Coronavirus: Forchheimer Landratsamt stellt auf Katastrophenschutz um

14.4.2020, 06:00 Uhr
Coronavirus: Forchheimer Landratsamt stellt auf Katastrophenschutz um

© Foto: Ralf Rödel

"Ich komme morgens ins Büro und nach einer Stunde ist schon eine so große Informationsflut auf uns hereingeprasselt, dass sie eigentlich für den ganzen Tag reichen würde", sagt Frithjof Dier, Leiter des Bereichs kommunale und soziale Aufgaben. So eine Situation wie die derzeitige Corona-Krise habe es "noch nie zuvor gegeben". Das erfordere nun auch einige besondere Maßnahmen am Landratsamt.


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"Wir haben einige Mitarbeiter aus verschiedenen Abteilungen sozusagen für den Katastrophenschutz rekrutiert. Sonst wäre die derzeitige Arbeit gar nicht handhabbar", sagt Dier. Die rekrutierten Mitarbeiter unterstützen die ständigen Mitglieder des Katastrophenschutzes.

Rund 30 Personen – Externe wie Polizei, Feuerwehr, BRK nicht eingerechnet – sind im Einsatz, rund um die Uhr. "Die Arbeit endet bei so einem Katastrophenfall eben nicht um 17 Uhr und ruht auch nicht am Wochenende", so Dier.

Die Lage muss gesichtet und der Einsatz koordiniert werden. Dafür wurden mehrere Arbeitsgruppen, bestehend aus je etwa fünf Menschen, gebildet. Über die Telefon-Hotline des Gesundheitsamts steht eine Gruppe mit Kontaktpersonen von Infizierten in Kontakt. Die Gruppe "Ausgangsbeschränkungen" gibt Antworten auf "eine Menge an Anfragen, die uns von Bürgern erreichen".

Eine weitere Gruppe beschäftigt sich mit Wirtschaftshilfen, eine weitere mit Beschaffungen von Schutzkleidung, Brillen und Atemschutzmasken. Diese werden besonders von Kliniken und Pflegepersonal benötigt. "Das Beschaffen sollte zentral über Bund und Länder klappen, aber es lief schleppend. Deshalb wurde das an uns vor Ort delegiert", erklärt Dier. So habe das Landratsamt nun die Erlaubnis, auf dem internationalen Markt zu kaufen – "zu vertretbaren Preisen", wie Dier betont. "Wir haben in China, in Österreich, aber auch bei örtlichen Händlern Ware bestellt."


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Die Hierarchie: "Das bayerische Innenministerium steht ganz oben." Darunter stehe der Katastrophenschutz vor Ort, zu dem auch das Gesundheitsamt des Landratsamts in Forchheim zählt. Landrat Hermann Ulm steht hier an der Spitze, ihm folgen Frithjof Dier, Leiter des Bereichs kommunale und soziale Aufgaben, und Susanne Becher, Leiterin des Geschäftsbereichs Sicherheit und Ordnung. Die Beiden wechseln sich bei der Leitung des Katastrophenschutzes ab.

Täglich gibt es laut Dier eine Telefonkonferenz mit der Regierungspräsidentin von Oberfranken mit allen Landräten. Hinzu kämen zweimal pro Woche Lagebesprechungen mit allen Führungsgruppen, bei denen auch Ärzte oder die Feuerwehr dabei sind. "In der Regel dauern sie nicht unter 1,5 Stunden und auch so stehe ich mit den Gruppen in Kontakt, weil es einfach viel zu handeln gibt." Und es gibt viel zu klären, zum Beispiel, ob ein Ersatzkrankenhaus eingerichtet werden könne. Oder es geht um praktische Koordinationsfragen, zum Beispiel, wie neu angekommene Masken zu den Ärzten gebracht werden können.

In der Corona-Teststation waren zunächst nur Abstriche bei Bürgern durchgeführt worden, die vom Gesundheitsamt eine Aufforderung zum Test erhalten hatten. Vormittags ist das weiterhin der Fall. "Nachmittags werden nun auch Menschen getestet, die von ihrem Hausarzt zum Test geschickt wurden", sagt Kathrin Schürr, Pressesprecherin des Landratsamts Forchheim. Am Kontrollpunkt sind zwei Personen der Feuerwehr im Einsatz, vormittags in der Regel zwei Mitarbeiter des Gesundheitsamts und ein Verantwortlicher des BRK, nachmittags zwei Ärzte der kassenärztlichen Vereinigung und ein BRK-Mitarbeiter.

"Im Schnitt werden täglich zwischen 15 und 30 Personen getestet", so Schürr. Die Zahlen schwanken aber stark. "Wenn wir einen neuen Infizierten haben, kann derjenige je nach Lebensstil mit zwei oder über zehn Personen in engem Kontakt gewesen sein. Dementsprechend unterschiedlich ist die Anzahl der Kontaktpersonen", erklärt Schürr.

Das Klinikum in Forchheim hatte sich zuletzt auf steigende Zahlen von Infizierten vorbereitet. Wie berichtet stehen auf der Intensivstation für Menschen mit schwerem Krankheitsverlauf zwölf Intensivbetten mit Beatmungsgeräten zur Verfügung. "Auf der Station für Verdachtsfälle gibt es 40 Betten mit Überwachungsmonitor und mobiler Beatmung, auf der Station für am Coronavirus Erkrankte weitere 40 Betten, ebenfalls mit Überwachungsmonitor und mobiler Beatmung", sagt Schürr.

Ob das Landratsamt noch weitere Mitarbeiter rekrutiert? "Das kann ich derzeit noch nicht sagen, in Kliniken wird es aber sehr wahrscheinlich so kommen", so Frithjof Dier. Auch will sich das Landratsamt auf einen bestimmten Fall vorbereiten: "Wir rechnen damit, dass es zu Infizierten in Seniorenheimen kommen wird. Es ist keine Frage des Ob, nur eine Frage des Wann", sagt er.

Das zeigten bereits Fälle aus anderen Landkreisen, so Dier. Die Frage werde sein, ob am Coronvirus erkrankte Senioren in ihrem Altenheim je in einem Einzelzimmer isoliert werden können, wo sich das Pflegepersonal dann in Schutzausrüstung um sie kümmert, oder sie anderweitig untergebracht werden müssen, um die Erkrankten dort zu isolieren. "Wir warten derzeit noch auf die Entscheidung des Staatsministeriums", so Dier.

In den nächsten Tagen muss sich einiges entscheiden. "Wenn ab dem 19. April die Ausgangsbeschränkungen verändert würden, müssten wir wahrscheinlich mehr beraten und kontrollieren", glaubt Dier. Das bedeute aus seiner Sicht Mehraufwand, weil es wieder eine neue Situation sei. "Die Strukturen, die wir zuletzt installiert haben, funktionieren gerade gut." Da das Landratsamt bis auf dringende Ausnahmen für Parteiverkehr geschlossen sei, sei der normale Betrieb geringer worden. "Wir müssen auch einiges sehr zur Seite stellen, damit der Katastrophenschutz in dieser Ausnahmesituation gut arbeiten kann", sagt Dier.

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