Ebermannstadt und Chantonnay: Eine Freundschaft seit 50 Jahren

31.5.2020, 14:00 Uhr
Bei der Vertragsunterzeichnung am 12. April 1970: Die beiden Bürgermeister Michel Crucis und Paul Lachmayer.

© Reinhold Wick Bei der Vertragsunterzeichnung am 12. April 1970: Die beiden Bürgermeister Michel Crucis und Paul Lachmayer.

Die Burg Feuerstein wird durch das deutsch-französische Jugendwerk schon kurz nach Unterzeichnung des Elyséevertrags von 1963 zu einer Begegnungsstätte der Jugend beider Länder. Eduard Wolf, Leiter der Burg Feuerstein, und seine Frau knüpfen erste Kontakte nach Durtal an der Loire. Doch die Ebermannstädter Jugend zieht es ans Meer: Im Juli 1966 reisen 17 Jugendliche aus Ebermannstadt nach Chantonnay. Bürgermeister Michel Crucis bereitet ihnen einen herzlichen Empfang. Bereits Anfang August 1966 erwidern junge Chantonnayer diesen Besuch – voll des Lobes über ihre Aufnahme in Ebermannstadt empfehlen sie zuhause eine Partnerschaft.

Ab dem Jahr 1968 intensivieren sich die Kontakte. Briefe wechseln in regelmäßigen Abständen und die Partnerschaft wird vermehrt zum Tagesordnungspunkt in Stadtratssitzungen. Begleitet von den Stadträten Günther Böhm und Georg Albert reist Bürgermeister Paul Lachmayer nun selbst nach Chantonnay, ehe ein Jahr später sein Stellvertreter und späterer Nachfolger Karl Theiler in Chantonnay, wie der NN-Reporter Hans Peter Thürl treffend schreibt, mit seiner Delegation „Nägel mit Köpfen“ macht. Die Partnerschaft ist in trockenen Tüchern.

Am 12. April 1970, ein Sonntag, wird „Hochzeit“ gefeiert, im Rathaus und in der Kirche, die Partnerschaftsurkunde wird unterzeichnet. Lachmayer erinnert daran, dass beide Völker große Leistungen in der Geschichte vollbracht haben und bedauert „tiefe Missbilligkeiten“ im gemeinschaftlichen Zusammenleben.

Sport verbindet

Die Miniolympiade wurde zu einem der Pfeiler der Partnerschaft. Bereits 1974 findet die erste Miniolympiade in Chantonnay statt. 120 Personen, jugendliche Sportler, Schlachtenbummler und Repräsentanten von TSV Ebermannstadt und Politik reisen nach Frankreich.

Der Präsident des Partnerschaftskomitees Michel Froger sieht in sportlichen Veranstaltungen eine einmalige Chance, die Jugend und die Bevölkerung der beiden Städte zusammenzuführen. Und er behält Recht. Notiz am Rande: Der junge Franz Josef Kraus, später langjähriger Bürgermeister, gewinnt eine Goldmedaille im Schwimmen. Im Turnus von zwei Jahren wird seitdem gefeiert.

Zum Sport gesellen sich die humoristischen Spiele, eine glänzende Idee des langjährigen und zu früh verstorbenen Partnerschaftspräsidenten André Roussière und kulturelle Veranstaltungen. Die „Gasseldorfer“ und die „Niedermirsberger“ erfreuen mit schmissigen Melodien. Unvergessen sind die mitreißenden Konzerte von Chant’Harmonie, dem Jugendblasorchester Kirchehrenbach und Blechmix.

Ein Schnappschuss der Miniolympiade an Pfingsten 2018 in Chantonnay: Isabelle Moinet, Christiane Meyer, Katja Metschnabl und Gérard Villette (von links).

Ein Schnappschuss der Miniolympiade an Pfingsten 2018 in Chantonnay: Isabelle Moinet, Christiane Meyer, Katja Metschnabl und Gérard Villette (von links). © Reinhold Wick

Ohne regelmäßige Begegnungen gerade junger Menschen gerät der Motor einer Städtepartnerschaft rasch ins Stottern. Wer wüsste das besser als der Pädagoge und langjährige Realschuldirektor Hans Gutheil? So findet 1971 der erste Schüleraustausch zwischen der Realschule Ebermannstadt und dem Lycée Clemenceau statt. Seitdem ist der Schüleraustausch ein fester Bestandteil des Schullebens. 1983 schließt sich das Gymnasium Fränkische Schweiz an und übernimmt die Federführung.

Die Feuerwehren von Ebs und Chantonnay schließen im Jahr 1986 eine eigene Partnerschaft. Die Jubiläen werden regelmäßig gefeiert. Persönliche und familiäre Freundschaften – wie zwischen dem Ehrenvorsitzenden der FFW Michael Krug und Patricia Lersteau, mittlerweile eine der stellvertretenden Bürgermeisterinnen – vertiefen die Bande. Die Kommunalwahlen am 15. März 2020 können in Chantonnay noch abgehalten werden. Aber der neue Stadtrat darf sich nicht konstituieren, denn das Coronavirus diktiert auch in Frankreich das politische, wirtschaftliche und soziale Geschehen – und das in einem noch härteren Ausmaß als in Deutschland.

Am 26. Mai ist es aber soweit: Die designierte Kandidatin Isabelle Moinet, in Ebermannstadt seit vielen Jahren wahrlich keine Unbekannte, wird vom Stadtrat zur Bürgermeisterin von Chantonnay gewählt und tritt die Nachfolge von Gérard Villette an, der dieses Amt zuvor 24 Jahre lang geführt hat. Wer hätte das vor 50 Jahren gedacht: Christiane Meyer und Isabelle Moinet: zwei Frauen als höchste Repräsentantinnen ihrer Städte.

An diesem Pfingstwochenende stand eigentlich Feiern auf der Agenda: Auf Burg Feuerstein, der Wiege der Partnerschaft, sollte mit den Jugendlichen von einst, den ehemaligen und aktiven Mitgliedern der Partnerschaftskomitees, den Honoratioren und den aktiven Politikern ein Festakt zum goldenen Partnerschaftsjubiläum stattfinden. Die 24. Miniolympiade stand an, das Konzertprogramm war geprobt, die Gottesdienste vorbereitet, das Rahmenprogramm war festgezurrt. Aber dann kam das Virus…

Ob und in welchem Umfang die Feierlichkeiten nachgeholt werden können, entscheiden die auf beiden Seiten des Rheins neu gewählten Gremien. Aber eben nicht allein, das Coronavirus spricht wohl ein Wörtchen mit – hoffentlich nicht das entscheidende.

Freundschaft und Frieden

Viele Monate intensiver Recherche von Johanna Kraus liegen der Jubiläumsausstellung zugrunde, die nach Lockerung der Corona-Maßnahmen nun wieder besucht werden kann. Auf den vielen Bildern wird sich so mancher Ebser wiederfinden. Die großen Schautafeln zeichnen die 50-jährige Geschichte der Städtepartnerschaft präzise nach. Geöffnet ist die Sonderausstellung im Heimatmuseum Ebermannstadt mittwochs, von 15 bis 17 Uhr, sowie an Sonn- und Feiertagen, von 14 bis 17 Uhr. Sonderführungen gibt es über die Touristinformation Ebermannstadt.

Die Partner können sich an ihrem goldenen Hochzeitsjubiläum nicht treffen, aber freudig schallt es von beiden Seiten des Rheins: „Vive l’amitié franco-allemande. Es lebe die deutsch-französische Freundschaft.“

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