Corona: Kaufen die Nürnberger alles leer?

18.3.2020, 16:50 Uhr
Corona: Kaufen die Nürnberger alles leer?

© Petra Malbrich

Auch eine Kundin beobachtete am Wochenende Familien, die volle Einkaufswagen und Lebensmittel in Tüten in den Kofferraum von Autos mit Kennzeichen der Großstadt brachten. Werden nun dort die Hamsterkäufe fortgeführt? "Das kann man nicht pauschalieren. Ich habe auch ein Erlanger Kennzeichen, wohne aber hier in Gräfenberg", meinte ein anderer Kunde. Die Autokennzeichen müssen bei Umzug nicht mehr geändert werden und viele Berufstätige fahren Firmenwagen.

Dass mehr Leute als sonst in der Corona-Krise mehr einkaufen als üblich, ist seit gut zwei Wochen Tagesgeschäft. "Wir haben ein erhöhtes Aufkommen, aber gefühlsmäßig sind es die Kunden, die immer da sind", sagt Dominic Mayer, der Inhaber des Rewe Marktes in Gräfenberg. Die Kunden, die früher seltener da waren, kommen aus Igensdorf. "Dort wird der Netto-Markt bald umgebaut und es gibt nicht mehr viel zu kaufen", sagt Mayer und fasst die Aussagen der Kunden zusammen, die deshalb zu seinem Supermarkt fahren.

Lieferengpässe hat er nicht. "Wir werden von Rewe konstant gut beliefert", sagt Mayer. Das Klopapier sei jedoch das prädestinierte Beispiel für ein leeres Regal. "Da ist es tatsächlich so, dass die Palette, die wir in der früh aufstellen, am Abend leer ist", sagt Mayer. Warum gerade Toilettenpapier, kann er auch nicht beantworten. Aber: "Es ist nicht so, dass es nichts mehr zu essen gibt", betont Mayer. Joghurt, Milch und die anderen Frischprodukte wurden erst nachbestellt und sind alle im Kühlregal einsortiert.

"Die Ware ist da"

Ähnlich verhält es sich in den Louzil Edeka Märkten in Igensdorf und Eckental. "Es ist wie in allen Läden. Die Ware ist da, aber die Märkte können nicht so schnell beliefert werden", sagt Wolfgang Louzil, der Inhaber der Edeka-Märkte in Igensdorf, Eckental und anderen Edeka-Märkten. Er hat deshalb eine Spedition beauftragt, die beim Beliefern hilft.

So wird der Igensdorfer Markt im normalen Turnus am Dienstag beliefert, der Eckentaler Markt bekäme aber erst am heutigen Donnerstag reguläre Lieferung. Damit das schneller geht, springt die Spedition ein, holt die Ware bei Edeka und lieferte bereits am gestrigen Mittwoch den Eckentaler Markt. Auch Wolfgang Louzil hat zwar nicht die Nummernschilder am Parkplatz angeschaut, sieht aber nicht vermehrt Käufer aus der Stadt im Markt. "Sicher fahren die Leute in den nächsten Markt, wenn sie hier etwas nicht bekommen", so Louzil.

Der große Kaufandrang hatte sich normalisiert, als vor zwei Wochen in den Medien von den Hamsterkäufen berichtet wurde und für Normalität geworben wurde. Auch die Lebensmittelzeitung berichtet, dass die Logistik derzeit auf Hochtouren läuft. "Wir befinden uns gerade im Weihnachtsmodus", erklärt Louzil. Das bringt die Mitarbeiter ans Limit. "Man kann den Mitarbeitern nicht genug danken", betont Louzil. Abgesehen davon, dass die Mitarbeiter rund um die Uhr der Gefahr durch das Coronavirus ausgesetzt sind und viele Mitarbeiter, die Kinder haben, zu Hause bleiben müssen, bekommen die Mitarbeiter im Markt durchaus auch das Unverständnis der Kunden zu spüren. So beschwerten sich Kunden, dass der Markt nicht bis 22 Uhr geöffnet hat und auch sonntags die Türen nicht öffnen wird. Diese verlängerte Öffnungszeiten sind ab sofort in Bayern möglich. Die Kunden möchten einkaufen, wenn keine Menschenmassen im Supermarkt sind.

Hilferufe in Supermärkten

Bei den bisherigen Öffnungszeiten lässt es auch der Rewe Markt in Gräfenberg. "Wir müssen unsere Mitarbeiter auch schützen", sagt Dominic Mayer. "Von 6 bis 20 Uhr einkaufen zu können, sollte reichen." Auch die Edeka Gruppe versteht nicht, warum die Öffnungszeiten verlängert werden sollten. "Wir haben die Läden 78 Stunden in der Woche offen", sagt Louzil. Noch längere Öffnungszeiten können und wollen die beiden Supermärkte den Mitarbeiter in dieser ohnehin schwierigen Zeit nicht zumuten.

Um die Mitarbeiter gesundheitlich zu schützen, hat Mayer in seinem Markt Schilder aufgestellt, mit der Bitte um Kartenzahlung. An den Geldmünzen hängen eben doch die meisten Viren und Bakterien. Die Deutsche Bundesbank hingegen geht nicht davon aus, dass sich über Geldscheine oder Münzen das Coronavirus übertragen lässt.

Auch eine Möglichkeit zur Desinfektion steht an der Kasse bereit und die Kunden können jederzeit zum Händewaschen raus. Plexiglasscheiben an der Kasse würden das Virus nicht verhindern, sodass an die Kunden appelliert wird, die Nies-Ettikette einzuhalten oder am besten zu Hause zu bleiben, sollte sich jemand krank fühlen. Denn auch die Mitarbeiter wollen nicht krank werden.

Aufgrund der Mehrbelastung und der Ausfälle der Mitarbeiter sucht die Edeka in Igensdorf und Eckental dringend Aushilfen, um beispielsweise die Waren in die Regale zu schlichten. Die Krisenzeit hat auch ein Gutes: Der Hilferuf blieb nicht ungehört. "Die Hilfsbereitschaft ist sehr groß. Eine Lehrerin hat ihre Hilfe angeboten, aber auch ein Fußballverein oder die Feuerwehr. Hilfsangebote kommen von allen Seiten", freut sich Wolfgang Louzil.

Für ältere oder kranke Menschen, die in der Nähe des Igensdorfer Nettomarktes leben, wird das Einkaufen schwierig. Das Landratsamt ist diesbezüglich wenig vernetzt und wüsste überhaupt nicht, wo ein Markt gerade schließt oder umgebaut wird. Aber: "Man sieht derzeit überall Aufrufe und Angebote von Nachbarschaftshilfen", sagt Pressesprecher Holger Strehl am Landratsamt, der solche Hilfsangebote auf Facebook bereits gesehen hat. Möglicherweise bilden sich solche Nachbarschaftshilfen auch hier. Denn eins ist fast sicher: Das Virus wird uns noch länger begleiten.