Corona narrt die Narren im Landkreis Forchheim

2.9.2020, 16:00 Uhr
Corona narrt die Narren im Landkreis Forchheim

© Foto: Alexander Hitschfel

Es ist eine Situation, die ganz viel Konjunktiv birgt, mit viel "hätte, würde, könnte". Deswegen möchte Bernd Uttenreuther, Präsident der Närrischen Siedler Lichteneiche aus Forchheim auch die finale Entscheidung in puncto Fasching noch hinauszögern. "Momentan", sagt er, "planen wir eine ganz normale Saison in abgespeckter Form". Denn, so Uttenreuther: "Ich bin lieber vorbereitet und sag dann ab", als wenn eventuell alles hopplahopp gehen müsse. Dabei muss jeder Faschingsverein seine Entscheidung auch selbst tragen: "Der Verband legt das in die Hände der Vereine", sagt Uttenreuther. "Wir bekommen keinen Fahrplan an die Hand."

Neben Corona stehen die Närrischen Siedler vor einer zweiten Herausforderung: Ihnen fehlt die Örtlichkeit. Denn mit der Schließung des maroden Kolpinghauses brauchen die Jecken aus der Lichteneiche eine neue Veranstaltungsstätte. Die Eggerbachhalle in Eggolsheim sei eine mögliche Alternative, so Uttenreuther, "wenn es von den Räumlichkeiten und von der Umsetzung der Hygienemaßnahmen klappt".

Wird gar nichts stattfinden?

Das Aus des Faschings wäre auch ein finanzieller Verlust: Rund 5000 bis 6000 Euro Gewinn, ist sich Uttenreuther sicher, "gingen uns dann durch die Lappen". Deswegen werde momentan auch die Frage: "Bestellen wir neue Faschingsorden oder nicht?" hintan gestellt. Rund 130 Aktive sind bei den Närrischen Siedlern von der Garde über die Büttenredner, Elferrat und Trainer aktiv ins Faschingstreiben involviert.

Anfang November will man eine Entscheidung treffen, denn schließlich ist am 11.11. die traditionelle Schlüsselübergabe, die sich Uttenreuther "in kleinem Rahmen" vorstellen könnte. "Es wäre schon schade, wenn gar nichts stattfindet", sagt er.

`"Normalerweise", erzählt Elke Mölkner, Präsidentin der Allamoschee Effeltrich, "startet unsere Gardeabteilung Ende März mit dem Training". Doch dann kam Corona und das Training konnte erst im Juni wieder aufgenommen werden. Mit entsprechendem Hygieneplan, der "wöchentlich angepasst" wurde, werde in der Halle trainiert, die Fenster sind auf Durchzug.

Training im Freien funktioniert nicht

Das Training mit all der Akrobatik und Sprüngen im Freien abzuhalten, etwa auf einem Sportplatz, funktioniert für die Gardetänzerinnen allerdings nicht: "Wir brauchen dazu einen glatten Boden", sagt Mölkner.

Auch Mölkner hofft auf den Faktor Zeit, der den Närrischen in die Karten spielt, die Prunksitzung ist eigentlich für Januar terminiert, im Februar findet der Kinderfasching statt und das Männerballett-Turnier, das seit vielen Jahren Kultstatus hat.

Rund 550 Besucher füllen normalerweise pro Veranstaltung die Halle, rechnet Mölkner vor, hinzu komme das Service-Personal, die Musiker und die Akteure auf der Bühne. Die Hallen sind reserviert. Doch Corona mache eine langfristige Planung schwierig bis unmöglich. "Bis November haben wir unsere Entscheidung vertagt", sagt sie. Ob dann vielleicht eine kleine Veranstaltung stattfinde, ein "Best-of-Programm" oder ein Faschingsball, "das müssen wir sehen. Wir wissen ja auch nicht, ob die Besucher überhaupt kommen wollen".

Keine neuen Kostüme

Dass neben all der ausgelassenen Fröhlichkeit auch der Blick aufs Monetäre gehöre, macht Mölkner klar: "Ich bin nicht nur für die Unterhaltung verantwortlich, sondern auch für die Wirtschaftlichkeit." Will heißen: Der Fasching muss sich auch rechnen. Bereits Anfang des Jahres hatte man sich entschieden, nicht in eine neue Ausstattung für die Garde zu investieren. Ein neues Kostüm kostet pro Gardemädchen rund 500 Euro, bei 20 Gardemädchen also 10.000 Euro. Natürlich sei es "richtig schade", könne der Fasching heuer nicht stattfinden, "aber die Gesundheit für unsere Aktiven und für die Besucher geht eindeutig vor", macht Mölkner klar. Doch blickt man Effeltrich bereits auf die Faschingssaison 2021/2022: Dann feiert der Verein sein närrisches, 44-jähriges Jubiläum: "Darauf können wir uns schon jetzt konzentrieren."

Corona narrt die Narren im Landkreis Forchheim

© Foto: Stefan Braun

Auch Thomas Weiß blickt sorgenvoll auf dieses Faschingsjahr. Weiß ist als Präsident und Vereinsvorsitzender quasi der Mann der ersten Stunde der "Heiligen Stadtschnecken". Seit dem Jahr 2009 gibt es den Verein in Heiligenstadt, "unsere Jugendarbeit brummt", sagt er. An ein normales Trainingsjahr der Tanzsportabteilung ist heuer jedoch nicht zu denken – und doch macht die Corona-Not auch erfinderisch: So verschickt etwa die Trainerin den kleinen Tänzerinnen der "Schnirkelschnecken" Videos nach Hause um daheim das Tanzen und die richtigen Schritte zu üben.

Die Fünf- und Siebenjährigen nehmen es mit Begeisterung an und schicken ihre Videos wieder an die Trainerin zurück. Insgesamt, erzählt Weiß, zählt die Tanzsportabteilung in fünf Gruppen 76 Aktive vom Kindergarten- bis zum Erwachsenenalter samt Trainern.

Ehrenrunde für Markgrafenpaar

Ein Faschings-Aus würde auch für die Stadtschnecken einen finanziellen Verlust bedeuten: "Wir müssen ja auch das Drumherum finanzieren", sagt Weiß. Auch die Stadtschnecken haben deswegen in diesem Jahr den Auftrag an die Näherei für eine neue Kollektion aus Kostümen, Hüten und Röcken für die Tänzerinnen zurückgestellt.

"Unser großes Glück ist, dass wir beim Sportverein kostenlos trainieren dürfen", sagt Weiß. Das Faschingsprinzenpaar, das in Heiligenstadt "Markgrafenpaar" heißt, werde wohl in dieser Saison noch eine "Ehrenrunde" drehen. "Philipp Weiß der Erste vom roten Dorn und Annika Stengel die Erste vom Mühlengrund", sagt Weiß, "dürfen zwei Jahre machen und werden wohl noch bleiben".

Und dann steht auch noch die große Faschingseröffnung am 11.11. an, die in Heiligenstadt traditionell als Open-Air-Veranstaltung stattfindet. Normalerweise kommen dazu auch die Guggen-Musiker aus dem Nürnberger Land dazu, es müssten Gema-Gebühren gezahlt werden. "Wir müssen das alles noch abwägen", sagt Weiß, "unsere finale Entscheidung fällt im September".

"Ich will nicht verantwortlich dafür sein, dass auf unserer Veranstaltung was passiert und sich jemand anstecken könnte", sagt Anita Hofmann, Präsidentin des Fosanochtsverein Heroldsbacher Narren. Deswegen habe man bereits vor zwei Wochen "alles komplett abgesagt". Lange Zeit konnte gar nicht trainiert werden, blickt Hofmann zurück, jetzt laufe der Betrieb zwar wieder an, "doch all das nachzuholen schaffen wir nicht". Allein 90 neue Kinder-Kostüme müssten genäht werden, fände der Fasching dann doch statt; Abstand halten sei gerade bei der Prunksitzung nicht möglich. "Das war uns alles zu unsicher", sagt Hofmann, deswegen zog man die Reißleine. Eventuell "irgendwas ganz Kleines für die Kinder" könne sie sich vorstellen, sagt Hofmann. Man trainiere mit oder ohne Faschingsveranstaltung weiter, "und die Hauptsache ist, wir bleiben alle gesund".

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