Eine skurrile Erfolgsstory aus Eggolsheim

19.10.2020, 15:52 Uhr
Eine skurrile Erfolgsstory aus Eggolsheim

© Foto: Peter Maxbauer

Ein Auto reist aus dem hessischen Taunus (gut 180 Kilometer) an, die restlichen Akteure sogar aus Polen und Tschechien. "Die sind dreieinhalb Stunden unterwegs", berichtet der Teamverantwortliche Kenan Abel.

Er selbst zählt zur hessischen Fraktion aus Bad Soden-Salmünster, ist seit drei Jahren Wahl-Eggolsheimer und schildert, warum und wie die DJK aus dem kleinen fränkischen Ort zum Magneten für Tischtennis-Könner wurde.

Eine skurrile Erfolgsstory aus Eggolsheim

Es begann damit, dass der damalige und heutige Abteilungsleiter Martin Distler 2013 einen Trainer suchte. Fündig wurde er in Stefan Trautmann, einem Hessen. Der brachte die DJK voran, es folgten erste Aufstiege auf Bezirksebene. Und Trautmann war ein kommunikativer Typ, kannte viele in der Szene – und brachte 2014 mit Marcel Herbert einen ersten hessischen Landsmann mit.

Der ist heute der dienstälteste "Eggolsheimer". Drei Jahre später, Trautmann war nicht mehr im Amt, stand Herbert bei seinem ehemaligen Mitspieler aus Regionalligazeiten, Kenan Abel, auf der Matte. Dieser hatte seine Laufbahn eigentlich beendet, ließ sich aber nach mehreren vergeblichen Anläufen von Herbert überzeugen: "Beim letzten Mal hatte er sogar einen Schläger für mich dabei."

Immer weiter bergauf

Es ging weiter bergauf, mit Nasratullah Nuri und Harun Morkramer (der allerdings nach nur einem Einsatz wegen eines Kreuzbandrisses für den Rest der Saison ausfällt), stießen zwei weitere Hessen zur Fahrgemeinschaft hinzu. Mit den Polen Pawel Grela und Jan Skvrna sowie den Tschechen Vaclav Frydrych und Dominik Cernocky hat die DJK als Oberliganeuling einen so starken Kader, dass sie nach vier Spieltagen die Tabelle mit 8:0 anführt. Kenan Abel: "Der Regionalligaaufstieg ist jetzt das neue Ziel der Mannschaft."

Am Samstag gelang mit dem 8:4 gegen den zuvor ebenfalls noch ungeschlagenen TTC Kist ein großer Schritt in diese Richtung. Obwohl Trainer Ales Brandtl fehlte, der für Abteilungsleiter Distler der "Kitt" ist, der seine Truppe zusammenhält. Der aus Tschechien stammende Brandtl, der alle Sprachen im Team beherrsche, verhindere eine Grüppchenbildung. Distler: "Inzwischen ist da echt ein Teamgeist herangereift."

Nur in einem Punkt klappte es bisher nie: "Unsere Doppel waren eine Katastrophe." Kein Wunder, wenn man höchstens mal – wie am Samstagvormittag – am Wochenende gemeinsam trainiert. Aber "dank" Corona werden heuer ja keine Doppel ausgetragen. "Ein klarer Vorteil für uns", sind sich Distler und Abel einig.

Der Star steckt in Kuba fest

Die Pandemie ist hingegen für den TTC Kist Gift. Die Mannschaft aus der Nähe von Würzburg wäre wohl ein absoluter Titelfavorit gewesen. Doch die eigentliche Nummer eins, der in der Liga herausragende Kubaner Jorge Campos Valdes, sitzt in seinem Heimatland fest, wo das Virus offenbar stärker grassiert, als offizielle Zahlen vermuten lassen.

Als Ersatz wurde der Australier Dillon Chambers verpflichtet. Doch der verspürte am Tag vor dem Spiel Erkältungssymptome – und durfte nach den im Bayerischen Verband geltenden Regeln gar nicht mit nach Oberfranken fahren.

Dennoch sah es anfangs nicht nach einem Eggolsheimer Sieg aus. Abteilungschef Distler hatte ohnehin geunkt: "Heute erwischt es uns." Nach einem 0:2-Rückstand in den Spitzeneinzeln, in denen weder Grela gegen das 15-jährige Ausnahmetalent Lorenz Schäfer noch Frydrych gegen den Slowaken Martin Jaslovsky (früher auch mal in Effeltrich) echte Siegchancen hatten, kristallisierte sich aber heraus, dass man an den Positionen vier bis sechs deutlich stärker besetzt ist.

Neuer Teamgeist

3:3 hieß es nach der ersten Runde, aber dann machte sich der neue Teamgeist bemerkbar. Plötzlich drehte Grela an seinem 22. Geburtstag auf und ließ Jaslovsky alt aussehen. Und Frydrych erwischte nach einem 0:2-Rückstand gegen Schäfer einen wahren Lauf. "Dobzre, dobrze!" ("Gut, gut!") feuerte er sich nach jedem gelungenen Schlag selbst an (in der Halle waren nur fünf Zuschauer zugelassen). Sein junges Gegenüber zeigte nun Nerven und musste die gewonnen geglaubte Partie doch noch abgeben.

Da Nuri auch seine zweite Partie souverän gewann, waren die Weichen nun für den Sieg gestellt. Einzig "Urgestein" Marcel Herbert gab noch einen Punkt ab. Er war von den gezinkten Bällen und den schwäbischen Kommentaren des Ü50-Spielers Andreas Härle offenbar komplett genervt und traf kaum noch einen Ball richtig. Er dürfte sich auf der Rückfahrt nach Bad Soden sicherlich ein paar Sprüche anhören.

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