Die Bauern sind bitter enttäuscht

22.1.2009, 00:00 Uhr
Die Bauern sind bitter enttäuscht

© Benesch

Vier Generationen, vom 90-jährigen Großvater bis zum Urenkel mit einem halben Jahr, leben auf dem Hof von Alfons Pinsel miteinander. «Bis ins Jahr 1414 geht die Geschichte meines Hofes zurück», sagt er stolz. Immer schon waren Pinsels Vorfahren Landwirte, auch das Zweitälteste von fünf Kindern, der Sohn Michael, wird den Hof eines Tages vom Vater übernehmen und die Geschichte weiter schreiben.

Doch in fast 600 Jahren hat sich weit mehr gewandelt, als nur vom Pferd zum Traktor: «Vor allem gibt es jetzt unglaublich viel Bürokratie», klagt Pinsel, der vor einem Stoß amtlichen Unterlagen sitzt und mit dem Kopf schüttelt. Nicht nur der Bürokratieabbau war eine der Forderungen an das Konjunkturpaket II, in das die Landwirte so viel Hoffnung gesteckt hatten. «Wir wollen wieder von unseren Erträgen leben, nicht von beantragten Geldern», so Pinsel. Insgesamt seien die Ergebnisse des Pakets für die gesamte Landwirtschaft «die größte Sauerei seit Jahren», sagt Werner Nützel, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) in Forchheim. Nur der Krankenkassenzuschuss und das erhöhte Kindergeld käme auch den Bauern zugute. Ansonsten seien alle ihre Forderungen übergangen worden.

25 000 Liter Diesel pro Jahr

Einer der größten Batzen, die die Bauern zu schlucken haben, ist die Agrardieselrückzahlung. «25 000 Liter Diesel brauche ich jährlich für die Arbeit auf meinen über 130 Hektar Land», sagt Alfons Pinsel. Bislang wurde ihm für jeden Liter ein Teil der Steuern erstattet, da er als Bauer mehr auf Äckern als auf Straßen fährt. Nun werden nur noch 15 000 Liter bezuschusst. «Also fehlen jetzt 10 800 Euro», so Pinsel. Die Bauern fordern zumindest eine europaweite Einheitsregelung, um im Wettbewerb, der längst über die Ländergrenzen hinaus geht, mithalten zu können: «In Frankreich zahlen Landwirte 0,7 Cent Steuern auf einen Liter Agrardiesel, in Deutschland zahlen wir 40 Cent.»

Weiterhin haben die Bauern an den niedrigen Verkaufspreisen ihrer Produkte wie Fleisch, Milch und Getreide zu knabbern. Gleichzeitig stiegen die Betriebskosten um fast 100 Prozent. «Im Durchschnitt bekamen wir 180 Euro für Weizen», sagt Pinsel. «Für den aktuellen Preis von 110 Euro verkaufe ich meinen Weizen nicht, da bunkere ich es lieber.» Für Pinsel ein Verlust von weiteren 23 800 Euro.

«Bauern nutzen ihren Gewinn normalerweise nicht zum Urlaubmachen, sie investieren gleich wieder», sagt Werner Nützel. Somit seien angemessene Preise das Wichtigste, doch «Discounter stellen Bauern an die Wand» (Nützel).

«Urlaub können wir uns nicht leisten, allein wegen der Arbeit», sagt Pinsel. 110 Mastbullen, 20 Schweine, drei Pferde und sein ganzes Land, «das sind 16 bis 18 Stunden Arbeit täglich», so der Landwirt.

Sein Bauernhof ist einer der größeren von insgesamt 1776 landwirtschaftlichen Betrieben im Landkreis Forchheim. Alle seien nun in ihrer Existenz bedroht, warnt Hermann Greif, Kreisobmann des BBV. «Zirka 100 Betriebe jährlich müssen im Landkreis aufgeben», sagt er. Alfons Pinsel sagt: «Ich schaff es schon irgendwie», schließlich hat er mit Direktvermarktung, Schlachthof, Getreideanbau und Gasthof gleich mehrere Standbeine. Es müsse ja irgendwie weitergehen. Auch wenn Alfons Pinsel heuer mit einem 50-prozentigen Einnahmenverlust zu kämpfen hat.