Ein Mann aus Unterleinleiter führt den ältesten Krippenbauverein Bayerns

4.1.2021, 08:00 Uhr
Ein Mann aus Unterleinleiter führt den ältesten Krippenbauverein Bayerns

© Foto: Marquard Och

Zwei Krippen hat Bastian Riediger auch in diesem Jahr, wie schon seit Jugendzeiten, im Elternhaus aufgebaut: Die von der Großmutter übernommene mit Figuren im Jugendstil – gefertigt aus Pappmaché – vor 1945 und die selbstgebastelte orientalische, im "Nazarener"-Stil.

Zusammen mit dem Kumpel Manfred Eberlein hat er auch die Krippe in der Pfarrkirche St. Peter & Paul bis 2016 betreut. Landschaften gestalten, sägen, bohren, nähen und die Holzgliederpuppen einkleiden, das hat dem in Bamberg ausgebildeten Koch von Kindheit an Spaß gemacht.

Seit 2014 bekocht Riediger die Studenten der TU München, schon da ist er den "Krippenfreunden" beigetreten. Als 2019 deren Vorsitzender zurücktrat, nahm der Oberfranke die Wahl der Oberbayern an. Unter den Mitgliedern befinden sich zwei Stadträte, auch Staatsminister Marcel Huber schaut gerne mal bei den "Krippenfreunden" vorbei.

Die monatlichen Vereinsabende können wegen der Coronapandemie derzeit nicht stattfinden. Nächste Aufgabe des Vorsitzenden ist es aber, ein neues Domizil zu finden für die Diavorträge über aktuelle und historische Themen, über Volkskunst, Brauchtumspflege und natürlich gehören die "Fachsimpeleien" über den Krippenbau dazu.

Zu den weiteren Aktivitäten zählen Kursbesuche bei bekannten Krippenbaumeistern und Ausflüge zu Krippenausstellungen – eine der Reisen führte nach Neapel, die "Weltstadt der Krippen". Im Inventar der "Krippenfreunde" befinden sich Schätze aus Wachs, die bis ins Jahr 1814 datieren, noch weiter zurück gehen Engelsköpfe, die aus der Werkstatt des berühmten Kirchen- und Krippenschnitzers Ignaz Günther (1725 – 1775) stammen. Für historische Figuren bezahlen Liebhaber heute Preise über 500 Euro, weiß der Szenenkenner. Herrschaftliche Personen, etwa Könige mit vergoldeten Kronen, kosten noch mehr. Dagegen ist eine (nackte) Holzgliederfigur, die Bastian Riediger aus Südtirol bezieht, für 60 Euro zu haben, angezogen dann mit Brokat, Samt, Seide oder Leinen werden daraus schnell 100 bis 250 Euro.

So ist der "Mann an der Nähmaschine" ständig auf der Jagd nach geeigneten Textilien. Die findet er manchmal in München, die "Fundgrube" überhaupt ist aber das Textiliengeschäft der "Geschwister Detzel" in Ebermannstadt. Besondere Stoffe vorzuhalten hat sich auch Christian Schlee, der Nachfolger aus der Familie, auf die Fahne geschrieben.

"Ob es das Fuchsenkripperla in Forchheim ist, der Krippenweg in Bamberg oder unsere Darstellung in der Münchner Kirche St. Theresia, es geht immer um das Glaubensbekenntnis zur biblischen Geschichte um Maria, Josef und das Jesuskind", sagt Bastian Riediger. Dabei beginnen die Erzählungen nicht mit der Geburt und der Anbetung der Hirten und enden mit den Weihnachtstagen, sondern umspannen mit Passions- und Osterkrippen sowie mit der Darstellung von Heiligenlegenden das ganze Jahr, weiß der Experte. "Dabei muss, wie in einer Chronik, alles stimmig sein, die Figuren müssen miteinander agieren". Und hier prägt der gläubige Katholik diese entscheidenden Worte: "Krippen sind für mich Glaubensbekenntnisse, mehr als gefrorenes Theater". So hat er einem der Hirten eine Jacke mit "Zopfmuster" gestrickt, eine mühsame Angelegenheit, und Maria und Josef hat er in eine fränkische Tracht gesteckt.

Motorradunfall änderte alles

Das war vor seinem schlimmen Motorradunfall. Im Frühling des vergangenen Jahres stand der Motorradführerschein auf dem Plan. Das Fahr-training endete am Baum eines Verkehrsübungsplatzes in München. Von da lag er fast drei Wochen im Koma. Davon fehlt Bastian Riediger jegliche Erinnerung.

Nicht zu erklären ist, warum es nicht die Polizei war, die die Eltern Maria und Gerhard Riediger von dem Unglücksfall verständigte, sondern das Studentenwerk der TU. Nachdem der zuverlässige Koch tagelang nicht mehr an seinem Arbeitsplatz war, fahndeten die Studenten in den Kliniken und wurden "Rechts der Isar" fündig.

Ein Mann aus Unterleinleiter führt den ältesten Krippenbauverein Bayerns

© Foto: Marquard Och

Eine Woche war vergangen, bis der damalige Bürgermeister von Unterleinleiter Gerhard Riediger auf seiner Dienstnummer von dem schweren Unfall des Sohnes benachrichtigt worden ist. Von dem Aufprall ist Riediger ein total zertrümmerter Lendenwirbel geblieben, mehrfache Trümmerbrüche des rechten Beins werden von 30 Schrauben zusammen gehalten. Es drohte eine Querschnittslähmung. Seine Familie bangte wochenlang. Das Verfahren ist inzwischen ohne Lösung der Schuldfrage abgeschlossen.

Als im Bett oder im Rollstuhl wieder die ersten Bewegungen möglich waren, hat sich Bastian seine Krippenfiguren kommen lassen. "Die haben mir Kraft gegeben, mich motiviert, wieder was zu machen."

Schwerbehindert, immer noch arbeitsunfähig kämpft er sich Schritt um Schritt ins Leben zurück. Mit Dreikönig steht dem Krippenspezialisten der Feiertag des Jahres an, dann wird er seiner "Ruinenkrippe", die den Wandel vom alten zum neuem Bund symbolisiert, die Heiligen Drei Könige einsetzen, deren Existenz und Weg dem "Stern von Bethlehem" nach, wissenschaftlich nicht bewiesen ist. Jedoch weiß man auch, dass der Glaube Berge versetzen kann – bei Bastian Riediger scheint das der Fall zu sein.

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