Diskussionsrunde zu Klimapolitik und Wirtschaft in Forchheim

23.9.2019, 12:48 Uhr
Umweltminister Thorsten Glauber aus Pinzberg bei der Vollersammlung der Industrie- und Handelskammer zusammen mit der Moderatorin der Veranstaltung, Anja-Maria Meister.

© Andreas Kummer Umweltminister Thorsten Glauber aus Pinzberg bei der Vollersammlung der Industrie- und Handelskammer zusammen mit der Moderatorin der Veranstaltung, Anja-Maria Meister.

Die Klimapolitik ist zentrales politisches Thema der Gegenwart. Was es braucht, damit Politik und Wirtschaft dabei auf einen gemeinsamen Nenner kommen, hat Umweltminister Thorsten Glauber mit heimischen Unternehmern und Wissenschaftlern auf der Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK) diskutiert.

Thorsten Glauber (Freie Wähler) muss sich auskennen in der Klimapolitik – schließlich ist der Pinzberger seit 2018 Umweltminister in Söders Kabinett.

Doch Glauber kann seine Kompetenz durchaus untermauern, wenn man ihn wie jüngst auf der IHK-Vollversammlung in der Volksbank Eventhalle reden hört. Dort erzählte er bildhaft von seinen frühen Erfahrungen hinter dem Steuer eines Elektroautos. Und als gelernter Bauzeichner und studierter Architekt hat er auch praktische Erfahrung im Thema – etwa, wenn es ums energetische Bauen geht.

Planungssicherheit geben

Vor den gut hundert Zuhörern aus Politik und Industrie – unter ihnen waren auch die Bundestagsabgeordnete Lisa Badum (Bündnis 90/Die Grünen) und Landtagsabgeordneter Sebastian Körber (FDP) – riss Glauber dieses Thema genauso an, wie die Felder Energieversorgung und Mobilität.

Gerade bei letzterem machte der Minister klar: Politische Entscheidungsträger müssen in Sachen Klimapolitik die richtigen Rahmenbedingungen schaffen und Planungssicherheit geben. Nur so wisse die Industrie wie etwa das Unternehmen Waasner, wohin und in welche Infrastruktur sie anschließend sicher investieren könne.

Glauber machte dies am Beispiel Automobilindustrie deutlich. Es helfe nichts, so der Minister, wenn einige wenige Elektro-Autos zum Anschaffungspreis von 100 000 Euro gebaut würden. Viel wichtiger sei es, dass die richtigen Maßnahmen politisch gefördert werden, etwa der ausreichende Bau von Wasserstoff- und Stromtankstellen.

Denn wer kaufe schon ein E-Auto, wenn er nicht sicher wüsste, ob er immer rechtzeitig eine passende Tankstelle finde. Doch auch jeden einzelnen Verbraucher nahm Glauber in die Pflicht. So würde etwa klimaverträglicheres Bauen oder der Einsatz erneuerbarer Energien vor allem deshalb oft scheitern, weil dem Bauherrn die schicke Wanne oder tolle Küche wichtiger sei, als eine unscheinbare, aber umwelteffiziente, moderne Heizanlage im Keller.

"Sind uns die Hände gebunden"

Mit dem Schlagwort von den genaueren politischen Rahmenvorgaben traf Glauber den Nerv seiner Zuhörer. Sonja Weigand, Präsidentin der IHK für Oberfranken Bayreuth, etwa betonte: "Wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen, sind uns in der Wirtschaft die Hände gebunden."

Gelänge es hingegen, einen Rahmen zu finden, in dem Klimaschutz und Wirtschaft kein Gegensatz mehr sind, könne die Industrie davon nur profitieren.

"Ich glaube fest daran, dass die Lösung der Klimaprobleme auch und gerade von deutschen Forschern und findigen Unternehmern entwickelt werden kann. Finden wir Lösungen für unser Land, dann werden diese Lösungen weltweit nachgefragt werden."

Michael Waasner, örtlicher IHK-Gremiumsvorsitzender und Forchheimer Unternehmer, sah dies ebenso. Außerdem erklärte er, dass es bereits heute viele Firmen gebe, die den Klimaschutz als Grundlage ihrer Geschäfte haben.

Kaum zu realisieren

Gleichzeitig sei für energieintensive Unternehmen aus der Glas- und Stahlindustrie eine klimaneutrale Produktion aktuell kaum zu realisieren. Von der Politik wünsche er sich daher in Sachen Klimaschutz Augenmaß, Planungssicherheit, partnerschaftliches Vorgehen und keine einseitigen Belastungen.

Auch müsse der Klimaschutz weltweit erfolgen. Es wäre niemandem geholfen, so Waasner, wenn in Deutschland Maßnahmen umgesetzt werden würden, welche die Wertschöpfung und den Ausstoß von Treibhausgasen ins Ausland umverteilten. Vielmehr gehe es darum, dass die deutsche Industrie Lösungen für den weltweiten Klimaschutz entwickele – und so beweisen kann, dass moderne Klimaschutztechnologien möglich und effizient sind.

"Handlungsspielräume nicht nehmen"

Auch dürfe die Politik den Unternehmen gewisse Handlungsspielräume in Sachen Klimapolitik nicht nehmen. Deutlich machte dies Waasner am Thema der geplanten CO2-Steuer für Unternehmen und an der an der Idee von CDU/CSU, Unternehmen künftig CO2-Zertifikate kaufen zu lassen. Statt solcher Zwangsabgaben plädiert Waasner dafür, das Geld zweckgebunden bei den Unternehmen zu belassen.

Entnahmen aus solchen Rückstellungen, die die Firmen auf der Basis ihres CO2-Ausstoßes bilden müssten, seien alleinig für Klimaschutz oder Forschung und Entwicklung erlaubt. Ein solches System sei effektiv – und viel gescholtene Zweckentfremdungen wie bei den Geldern aus dem Solidaritätszuschlag wäre vermeiden.

Bei Thorsten Glauber schien Waasner mit diesem Vorschlag Gehör zu finden. Der Minister kündigte an, Waasners Vorschlag im Kabinett vorstellen zu wollen. Ebenso nahm er eine Resolution entgegen, in der die IHK vor einem drohenden Entsorgungsnotstand in Bayern im Bereich von Gewerbeabfällen warnt.

Klarere Rahmenbedingungen

In einer Podiumsdiskussion tauschten sich anschließend Vertreter aus Wissenschaft und Wirtschaft aus. Während Mark Becker, DIHK-Referatsleiter für Klimapolitik, inhaltlich nah bei Glaubers Ansichten zu den klareren Rahmenbedingungen stand und auf Signale des Berliner Klimakabinetts setzt, betonte Thomas Banning von der Naturstrom AG, dass auch die Wirtschaft aufgerufen sei, zeitnah zu handeln. 

Daniela Singer, Inhaberin von Schmetterling-Reisen, unterstrich indes die Bedeutung von Praktikern in Klimafragen – und Energie-Experte Jan Zenneck von der Boston Consulting Group verwies auf eine Studie, wonach eine Reduzierung von CO2 um bis zu 95 Prozent bis 2050 technisch machbar sei und durchaus auch zu ökonomischen Bedingungen.

Keinen Zutritt zur Veranstaltung hatte indes eine Handvoll lokaler Aktivisten des Vereins für Landschaftspflege und Artenschutz in Bayern. Zusammen mit ihrem Vorsitzenden Reiner Pracht hatten sie sich vor der Eventhalle aufgestellt und hielten ein Papier bereit. Darin forderten die Umweltschützer, den Naturschutz nicht zugunsten der Energiewirtschaft aufzuweichen.

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