kletterparadies zählt, stehen oder hängen nicht nur deutsche Frauen oder Männer an den zigtausenden Felsen, sondern die Leute kommen aus der ganzen Welt. Australien, Japan, Frankreich, den Vereinigten Staaten und so weiter. Keine Frau hat das bisher geschafft.

Hanke erzählt, dass sie noch nie wirklich ruhig sitzen bleiben konnte: „Ich glaube, ich war kein einfaches Kind. Ich musste immer eine Beschäftigung haben oder beschäftigt werden. Selbst meinen Eltern, die ebenfalls sehr sportlich sind, wurde mein Bewegungsdrang manchmal zu viel.“ Ihre Eltern meinten, sie überschlage sich damit. Sie habe auch viel Karate gemacht und sei sehr viel geschwommen und gelaufen. „Ich musste einfach abends wie tot ins Bett fallen.“

Bereits mit 13 Jahren hatte sie Wakeboard als Leistungssport betrieben. In Schwandorf war das. Wakeboard ist ein Brett, ähnlich wie ein Snowboard, das man sich mit einer Bindung an die Füße schnallt. Allerdings gleitet man nicht auf Schnee, sondern über das Wasser, während man an einer langen Leine an einem Boot hängt und dieses über das Wasser brettert.

Dann passierte es, dass sie sich dabei ihre Schulter kompliziert brach. „Ich hatte mir dann überlegt, wie ich mich nach der Operation wieder körperlich aufbauen kann. Um die Ecke hatte dann eine Kletterhalle aufgemacht. Das hab ich dann ausprobiert und es hat so viel Spaß gemacht, dass ich dann an diesem Sport hängen geblieben bin.“

In der Nationalmannschaft

Bereits im Alter von 16 kletterte sie bei der deutschen Nationalmannschaft mit, war viel im Ausland unterwegs. Noch bis vor zwei Jahren machte sie das. „Das war eine extreme Zeitinvestition“, sagt sie und fügt hinzu, dass sie sich durchaus vorstellen kann, in zwei, drei Jahren wieder mitzumachen. Diese Zeit fehlt ihr allerdings momentan. Denn im krassen Gegensatz zu ihrem Bewegungsdrang studiert sie in Bayreuth BWL, sie will in der Zukunft als Steuerberaterin arbeiten.

Ein Stuhl vor dem Bürotisch versus einer Felswand: „Doch, das passt schon zusammen. Es ist zwar ein Gegensatz, aber genau das ist gut.“ Sie beschreibt den Sport an der Felswand als etwas, wo sie komplett frei sein könne. Dass dabei nur der Moment existieren würde. Dass das ein Ausgleich, ein Ruhepol sei. Zwar keine Entspannung, aber etwas unglaublich Befreiendes. Dass man sich in diesem Moment selbst vergessen würde. Dass man immer vor neuen Herausforderungen stehen würde, die gemeistert werden müssten.

Es sei ein Drang, vor einer Felswand zu stehen und unbedingt hoch zu wollen. Und, was eben das Scheitern betrifft: „Klettern besteht aus 95 Prozent Scheitern und aus fünf Prozent des anschließenden Erfolgs. Und wenn man es dann schließlich schafft, die Route bezwungen hat, oben am Felsen ist, dann sind diese fünf Prozent nach dem Erfolg unglaublich.“ Und genau der Job am Schreibtisch sei dann doch etwas, das einen Ausgleich schaffe.

Hanke hat irgendwie Glück. Denn für ihre Obsession braucht es auch einen Partner, der das auch alles mitmacht. Jemanden, der das auch alles akzeptieren kann. In ihrem Mann Christoph hat sie diesen Menschen gefunden. Er arbeitet bei der Bundeswehr. Und er ist Spitzensportler bei der Nationalmannschaft. In welchem Bereich? Im Klettern. Man braucht die beiden gar nicht zu fragen, ob sie ihre Freizeit zusammen verbringen. Sie tun das. Eben an der Felswand. Besser hätte das gar nicht klappen können. Wobei diese Partnerschaft gar nicht von ungefähr kommt. Hanke grinst: „Naja. Wir haben uns beim Klettern im Jugendkader kennengelernt. Das war vor neun Jahren. Das hat perfekt gepasst.“

Die Sportlerin hat mit ihrem Mann in der Scheune ihres Hauses eine Kletterwand aufgebaut. Dort trainieren die beiden, wenn es im Freien nicht klappt und wenn man am Abend einfach so etwas wie Entspannung braucht. Ein Sofa mit Füße hochlegen und einen Fernseher brauchen die beiden nicht.

Mit den Fingern hängengeblieben

Wobei für Hanke momentan Pause ist, was das Klettern betrifft. „Ich hab mir vor vier Wochen in der Nähe von Bamberg meinen linken Mittelfinger gebrochen“, sagt sie. Auch hier muss man sich keine großen Gedanken machen wie und wo das passiert ist. Natürlich beim Klettern. Da hing sie mit ihren Fingern am „Roten Stein“. Sie blieb mit dem Finger in einem Loch hängen, und als sie ihn nachziehen wollte, machte es knack. Hanke: „Das wird noch mindestens zwei Wochen dauern, bis ich wieder klettern kann. Aber in der Zwischenzeit mache ich viel Krafttraining, Turnübungen oder mit der anderen Hand Halteübungen. Mir fehlt das schon.“

Gibt es noch Herausforderungen bei den Felsenwänden? Eine, die sie unbedingt schaffen will? „Ich habe unglaublichen Respekt vor Action Directe.“ Das ist ein Felsen im Krottenseer Forst. Und gehört mit seinem Schwierigkeitsgrad zu den weltweit schwersten zu bezwingenden Felswänden. Bevor sie sich daran mache, müsse sie aber noch einige 9a-Wände klettern. „Wenn ich das gemacht habe, schau ich mir den an. Aber das Ding zu machen, wäre schon genial.“

Verwandte Themen


Keine Kommentare