Ein Besuch in der Gewandschneiderei zu Gräfenberg

10.7.2019, 10:00 Uhr
Ein Besuch in der Gewandschneiderei zu Gräfenberg

© Petra Malbrich

Die Frauen arbeiten ehrenamtlich wie alle anderen im Festkomitee auch in der Gewandschneiderei. 300 Gewänder um das 12. Jahrhundert herum gehören zum Fundus für das mittelalterliche Bürgerfest, bei dem die Hochzeit von Ritter Wirnt zu Gravenberg gefeiert wird.

Den weißen Hemdkragen findet Franziska Rabe ein bisschen ausgefranst, sie bittet den „roten Mönch“, das Kostüm wieder auszuziehen. Das will sie ordentlich haben. Reinhard Fischer kann es in der nächsten Stunde abholen, um dann am historischen Bürgerfest in Gräfenberg passend zum Mittelalter gekleidet zu sein. Das Bürgerfest findet alle fünf Jahre statt und wurde vor 30 Jahren zum ersten Mal gefeiert.

Bei Schwerstarbeit bestens gelaunt

In den vergangenen Jahren wollte man mehr Authentizität einbringen, schließlich bezieht sich das Fest auf den Ritter Wirnt, seine Hochzeit und auf die Tafelrunde. „Wir versuchen, das Jahr 1200 darzustellen, als die Hochzeit in der Mitte des Lebens vom Ritter Wirnt von Gravenberg stattfand" erklärt Franziska Rabe.

Sie ist die Leiterin der Gewandschneiderei, in der die Kostüme in einem Raum im Erdgeschoss des historischen Rathauses genäht werden. Die Nähnadeln flitzen über die Stoffe. Mit gebeugten Kopf sitzen die Schneiderinnen da und arbeiten ein Kleidungsstück nach dem anderen ab. „Wir nähen, solange wir Nadeln finden“, sagt Liane Grüner. Die Frauen sind sich einig. Bis zur letzten Sekunde vor Festbeginn wird genäht und gestaltet.

Trotz der vielen Arbeit sind die fleißigen Frauen sehr gut gelaunt. "Weil es Spaß macht und ich es toll finde, wenn ich auf dem Fest Gewänder sehe, an denen ich mitgearbeitet habe", freut sich Grüner. "Es ist ein wundervolles Fest", setzt Walli Ambrosy noch eins drauf. Denn nicht nur die Teilnehmer des Festumzugs, sondern alle Besucher des Bürgerfests sollten sich mittelalterlich kleiden. „Es ist dann eine andere Atmosphäre“, finden die Frauen, die auch zum Festkomitee gehören.
Wer „gewandet“ ist, darf sich auch in den Festzug einreihen. Für jeden Besucher gibt es die exakte Anweisung, zu welchem Teil des Umzugs er sich gesellen darf. Die Kostüme jedenfalls sind ein Stück weit „mitwachsend“ und können problemlos enger oder weiter geschnürt werden.

Ein Besuch in der Gewandschneiderei zu Gräfenberg

© Petra Malbrich

Während Gertrud Kasch vom Komitee das erzählt, wickelt Grüner Brokat um einen Haarkranz. Ein Edelfräulein wird das als Kopfschmuck tragen. Zum Bestand der Gewandschneiderei gehören komplette Garderoben für alle Schichten. Bettler, Edelmänner, Herolde, Blumenmädchen, der Klerus, die einfache Bevölkerung und die Handwerker werden dargestellt. Inzwischen gehören etwa fünf bis sechs Frauen fest zur Gewandschneiderei, die damit beschäftigt sind, die Kleidung wieder aufzufrischen.

Irene Muhr hat das Zugbändchen für das Hemd des roten Mönchs fast erneuert. Franziska Rabe wirft inzwischen einen Blick auf das Kostüm, das Franziska Kasch für sich selber schneidert; anschließend hält sie ein Stück Fell an ein blaues Kleid am Kostümwagen.

Bürgermeisterssohn ist Ritter

Die Braut ist natürlich eine der Protagonistinnen in dem Hochzeitsfestzug, der aus 100 „Offiziellen“ besteht. Luisa Wieser spielt die künftige Gemahlin des Wirnt und Bürgermeister Hans-Jürgen Nekollas Sohn Jonas mimt den edlen Ritter.

Die Schleppe des Brautkleids wird getragen, dazu schleppen vier Truhenträger die Schatztruhe mit der Mitgift. Fahnenträger, Trommler und Fanfarenbläser in historisch korrekter Kleidung lassen Glanz und Glorie erahnen.

Mit dem Hochzeitszug am Sonntag um 14.30 Uhr ist aber nur ein Höhepunkt von vielen erwähnt. Im historischen Zentrum geht es weiter. Zwei Lager zeigen das Leben im Mittelalter, ein Pestumzug sorgt für Gänsehaut und viele weitere mittelalterliche Aktionen halten die Gäste in Spannung. Ein zehn Personen starkes Festkomitee, hat sich sehr lange intensiv mit den Vorbereitungen für das Bürgerfest beschäftigt. Und die Damen aus der Schneiderei haben Interessierten immer noch was zu bieten.

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