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Dreieck, Laden, Fluss: Herzlich Willkommen in Unterleinleiter

8.8.2021, 05:00 Uhr
Herzlich Willkommen im Kern von Unterleinleiter.

© Athina Tsimplostefanaki, NN Herzlich Willkommen im Kern von Unterleinleiter.

Wer in Unterleinleiter unterwegs ist, sollte wissen, dass die Einheimischen ihren Ort schlicht Lada nennen. Auch der Fluss heißt hier: Lada. Und die Einkaufsmöglichkeit, Sie ahnen es: Ladarer Dorfladen.

Die namensgebende Leinleiter – offizieller Name: Leinleiterbach – ist laut dem bayerischen Umweltamt exakt 19,91 Kilometer lang. Sie entspringt auf dem Gebiet des Marktes Heiligenstadt im Landkreis Bamberg und mündet bei Ebermannstadt in die Wiesent.

Soweit die nüchternen Fakten. Die Leinleiter kann aber auch lebendig. „Es gab früher schlimme Überschwemmungen“, sagt Alwin Gebhardt, der Bürgermeister von Unterleinleiter ist und hauptberuflich bei den Maltesern arbeitet.

Auch 2013 stieg der Pegel auf 2,75 Meter – doch das viele Wasser floss „im wahrsten Sinne des Wortes an der Gemeinde vorbei“.

"Wir sehen uns inzwischen deutlich als ein Wohndorf"

Das hat mit einem für Unterleinleiterer Verhältnisse sehr großen Bauprojekt tun, das nach der Jahrtausendwende umgesetzt wurde: Die 3,35 Millionen Euro teure „Hochwasserfreilegung“. Auf 380 Metern Länge entstanden Schutzmauern aus Stahlbeton. Gleichzeitig bekam die Leinleiter mehr Platz, wozu die Staatsstraße das Ufer räumen musste. Sie verläuft heute in einer Häuserzeile Abstand auf der anderen Flussseite.

Zweiter Bürgermeister Holger Strehl (links) und Bürgermeister Alwin Gebhardt stehen am Hochwasser-Denkmal.

Zweiter Bürgermeister Holger Strehl (links) und Bürgermeister Alwin Gebhardt stehen am Hochwasser-Denkmal. © Athina Tsimplostefanaki, NN

Dort begrenzt sie gemeinsam mit Kirchen- und Dürrbachstraße ein Dreieick. „Hier war früher das dörfliche Zentrum“, sagt der 59-jährige Gebhardt. Und heute? „Wir sehen uns inzwischen deutlich als ein Wohndorf.“ Von den einstigen Banken und Geschäften ist nichts mehr übrig.

2014 hat dafür besagter Ladarer Dorfladen eröffnet – in einer ehemaligen Bank, was die Deckenverkleidung noch immer erahnen lässt. Auf kleiner Fläche bietet er erstaunlich viel: Backwaren, Getränke, frisches Gemüse, regionale Erzeugnisse wie Nudeln aus Pretzfeld, Schreibwaren und Grablichter.

Nur noch einspurige Kirchenstraße?

Supermärkte auf (ehemals) grünen Wiesen gibt es in Unterleinleiter keine. Der Dorfladen stellt also die Nahversorgung besonders für nicht mehr so mobile Menschen sicher. Vor seinem Eingang stehen zwei große Picknickbänke, auf denen vor allem an Wochenenden Radfahr- und Wandertouristen rasten. Denn eine andere Einkehrmöglichkeit gibt es im Dorfkern derzeit nicht. Mitte 2022 soll sich das ändern, wenn das Gasthaus „Zur Eisenbahn“ wiedereröffnet.

Werktags halten zudem Autopendler an, um sich im Dorfladen einen Kaffee oder einen Snack mitzunehmen. Überhaupt scheint die Mehrheit der Kunden mit dem Pkw zu kommen.

„Es muss bleiben, wie es ist“, sagt Gebhardt deshalb und meint die Verkehrsführung. „Dass man dieses Dreieck befahren kann, ist uns schon wichtig.“ In der Vergangenheit habe ein Planungsbüro Skizzen für eine nur noch einspurige Kirchenstraße ausgearbeitet. Aber: „Das ist nicht das gewesen, was wir uns vorgestellt haben.“ Wegen der Dorfladen-Kunden und weil sich das befahrbare Dreieck für Umleitungen bewährt habe, spricht sich der Bürgermeister gegen eine „maßgebliche Reduktion“ der Parkplätze aus – genauso wie gegen „künstliche Einbauten“ zur Verkehrsberuhigung. Offen sei man hingegen für einen anderen Belag, „der das Zentrum betont“, sagt er. Die alten, geflickten Asphaltflächen werden trotzdem erst einmal bleiben – wegen Corona: Auch in Unterleinleiter wirkt sich die Pandemie auf die Gemeinde-Finanzen aus. Der Bürgermeister unterscheidet zwischen Pflicht und Kür – und jetzt sei erst mal die Pflicht an der Reihe.

Stolz auf die kleine Grundschule im Ort

Anders gesagt: Die grundlegende Infrastruktur hat Vorrang. Gebhardt und der Zweite Bürgermeister Holger Strehl zählen auf: Kanal, Wasserversorgung, ein neuer Schlepper für den Bauhof. „Sehr stolz“ sind beide zudem auf die kleine Grundschule im Ort – mit gerade einmal 37 Schülerinnen und Schülern, verteilt auf zwei Klassen. Auch einen Kindergarten gibt es, der gerade neu gebaut wird.

Schule und Kindergarten aber befinden sich außerhalb des Dreiecks, genauso wie das Schloss mit seiner ausgedehnten Parkanlage – und die Leinleiter. Vom Dorfladen aus erreicht man den Fluss am besten über die Kirchenstraße, in deren Verlängerung er von einer kleinen Brücke überspannt wird.

Der Ladarer Dorfladen wird seit 2014 als Genossenschaft geführt. Hier gibt es alles für den Alltag: Obst und Gemüse, Fleisch und Käse, Backwaren, Getränke sowie vieles mehr.  

Der Ladarer Dorfladen wird seit 2014 als Genossenschaft geführt. Hier gibt es alles für den Alltag: Obst und Gemüse, Fleisch und Käse, Backwaren, Getränke sowie vieles mehr.   © Athina Tsimplostefanaki, NN

Die andere Uferseite, wo früher die Staatsstraße verlief, ist heute verkehrsberuhigt. Dort steht das Rathaus – und ein Denkmal, das an die Hochwasserfreilegung erinnert.

Die Leinleiter als Badesee? "Ich würde den Nutzen schon deutlich sehen."

Wie aber machen die Ladarer heute von „ihrer“ Lada Gebrauch? Laut Gebhardt hat die Gemeinde sie erst kürzlich an Fischer verpachtet. Schwimmen kann man in ihr nicht – dafür ist sie viel zu flach. Der Fluss müsste schon erst aufgestaut werden. Genau das schlägt ein Bürger aus Unterleinleiter vor: Mittels einer Staustufe auf Höhe des Rathauses könnte ihm zufolge ein kleiner See geschaffen werden.

Die Unterleinleiter schlängelt sich durchs Dorf und könnte – wenn es nach einer Idee eines Bürgers geht – nicht nur zum Fischen dienen.   

Die Unterleinleiter schlängelt sich durchs Dorf und könnte – wenn es nach einer Idee eines Bürgers geht – nicht nur zum Fischen dienen.    © Athina Tsimplostefanaki

„Ich würde den Nutzen schon deutlich sehen“, sagt Gebhardt. Allerdings befürchtet er, dass das Wasserwirtschaftsamt nicht mitspielen wird. Hinzu kämen Haftungsfragen: Braucht es dann auch einen Bademeister? „Es wäre ein Wunder, wenn es klappen würde“, so der Bürgermeister.

Gut, dass es auch im Ladarer Dorfladen in Unterlada Bier gibt

Noch viel weiter flussaufwärts, als der See jemals reichen könnte, liegt übrigens die Ortschaft Oberleinleiter. Laut Gebhardt bezeichnen sowohl Unterladarer als auch Oberladarer ihren jeweils eigenen Ort als Lada – und nur den anderen als Ober- beziehungsweise Unterlada.
Kein Wunder, dass manche Rad- und Wandertouristen da durcheinander kommen, und ihr Ziel, die Oberleinleiterer Brauerei, in Unterleinleiter vermuten. Von Ebermannstadt aus haben sie dann aber erst sechs der 15 Kilometer nach Oberleinleiter geschafft. Gut, dass es auch im Ladarer Dorfladen in Unterlada Bier gibt – wenn auch nicht das aus Oberlada. Prost!

Das Schloss und der dazugehörige Park sind im (kulturellen) Leben der Gemeinde nicht wegzudenken. 

Das Schloss und der dazugehörige Park sind im (kulturellen) Leben der Gemeinde nicht wegzudenken.  © Hans Böller

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