Bio-Bestattung made in Schlammersdorf

1.11.2015, 06:00 Uhr
Bio-Bestattung made in Schlammersdorf

© Foto: Roland Huber

„Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren, die wir hinterlassen, wenn wir weggehen.“ Der Spruch, der oft auf Trauerkarten, in Traueranzeigen und bei Beerdigungen Trost spenden will, lässt auch Thomas Backof nicht mehr los. Auch am Friedhof hinterlasse der Mensch schließlich seine Spuren, sei es in der Gestaltung des Grabes, des Grabsteins oder auch bei der Auswahl des Sargs, erzählt der 42-Jährige. Immer mehr Menschen, die bereits im Leben viel Wert auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz legen, wollen auch bei ihrer Beerdigung an den Erhalt der Natur denken. Viele Menschen machen sich zu Lebzeiten Gedanken, wie und wo sie bestattet werden wollen, so Backof, für den eine Erdbestattung die „natürlichste ökologischste Bestattungsform ist“.

Eine klare Linie

Ökologisch sinnvoll ist der Sarg, für den Backof nun vor kurzem mit dem dritten Preis geehrt wurde. Der Korpus hat eine klare Linie, ist aus Fichtenholz „aber auch Buche wäre vorstellbar“, das Geflecht an den Seiten und das große Kreuz auf dem Sargdeckel ist aus schwarz gefärbter Weide.

Die Griffe des Sargs sind aus Papierschnur. Während in allen „handelsüblichen“ Särgen unzählige Metallschrauben stecken, die Griffe an den Seiten und auch die Verzierungen aus Metall sind, kommt Backofs Sarg ohne jegliche Schrauben aus, lediglich 20 Klammern sind darin verbaut. Ansonsten befindet sich keinerlei Metall in dem prämierten Erdmöbel, das somit ein reines Naturprodukt ist.

Einem reinen Weidensarg, dem widerspreche das deutsche Bestattungsrecht, so Backof. Das schreibt nämlich ganz genau vor, dass ausschließlich massive Holzsärge in der Erde bestattet werden dürfen. Deshalb ist das „Innenleben“ des Sargs auch komplett aus Holz. Das Weidengeflecht an den Außenseiten sitzt quasi als Deko obenauf. Gearbeitet wird ausschließlich mit lösungsmittelfreiem Holzleim und Holzdübeln. Nach etwa einem Jahrzehnt, so schätzt Backof, schließe sich der Kreis: Dann werde die Natur wieder alles zurücknehmen. Der Holzsarg habe sich dann aufgelöst, die Weide sei verrottet.

Bis aus Backofs Idee, einen Öko-Sarg zu bauen, ein konkretes Projekt wurde, war es ein langer Weg: Zunächst experimentierte der Korbmachermeister mit einfachen Holzgriffen, die mit Schnüren aus eng gerolltem Papier am Sarg befestigt werden sollten. Dann baute Backof den Prototyp, der nun prämiert wurde. Was so ein Öko-Sarg denn koste? „Im oberen Preissegment“ liege der Sarg, so der Korbmachermeister, schließlich sei ja alles Hand gemacht.

Billig-Konkurrenz

Doch reich mit seinem Handwerk werden, nein, da mache er sich schon lange keine Illusionen mehr: Ein Knochenjob sei das Korbflechten, erzählt er, die Billig-Konkurrenz aus dem Ausland sei immens, ein handgeflochtener Einkaufskorb passe halt nicht mehr ins Handy- und Laptop-Zeitalter. „Mit der Landlust-Idylle, in der lächelnde Korbflechter unter blühenden Apfelbäumen“ sitzen, habe sein Job so rein gar nichts zu tun.

Seit 1612 flicht die Familie Backof bereits Körbe. „Trailsdorf, Altendorf und Schlammersdorf waren früher Flechter-Hochburgen“, erzählt er mit einem Blick in die Nachbarschaft. Heute gibt es in Bayern noch rund 15 Flechtbetriebe, Tendenz sinkend.

Einige Umwege nahm Backof, bis er sich letztendlich für die Fortsetzung der Familientradition entschied: Nach der Korbfachschule in Lichtenfels, dem Gesellen und anschließendem Meister, setzte er noch den Betriebswirt des Handwerks obendrauf. Während einer Umschulung als IT-ler habe er dann gemerkt, dass das Korbflechten doch sein Ding ist. Backof ist Obermeister der Landesinnung des Flechthandwerks in Bayern und auch Vorstandsmitglied der Bundesinnung.

Ein Korb für Hollywood

Nicht reich werden möchte Backof, sondern nur von seinem Handwerk leben. Dafür hat er sich breit aufgestellt: An Bord des Kreuzfahrtschiffes Aida sind Backof-Werke, er fertigt Ballonkörbe für Heißluftballone und arbeitet als Zulieferer im Ladenausbau „Von Norwegen über Italien bis in den Iran“ sind seine Körbe zu finden, erzählt er stolz. Maximal vier Leute, der Vater mitgezählt, sind in der Werkstatt beschäftigt. Sie haben auch mit angepackt, als es darum ging, zweieinhalb Körbe für die Hollywoodproduktion „In 80 Tagen um die Welt“ zu fertigen. Einen für die Aufnahme, einen zum Zerstören und einen halben um besser filmen zu können.

Den prämierten Sarg hat übrigens Thomas Backofs Vater, der Seniorchef, schon für sich reserviert. So habe er noch über den Tod hinaus Verbindung zu dem Handwerk, das seine Familie seit vielen Generationen ernähre. Denn schließlich, so Backof, erzähle der Sarg ja auch immer ein wenig die Geschichte eines Menschen.

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