Spuckattacken und Parfumflasche an Kopf geworfen

Ehe-Aus nach einem Jahr: Paar nach Rosenkrieg vor dem Forchheimer Amtsgericht

22.9.2021, 14:13 Uhr

Sitzt da ein gefährlicher Irrer vor Silke Schneider, Strafrichterin am Amtsgericht Forchheim, der monatelang seine Ehefrau misshandelt hat? Oder haben es die Prozessbeteiligten mit einer Lügnerin zu tun, die ihn nur geheiratet hat, um nach Deutschland kommen zu können? Und die nun versucht, ihn als Gatten loszuwerden? Kein einfacher Fall.

Nur zwei Menschen sind an diesem Morgen im April in der Wohnung. Der 30-jährige Ehemann und seine ein Jahr jüngere Ehefrau. Beide haben erst im Jahr zuvor geheiratet – in Algerien. Die Heirat zwischen Cousin und Cousine haben die Familien vermittelt. Seit die Ehefrau durch den Familiennachzug nach Forchheim gekommen ist, gibt es in der Partnerschaft immer wieder Streit. Nun, da die Scheidung ansteht, hat sich der Rosenkrieg augenscheinlich noch verschlimmert. Mit allen Mitteln wird auf beiden Seiten gekämpft. Zuweilen wohl auch mit Beleidigungen gegen die jeweilige Familie, mit Spuckattacken ins Gesicht und mit Handgreiflichkeiten. An diesem Tag trägt die Ehefrau mehrere blaue Flecken davon, die sich über den ganzen Körper verteilen. Er hat Kratzer im Gesicht.

Parfumflacon an den Kopf geworfen und Ohrfeigen

Wenn man ihm glaubt, dann kommt es zu den Vorfällen, weil zahlreiche Schminkfläschchen, Parfums und elektrische Zahnbürsten herumstehen, die ihr eine Freundin geschenkt hat. Er allerdings möchte die Sachen „aus illegaler Quelle“ aus dem Haus haben. „Ich hatte Angst, dass sie geklaut sind und man es mir anhängen wird.“ Zumal der Ehemann schon mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist. Da fällt der Verdacht schnell auf ihn. Als er das vermeintliche Diebesgut wegräumen will, soll sie ihm mit einem Flacon und einer Spraydose am Kopf getroffen haben. „Ich wehrte mich mit einer Ohrfeige. Sie ging dann mit Fäusten auf mich los.“

Ein wahrer Trommelwirbel habe ihn erwischt. Dann sei sie kurz in die Küche gegangen, um ein Messer zu holen. „Sie sagte: Wir Frauen haben in Deutschland sowieso mehr Rechte.“ Zum Einsatz kommt die Klinge nicht. Später habe sie angemerkt: jetzt brauche sie ihn nicht mehr. Schließlich habe sie nun ihre Papiere und dürfe im Lande bleiben. „In Algerien zeigte sie ein ganz anderes Verhalten.“

Wenn man dagegen ihr glaubt, dann hat er ernsthafte psychische Probleme, ein jahrzehntelanges Drogenproblem und kann wegen des Crystal Meth-Konsums seinen horizontalen ehelichen Pflichten nicht mehr nachkommen. „Er hat mich schon oft geschlagen. Es war nicht normal, wie er mich behandelt hat.“ Sie hatte sich deswegen an das Amtsgericht Bamberg gewandt, um in einem Gewaltschutz-Verfahren ein Kontaktverbot gegen ihn durchzusetzen.

Der Standort wird aus Sicherheitsgründen geheim gehalten

Die Parfums habe er nicht geduldet, weil sie seiner Auffassung nach im Islam verboten seien. „Er wollte immer, dass er redet und ich still bin. Das kenne ich schon aus Algerien.“ An jenem Vormittag habe er sie immer wieder mit der geballten oder flachen Hand geschlagen, sie mit dem Knie am Oberkörper getroffen und ihr hernach den Mund zugehalten, damit die Nachbarn nichts mitbekämen. Noch am Tag der Vorfälle ist die Ehefrau ausgezogen und lebt seither im Frauenhaus Bamberg, dessen Standort aus Sicherheitsgründen geheim gehalten wird.

Wer nun wen angegriffen hat, ließ sich auch nach ausführlicher Befragung nicht mit der nötigen Sicherheit klären. Denn beide Ehepartner schoben dem jeweils anderen die Rolle des Aggressors zu. “Ich habe mich nur verteidigt“, hörte man auf beiden Seiten des Gerichtssaales. Für eine Verurteilung des Ehemannes schien es jedenfalls nicht zu reichen. Weshalb Richterin Schneider das Verfahren einstellte. Ähnliches hatte die Staatsanwaltschaft Bamberg zuvor bereits mit weiteren Vorwürfen der vorsätzlichen Körperverletzung, Bedrohung und Verleumdung getan. Damit der Ehemann spürt, dass es kein Freispruch ist, muss er insgesamt 15 Termine beim Anti-Gewalt-Training besuchen und 1000 Euro Geldauflage an das Frauenhaus Bamberg zahlen.