Eine Branche unter Druck: So geht es Gastronomen in der Forchheimer Innenstadt

8.3.2021, 06:00 Uhr
Das "GuDiess" in der Forchheimer Hauptstraße ist inzwischen geschlossen. 

© Stefan Hippel Das "GuDiess" in der Forchheimer Hauptstraße ist inzwischen geschlossen. 

Schuld hat Corona. Doch nicht nur, wie aus dem Umfeld des Gastronomen zu hören ist. Hier stört es manchen, dass in der Öffentlichkeit allein das Virus Schuld an seinen roten Zahlen sein soll. Denn finanzielle Probleme habe es bei ihm schon vor Corona gegeben. Dießner selbst erklärt im Gespräch mit der Redaktion, heute "fast keine Schulden zu haben". Doch das habe er sich hart erarbeiten müssen. Noch beim ersten Lockdown im Frühjahr lief alles reibungslos, fast schon unerwartet gut, meint er.

"Wir waren sehr fleißig, wie viele andere auch und hatten auch ein bisschen Glück." 5000 Flyer hat Dießner früh morgens verteilt, um für sein To-Go-Angebot zu werben. "Teilweise haben wir bis 22 Uhr gearbeitet. Das war es uns auch wert. Es hat funktioniert. Die Gäste waren zufrieden, die Mitarbeiter klasse." Dießner wollte auch in der Lockdown-Phase seinen Ansprüchen gerecht bleiben. "In der Gastronomie muss man nicht nur seine Gäste bedienen, sondern das Essen muss auch frisch gemacht werden", sagt der Gastronom. "Das ist körperliche Schwerstarbeit." Auch die Psyche habe gelitten. "Ich habe Depressionen hinter mir", sagt er.


Mit der Aktion "Gedeckter Tisch" hatten Gastronomen in der Stadt und im Landkreis Forchheim auf ihre Situation aufmerksam gemacht.


Kritisch sei der zweite Lockdown ab November gewesen. Seitdem sind über vier Monate vergangen. Angekündigt waren zu Beginn vier Wochen. Es ist die Perspektive, die Dießner fehlt. Die er aber braucht und fordert. "Ich mache diese Unsicherheit nicht mit. Mir ist klar, dass andere Betriebe davon profitieren werden, wenn es wieder aufwärts geht, aber das ist nicht mehr mein Weg." Mit 51 Jahren wolle er nicht mehr in den Tag hinein leben und hoffen.

Dabei hatte er sich noch vor einem halben Jahr erfolgreich auf Corona eingestellt. Zwischen den beiden Lockdowns habe er die Hälfte, 44 statt der üblichen 92 Sitzplätze anbieten können, aber selbst mit halber Kraft den Umsatz um mehr als die Hälfte steigern können. "Selbst der Steuerberater hat den Kopf geschüttelt", sagt Dießner. "Unser Konzept ist aufgegangen. Wir hatten mehr Stammgäste und das Angebot erweitert." Auch das Essen zum Mitnehmen sei "sehr schnell mehr geworden".

Sehr schnell weniger geworden ist es im Herbst, als sich das Virus wieder stärker ausbreitete und die Diskussion über einen weiteren Lockdown ausbrach. "Nicht mal mehr Stammgäste kamen. Nicht mal die, die in der Stadt gearbeitet haben", sagt er. "Der Umsatz ist schlagartig um 50 Prozent eingebrochen und lag im November bei gleich Null." Bis heute seien die Hilfen noch nicht vollständig ausbezahlt. Alleine die Stromkosten liegen bei 1000 Euro im Monat, sagt er. "Wir haben wenige liquide Mittel zur Verfügung gehabt, weil wir in den vergangenen Jahren in das Wachstum von GuDiess investiert haben."

Gerüchteküche macht Probleme

Auch Kathrin Grüner vom Restaurant Lübbis in der Apothekenstraße haben die ersten zwei Lockdown-Monate November und Dezember weh getan. "Das sind sehr umsatzstarke Monate in der Gastro. Es ist die Zeit, in der man einen doppelten oder dreifachen Umsatz machen muss, um die schwachen Monate Januar und Februar auszugleichen. Das ist die dürre Zeit mit den guten Vorsätzen und der Fastenzeit mit Ostern."

Auch sie setzt auf Essen zum Mitnehmen. "Wir hatten darüber die Möglichkeit, Umsatz zu machen. Die Situation ist nicht rosig, aber wir können überleben." Dass es in der Gerüchteküche brodelt, ist da eher von Nachteil. In den vergangenen Tagen sei sie mehrfach darauf angesprochen worden, dass sie im April ihr Restaurant schließen würde. Über das Internet hat sie die Gerüchte aus dem Weg räumen müssen. Ihre einzige festangestellte Mitarbeiterin sei in Kurzarbeit. Bei GuDiess hat Dießner seinen einst sechs Mitarbeiterinnen "der Reihe nach gekündigt, so wie es notwendig wurde". Darunter Teilzeit- und 450-Euro-Kräfte. "Größtenteils Lehrlinge und Rentner, die das Geld tatsächlich brauchen."

Eine Branche unter Druck: So geht es Gastronomen in der Forchheimer Innenstadt

© Foto: Stefan Hippel

In Pandemie-Zeiten wie diesen habe sie gewonnen, indem sie kreativ geblieben ist, sagt Grüner. "Dann kann man das schon überstehen", sagt sie. "Man darf nicht an starren Vorgaben festhalten. Seit dem Lockdown habe ich das Konzept fast komplett umgeworfen. Jetzt koche ich sonntags fränkisch to-go, was ich sonst nicht gemacht habe." Und weil Liebe durch den Magen geht, hat sie zu Valentinstag auch eine Gastro-Box angeboten. Ein gutes Verhältnis und ein Verständnis für die schwierige Situation gehört beim Verpächter auch dazu, sagt Grüner. Um die Miete zu stunden oder um Raten vorübergehend zu reduzieren. So war das auch bei Andreas Dießner der Fall. "Aber irgendwann muss es ja bezahlt werden", sagt er.

Warum die Kleinstadt jetzt hilft

Darüber hinaus biete Forchheim als Kleinstadt Handelstreibenden wie Gastronomen einen Vorteil, sagt Petra Dietzel, Co-Vorsitzende der Werbegemeinschaft HeimForteil. "Wir kennen unsere Kunden und viele von uns können auch dank ihrer Stammkunden leben. Unsere Kunden versuchen uns zu unterstützen." Die Beziehung sei enger als in der Großstadt und die Mieten seien niedriger als in der Metropole.

Die gute Beziehung zu seinen Stammkunden ist es auch bei Andreas Hügel, die ihm privat wie geschäftlich hilft. Seit November hatte er sein Hauscafé in der Apothekenstraße geschlossen. Für ihn ist es täglich ein Auf und Ab. "Ich weiß, dass unsere Stammkunden uns bei einem To-Go-Betrieb unterstützen würden", sagt er. Seinen Gästen, die längst mehr als nur das sind, fehle der Plausch, der Kontakt.

Eine Branche unter Druck: So geht es Gastronomen in der Forchheimer Innenstadt

© Foto: Stefan Hippel

Seit dem 1. März hat er sein Café nach vier Monaten wieder geöffnet. Er hofft auf gutes Wetter und wieder mehr Frequenz in den Gassen, nachdem auch die Friseure wieder öffnen. "An wen soll man die Sachen verkaufen, wenn kein Menschen in der Stadt ist?" Montag bis Freitag von 9 bis 15 Uhr bietet Hügel Kaffee, Kuchen, eine Auswahl an Mittagessen wie Frühstücke zum Mitnehmen an. "Wir können es uns nicht mehr leisten, länger zuzulassen."

Die November- und Dezemberhilfe sei angekommen. Damit könne er seine Fixkosten decken. "Doch ich will von niemandem abhängig sein und mein eigenes Geld verdienen", sagt er. Und vor allem schlicht das tun, weshalb er sich mit dem eigenen Café vor drei Jahren einen Traum erfüllt hat: Gastgeber sein.

Für Dießner ist das Kapitel Gastronomie für immer zu Ende. Auch die Übernahme des ATSV-Sportheims steht nicht mehr zur Diskussion, auch wenn das Heim "für unsere Zwecke fast fertig eingerichtet war". Andreas Dießner will zurück in seinen alten Beruf, den er in den 20 Jahren vor GuDiess ausübte und der ihn nach eigener Aussage mit Kapital ausstattete, um sein Gastro-Lebenswerk zu begründen.

Dießner will wieder als Immobilienmakler arbeiten. "Mit etwas Glück fasse ich in der Branche wieder Fuß."

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