Ebermannstadt: Auftakt zum Kernwegekonzept führt zu erhitzten Gemütern

28.1.2021, 16:00 Uhr
Das landwirtschaftliche Wegenetz im Landkreis Forchheim und der Fränkischen Schweiz soll neu gedacht werden.

© Claudia Schmidt Das landwirtschaftliche Wegenetz im Landkreis Forchheim und der Fränkischen Schweiz soll neu gedacht werden.

Die Anforderungen an das landwirtschaftliche Wegenetz haben sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert: Größere landwirtschaftliche Maschinen und ein geändertes Freizeitverhalten haben dazu geführt, dass die vorhandenen Wege den Bedürfnissen nicht mehr genügen.

Mit Unterstützung der BBV Landsiedlung GmbH, einer Tochter des Bayerischen Bauernverbandes, und Förderung durch das Amt für ländliche Entwicklung in Bamberg soll für die ILE Fränkische Schweiz ein Konzept erarbeitet werden, anhand dessen die vorhandenen Wege ertüchtigt oder, in sehr geringem Umfang, neue Wege geplant werden.

Coronabedingt war die Auftaktveranstaltung mit der Vorstellung der Projekt-Vorgehensweise nur als Videokonferenz möglich – mit deren Verlauf aber kaum ein Beteiligter ein. zufrieden sein kann. Es braute sich etwas zusammen „Da hat sich zuvor schon etwas zusammengebraut“, informierte Christiane Meyer wenige Minuten, nachdem die zweieinhalbstündige Konferenz zu Ende war.

Parallel zur Video-Konferenz gab es für die Teilnehmer/innen die Möglichkeit, sich in einem Chat schriftlich auszutauschen. Das wurde auch für Beschimpfungen genutzt.

Parallel zur Video-Konferenz gab es für die Teilnehmer/innen die Möglichkeit, sich in einem Chat schriftlich auszutauschen. Das wurde auch für Beschimpfungen genutzt. © Screenshot: Stefan Braun

Als Vorsitzende der ILE FränkischeSchweiz hatte die Bürgermeisterin von Ebermannstadt bei ihrer Begrüßung noch darauf hingewiesen, dass „wir ein sinnvolles Konzept brauchen, das Prioritäten setzt. Dabei müssen wir ein besonderes Augenmerk auf unsere Landwirte setzen“. Ein Beitrag, der im parallellaufenden Chatroom bereits mit spöttischen Bemerkungen quittiert wurde.

Wo stehen wir? Wo wollen wir hin? Was sind die Kriterien und in welchem Zeitraum wollen wir unser Konzept, das es auszuarbeiten gilt, umsetzen? Auf alle diese Fragen ging Alexander Heinz von der BBV Landsiedlung bei seinem Vortrag sehr ausführlich Die zeitliche Umsetzungsempfehlung umfasst einen Rahmen von weniger als fünf Jahre bis zu langfristigen Maßnahmen, deren Realisierung auch länger als 15 Jahre dauern können.

Die Region der ILE Fränkische Schweiz „ist ein Gebiet mit sehr viel Wald, wenn aber weite Strecken durch Waldgebiet führen, dann ist die Trasse für einen Kernweg ungeeignet. Zudem gibt es hier viele Schutzgebiete, die bei der Planung berücksichtigt werden müssen“, erklärte Heinz. Welche Bedeutung die bereits vorhandenen Wege für die Landwirtschaft haben, verdeutlichte der Referent mit dem Hinweis, dass „ein Bauer zwischen 30 und 60 Prozent seiner Arbeitszeit zwischen Hofstelle und Feld unterwegs ist“. Bereits bei den Ortsterminen, die laut dem derzeitigen Terminraster noch im laufenden Jahr stattfinden sollen, aber im Detail noch offen sind, werden, so Heinz, alle Schlüsselpersonen einbezogen.

Hauptthema: Versiegelung

Neben den Bürgermeistern sind das besonders die Landwirte, aber auch Feldgeschworene, Jagdpächter oder auch Verwaltungsmitarbeiter. Wert legte Heinz auf die Feststellung, dass der Fokus auf Gemeindeverbindungsstraßen und öffentlichen Feldwegen liege.

„90 Prozent der nach derzeitigem Kenntnisstand in Frage kommenden Kernwege sind bereits versiegelt oder teilversiegelt, nur in wenigen Fällen kommt es zu einer Umwandlung von Erd- oder Grünwegen in einen Asphaltweg und bei weniger als einem Prozent wird ein Lückenschluss geplant“, so Heinz. Zunächst einmal seien nun die Gemeinden am Zug, die ihre Wege planen müssen, erklärte er abschließend.

Norbert Braun vom Bund Naturschutz Kunreuth/Leutenbach äußerte als erster Fragesteller Bedenken wegen der zu erwartenden zusätzlichen Versiegelung. Dies würde der Neuausrichtung der bayerischen Staatsregierung in Sachen Naturschutz entgegenstehen. Ein Grünstreifen in der Mitte würde den Bienen zusätzliche Nahrungsmöglichkeiten geben.

Dem entgegnete Wolfgang Kießling vom Amt für ländliche Entwicklung, dass die Art des Ausbaues bei der Planung noch keine Rolle spielen würde. Auch die folgenden Fragesteller/ innen interessierte weniger das Kernwegkonzept als vielmehr mögliche negative Auswirkungen durch zusätzliche Versiegelung. Kritisiert wurden von der grünen Kreisrätin

Elisabeth Krause aus Ebermannstadt die „viel zu großen Fahrzeuge in der Landwirtschaft, die können nicht die Zukunft sein“. Man habe „ein riesiges Problem mit unseren Kleinbauern, viele geben auf“, kritisierte ein anderer der teilweise über 90 Teilnehmer der Videokonferenz. „Als Tochterunternehmen des Bauernverbandes haben wir kein Interesse an einem Höfe-Sterben“, entgegnete, sichtlich gereizt, Alexander Heinz. „Ich will auch diese Stimmen hören“, sagte Christiane Meyer in Bezug auf vom Thema abweichende Fragen im Nachgang, „ich habe aber den Eindruck, dass einige gar nicht wussten, worum es geht.“

Dies sieht auch ihr Pretzfelder Amtskollege Steffen Lipfert so: „Die Veranstaltung an sich war gut. Die Fragen gingen aber teilweise am Thema vorbei. Manche Wortmeldungen passten einfach nicht.“ Zu fortgeschrittener Stunde präsentierte Kießling die Kriterien der Förderung, musste sich aber den Vorwurf gefallen lassen, dass die Inhalte seiner Folien in manchen Bereichen genau das aussagten, was Heinz bereits eine Stunde zuvor präsentiert hatte. Hier wäre eine Abstimmung beider Referenten im Vorfeld sinnvoll gewesen, wie Kießling im Nachhinein einräumte. Die Konzentration galt daher teils den Äußerungen, die im begleitenden Chatroom getätigt wurden.

Wichtig für die langfristige Strategie ist Kießlings Hinweis, dass die Planungen „nicht in Stein gemeißelt sind, sondern das Projekt lebt, im Laufe der Jahre kann sich einiges ändern“. Bei der abschließenden Fragerunde musste Moderatorin Nadine Zettlmeißl mehrmals eingreifen – als sich Fragesteller aus Neunkirchen oder auch Gräfenberg mit lokalen Erfahrungen zu Wort meldeten. Probleme am Hetzleser Berg mit nicht beachteten Verbotsschildern von Gästen aus Nürnberg, wie sie Bernhard Kühnl vortrug, „betreffen nicht die ILE Fränkische Schweiz“, so Zettlmeißl.

Diskussion glitt ab

Die Fragen glitten zusehends vom Kernthema ab, es wurde sogar die Frage nach der Räumpflicht der potenziellen Wege gestellt, „der Grundtenor war leider durchweg negativ“, bedauerte Kießling am darauffolgenden Tag.

Lediglich am Ende äußerte sich der Hauptberufslandwirt Reinhard Friedrich aus Wohlmutshüll positiv zum Kernwegekonzept: „Ich arbeite viel mit Lohnerwerbsbetrieben zusammen, die benutzen diese Wege auch. Das erspart Zeit. Diese Wege sind auch nicht nur für Landwirte da, sondern auch für Wanderer Radler und Ausflügler.“ Der anonyme Konter im Chatroom ließ nicht lange auf sich warten.

„Ich hätte mir mehr Fokus auf das Gesamtkonzept gewünscht und hatte mich auf eine fachlich-sachliche Diskussion gefreut. Es kamen aber nur Totschlagargumente“, ärgerte sich Weilersbachs Bürgermeister Marco Friepes über die Diskussion.

STEFAN BRAUN

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