Ein eleganter Brite für besondere Fahrten

8.12.2020, 08:10 Uhr
Ein eleganter Brite für besondere Fahrten

© Udo Güldner

Derzeit werkelt Philipps an der fünftürigen Limousine und hat uns in die Geheimnisse dieses seltenen Wagens aus dem Jahre 1973 eingeweiht: Auch für einen beinahe Zwei Meter-Mann wie mich ist es hinter dem Steuer erstaunlich geräumig. Was sofort auffällt, sind die vielen Anzeigen am Armaturenbrett, die man von anderen Fahrzeugen jener Zeit nicht gewohnt ist. Natürlich kann man den Benzinstand und die Geschwindigkeit ablesen.

Philipps erzählt mir, dass er schon 140 der möglichen 160 Stundenkilometer auf der Autobahn ausprobiert hat. Schneller habe er nicht fahren wollen, um den alten Motor, der einige Jahre gar nicht gestartet worden war, nicht zu überfordern. Sonst könn es passieren, dass Ölkohle-Ablagerungen im Inneren sich selbständig machen und alles verstopfen, erklärt der Besitzer.

Immerhin kann man nicht nur vier Gänge einlegen, sondern mit einem Schieber am Schaltknüppel einen fünften Gang simulieren. Overdrive nennt sich diese Erfindung. Weitere Anzeigen vor mir sind ein Drehzahlmesser, eine Kienzle-Uhr und ein Voltmeter. Von so etwas habe ich noch nie gehört. Phillips aber weiß von Lichtmaschinen, die etwas schwach auf der Brust waren. Wenn dann während der Fahrt nicht nur Licht und Lüftung in Betrieb waren, sondern auch die beheizbare Heckscheibe und ein Radiogerät, dann machte der kleine Generator oft die Grätsche. Da machte die Messung der gelieferten Spannung durchaus Sinn.

Der fabelhaft geräumige Kofferraum, die charakteristischen Doppelscheinwerfer an der Front sowie der 120 PS starke Motor deuten an, dass die Konstrukteure an Familien gedacht haben, die mit viel Gepäck in Urlaub fahren. Das fortschrittliche Fahrwerk lässt die Insassen ruhig und elegant dahingleiten. Durch die großen Fenster hat man gefühlt einen kompletten Rundumblick.

Wichtig: Bloß kein Plastik

Obwohl er keine Servo-Lenkung hat, ist der Triumph erstaunlich wendig. Auch die sechs in Reihe gesetzten Zylinder mit einer mechanischen Einspritzung sind etwas besonderes. Damals dominierte sonst nämlich die Vergasertechnik. Ein kleines runden Schild "PI" über der Tanköffnung deutet auf die damals revolutionäre "Petrol Injection" hin.

Fündig wurde Philipps, der vor zehn Jahren nach Forchheim kam, in den Niederlanden. Das hat den Vorteil, dass er jetzt einen Linkslenker hat, für den ein kontinentaler Fahrer sich nicht umgewöhnen muss. Das britische Modell wurde nämlich auch für den kontinetaleuropäischen Markt gebaut. Deshalb hat der Viersitzer auch Sicherheitsgurte, die erst 1974 verpflichtend geworden sind. Kurios ist nur, dass man an den Beckengurten nicht ziehen kann. Deren Länge ist fest vorgegeben.

Philipps hasst Plastikteile an und in Autos. Deshalb kam für ihn kein moderneres Fahrzeug in Betracht. Es sollte unbedingt ein altes Vehikel aus "seiner Zeit" sein, erzählt er mir. Damit sind die 1970er Jahre gemeint, die von Mittelklassewagen wie dem Opel Ascona, dem Ford Taunus oder dem Audi 80 geprägt wurden. Alles vor "meiner Zeit". Am Nummernschild prangt ein großes "H" für ein "historisches Fahrzeug".

Ein eleganter Brite für besondere Fahrten

© Foto: Udo Güldner

Die meisten Reparaturen kann der studierte Maschinenbau-Ingenieur und leidenschaftliche Schrauber selbst machen. Sogar einen eigenen Satz an Werkzeugen, die nach der englischen Zoll-Maßeinheit geeicht sind, hat sich Philipps besorgt. Für alles andere hat er einen guten Freund. Der hat seine Werkstatt mit Hebebühne an Philipps’ früherem Lebensmittelpunkt Herzogenaurach. Am Ende sind es rund 10 000 Euro, die der Oldtimer alles in allem verschlungen hat. Im Vergleich zu deutschen Fahrzeugen jener Epoche sei das aber noch günstig, heißt es.


Kitzinger Oldtimer: Wechselvolle Geschichte eines roten Lkw


Hilfe hat das Oldtimer-Greenhorn Philipps bei Triumph-Enthusiasten wie Thorsten Köppe aus Hamburg bekommen, die eine Interessengemeinschaft gegründet haben. Dabei hatte Philipps, der aus Saarburg stammt, bis zum Kauf des Triumph gar kein eigenes Auto. Nur drei ebenfalls historische, italienische Motorräder aus den 1970er und 1980er Jahren, die gerade in den Winterschlaf gegangen sind. Sie erinnern ihn daran, dass er 15 Jahre als Rennfahrer auf Strecke war – auch auf dem Nürnburg- und dem Hockenheim-Ring.

Weit herum gekommen

Andere Zeiten waren das. Nun ist Philipps etwas älter und ruhiger geworden. Die Begeisterung für kraftvolle Geschosse ist geblieben. Und die Liebe zum Detail wie den Aschenbechern in der Türverkleidung, den Über-Kopf-Lederschlaufen zum Aussteigen oder den Dreiecks-Fenstern, die man drehen kann.

In seinem beruflichen Leben ist Philipps viel herumgekommen. Südamerika, Asien und Europa. Besonders Großbritannien hat es ihm angetan. Einen Caterham Roadster von der Insel hat er bereits in der Garage stehen. Damit geht es immer wieder ins Gelände. Die Fränkische Schweiz ist dafür wie geschaffen. Sobald Philipps im kommenden Jahr in den Ruhestand geht, soll der "neue" Oldtimer auch im Innenraum tiptop sein. Gediegene Ledersitze und edle Holzverkleidungen machen dann auch einfache Fahrten zum Erlebnis.

Keine Kommentare