Die himmelweiten Klangwelten des australischen Buschs

28.2.2013, 18:11 Uhr
Die himmelweiten Klangwelten des australischen Buschs

© Udo Güldner

Der 47-jährige Luxemburger, der seit 23 Jahren down under lebt, erklärt Schülerinnen und Schülern der elften Klassen seine Arbeitsweise und lässt sie mit den Ohren erfahren, wie moderne Musik faszinieren kann.

„Die australische Wüste ist meine große Leidenschaft. Oft fahre ich hinaus, um dort alleine zu übernachten. Dann erlebe ich eine große Stille, die mich zu meinen Kompositionen inspiriert und beflügelt. Die Weite spiegelt sich in meinen Werken wider.“ Seit 1989 arbeitet der Wahl-Australier an seinem Mysterien-Zyklus „Caeli ennarrant“ (Die Himmel erzählen), der auf dem 19. Psalm fußt.

„Ich habe bereits komponiert, als ich noch in eurem Alter war“, macht er den Gymnasiasten Mut. Seinen Werken haftet das Exotische an — wohl auch, weil sie Namen aus den Aborigine-Sprachen tragen — wie sein Bratschenkonzert „Monh“ (Sterne), das vor Kurzem erst von den Bamberger Symphonikern aufgeführt wurde. Die Einsamkeit des Outbacks verkörpert die Solo-Bratsche, nur begleitet von hintergründigen Geräuschen elektronischer Bauart, die entfernt an entfernte Tiere erinnern.

Überhaupt spielt die Stille in Lentz‘ Oeuvre eine Schlüsselrolle — nicht nur in der 20-sekündigen Generalpause, die dem vollen Volumen des Orchesters folgt. „Das muss der Zuhörer aushalten. Und man hat auch den Eindruck, dass noch etwas kommen muss.“

Als Geiger im Sydney Symphony Orchestra weiß er um das ewige Spannungsfeld von Komponist und Dirigent.

Bei seinen nächtlichen Ausflügen in die Wüste scheint die Klarheit und Leuchtkraft des Sternenhimmels, für den die australischen Ureinwohner Dutzende von Begriffen haben, so auch „Guyuhmgan“ (Sterne, vom Weltall aus betrachtet), Georges Lentz enorm fasziniert zu haben. „Es geht um die Unwichtigkeit des Menschen, um das monumentale Universum.“ Die diametralen Klangwelten reizen den zeitgenössischen Komponisten ungemein. „Ich möchte die Gegensätze akustischer und elektronischer Sounds aufgreifen, sie in Einklang bringen. Und dabei die Spannung beim Zuhörer erhalten.“

Liebe zur E-Gitarre

Besondere Begeisterung entfacht Georges Lentz mit „Ingwe“ (Nacht), einer Komposition für E-Gitarre solo. Georges Lentz erzählt von der schicksalhaften Begegnung mit einem Aborigine in einer Wüstenkneipe, der bei ihm die Liebe zur E-Gitarre weckte. „Davor fand ich ihren Klang vulgär. Ich wollte ja auch keine Rockmusik schreiben.“ Über eine Stunde dauert der Ausflug in die Welt dieses Instrumentes, aufwühlend virtuos und von großer poetischer Wucht, lang, aber keinesfalls langweilig.

„Beim Schreiben erinnere ich mich an die Wüste, in der alle 100 Kilometer das nächste Kaff kommt. Dazwischen nur Gestrüpp und ganz viel roter Sand. Man bekommt ein Gefühl für ganz andere Dimensionen.“

Natürlich sei in seinen Kompositionen das Schwierige und nicht so leicht Fassbare, aber auch das Element des Schönen, so der 47-Jährige. Sonst wären die Schülerinnen und Schüler keine zwei Stunden an seinen Lippen und Werken gehangen. Bei ihnen traf Georges Lentz den richtigen Ton.

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