Das Internet: Fluch und Segen für Forchheim

13.2.2020, 06:00 Uhr
Das Internet: Fluch und Segen für Forchheim

© Archivfoto: Lea-Verena Meingast

Es gibt auch eine andere Lesart: Ohne Präsenz im Internet sind Einzelhandels- und Gastronomiebetriebe für ihre Kundschaft heutzutage praktisch unsichtbar und dürfen sich daher über Umsatzrückgänge und Ladenschließungen nicht beklagen.

Was davon stimmt wirklich? Vermutlich beides. Citymanagerin Elena Büttner hat sich den Auftrag erteilen lassen, aus Forchheim eine "digitale Einkaufsstadt" zu machen. Wie weit sie damit bisher gekommen ist, trug sie den Stadträten des Hauptausschusses in dessen jüngster Sitzung vor, begleitet von Annika Leopold von der Digitalwerkstatt Forchheim. Dabei wurden Begriffe in den Raum geworfen, die dort noch nicht jedem geläufig waren und sind: digitales Streetworking, Instagram, Kreativsession, Pinterest, Intensivcoaching und mehr.

Die Digitalwerkstatt hat in einer Umfrage bei 185 Forchheimer Markt-Akteuren (Handel und Gastronomie) abgefragt, wie diese das Internet nutzen. 60 Prozent von ihnen haben eine eigene Homepage und sind damit "auffindbar" im Netz. Nur 20 Prozent nutzen Social Media wie Facebook, Instagram und Pinterest. Letztere werden vor allem von Gastronomen, Modeläden und Friseuren verwendet.

Gefragt wurden aber auch die Kundinnen und Kunden. "In die Stadt" gehen sie in erster Linie zum Kauf von Lebensmitteln, Kleidung und Haushaltswaren. Aber auch die Erwartungshaltung der Kundschaft wandelt sich, so Elena Büttner, vom "funktionalen Einkauf" ("Ich brauche eine Hose, also gehe ich in einen Laden und kaufe ich eine") zum "Einkaufserlebnis mit Atmosphäre" ("Toll, wie hier die Klamotten präsentiert werden"). Nebenbei wurde den Stadträten mitgeteilt, mit welchem Ansatz idealerweise heute der Handel um Kundschaft wirbt.

Die Kernsätze: Wir kaufen nicht billig, sondern SMART. Früher produktbezogen, heute wollen wir Lösungskompetenz und individuelles Lebensgefühl. Wir sind emotionsgetrieben. Wir wollen gut erzählte Geschichten und nützliche Informationen, keine aufdringliche Werbung. Ehrlichkeit wird immer wichtiger, das Internet verzeiht nicht. Ziel der Citymanagerin ist es nun, auf der städtischen Seite "forchheim-erleben.de" eine Verknüpfung zur "digitalen Einkaufsstadt" zu setzen.

Doch das Sprungziel dieses Knopfes muss zunächst mit mehr Angeboten als bisher hinterlegt sein. Zu Deutsch: Noch machen nicht genug Marktakteure mit. Viele Händler, so Leopold und Büttner, wünschen sich außerdem noch Unterstützung vor allem bei der Nutzung von Social Media. Daher wird es gerade in dieser Richtung mehr Coaching (Anleitung) geben: "Wenn neue Ware ausgepackt wird, kann man das gleich filmen und fotografieren und in seine Story stellen", nannte Leopold ein Beispiel.

Für Kunden, die mit dem Auto die reale Einkaufstadt aufsuchen, wird es ein "digitales Parkleitsystem" geben. Das heißt: Neue Displays werden wie in anderen Städten die Zahl der freien Parkplätze in den Parkhäusern anzeigen, verknüpft mit der städtischen Homepage. Außerdem soll mit Hilfe von Drohnen und 360-Grad-Kameras ein "virtueller Stadtrundgang" erstellt werden, ergänzt mit Angeboten nach Saison, Veranstaltungen und Hinweisen auf Sehenswürdigkeiten. Josua Flierl (CSU) freut sich besonders auf die Ankündigung des "digitalen Mittagstisches", sagte er. Die lokalen Gastronomen sollen auf "forchheim-erleben.de" ihre Tages- und Wochengerichte einstellen, so dass noch im Büro die Auswahl getroffen werden kann.

Zum ersten Mal, seitdem er Stadtrat ist, sagte Manfred Hümmer (FW), habe er "das Gefühl, dass die handelnden Personen und die Stadt Hand in Hand voran gehen". OB-Kandidat Udo Schönfelder (CSU) lobte die "Grundlagenarbeit" als "sehr erfreulich". Und meinte: "Die Digitalisierung kann man auch als Chance sehen."

OB Uwe Kirschstein (SPD) antwortete auf eine entsprechende Frage Schönfelders, dass der "Handlungsspielraum der Stadt bei der Branchenvielfalt begrenzt" sei. Gründer würden in punkto vorhandener Branchenmix beraten, aber "womit sie sich dann selbstständig machen, können wir nicht beeinflussen". Umso "unverständlicher" sei ihm noch heute, dass sich die Stadtratsmehrheit für Lagerflächen in der Altstadt im ehemaligen Heilmann-Gebäude entschieden habe, als man einmal die Gelegenheit gehabt hätte, Einfluss auf die Branche zu nehmen.

Sabine Dittrich (FGL) war von der "digitalen Einkaufsstadt" begeistert, sagte sie. Umso mehr, als die FGL diese Einrichtung schon vor drei Jahren beantragt habe. Außerdem sagte Dittrich: "Es geht nicht nur um Erlebnisse, sondern am Ende auch darum, etwas zu verkaufen." Lisa Hoffmann (SPD) war besonders von diesem Slogan beeindruckt: "Innenstädte sind soziale Kraftwerke." In diesem Sinne wünscht sie sich, dass in der City vor allem für Kinder mehr gemacht werde.

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