Podiumsdiskussion in Ebermannstadt

Endlich her mit den Millionen zur Modernisierung der Wiesenttal-Bahn

11.10.2021, 11:00 Uhr
Endlich her mit den Millionen zur Modernisierung der Wiesenttal-Bahn

© Marquard Och, NN

Wenigstens der Status des „Keimens“ ist der Studie von Andreas Vogler und Robert Künzler zuzuweisen. Die beiden kommen aus der Schweiz, dem Land der „kurzen Wege“. Voller Ernst haben sie das Vordringen der Bürgermeisterin – vor allem in ihrer Funktion als Vorsitzende der Integrierten Ländlichen Entwicklung Fränkische Schweiz Aktiv (ILE) – aufgenommen, die sich für die zwölf Mitgliedsgemeinden entlang der Bahnlinie von Pinzberg bis Behringersmühle/Gößweinstein für das Ziel stark macht, vor Ablauf des Jahrzehnts einen autonomen Zugverkehr mit Taktverdichtung und „On-Demand Fahrten“ (auf Anforderung) im Wiesenttal einzurichten (wir berichteten).

Endlich her mit den Millionen zur Modernisierung der Wiesenttal-Bahn

© Marquard Och, NN

Ein Blick in die Reihe der Schienenverkehrs-Experten machte deutlich, was die ILE-Vorsitzende nach dem Anstoß vor einem Jahr schon alles für mehr Mobilität im ländlichen Raum und den Anschluss an die Metropolregion Nürnberg in Bewegung gebracht hat. So lauschten über 40 interessierte Kommunalpolitiker, Wirtschaftsfachleute und Touristiker den Ausführungen zu einer Verdoppelung der Fahrgastzahlen im ÖPNV, festgeschrieben im Klimaschutzprogramm 2030 der scheidenden Bundesregierung.


Auf zum „Leuchtturmprojekt“ ?

Dabei ist die Schweizer Studie „Bahnautonom Bayern 2029“ – betreffend die Digitalisierung von Nebenbahnen – schon den berühmten Schritt voraus. Die denkmalgeschützten 16 Kilometer der DFS von Ebermannstadt bis Behringersmühle sind hier als Teststrecke vorgesehen, im ersten Abschnitt nur die Strecke bis Streitberg. In erster Linie seien die Fahrzeuge, nicht die Strecke und das Stellwerk zu automatisieren. Mit der digitalen Steuerung und Objekterkennung der Triebfahrzeuge und an Bahnübergängen würden ein kostengünstiger und sicherer Betrieb ermöglicht, betonte Andreas Vogler. Ein autonomer Busverkehr (auch mit Fahrradbeipack) für das Wiesenttal sei eine mögliche Ergänzung.

Endlich her mit den Millionen zur Modernisierung der Wiesenttal-Bahn

© Marquard Och, NN

Sowohl der anwesende Agilis-Geschäftsführer Axel Hennighausen als auch der per Video zugeschaltete Martin Cichon, Leiter des Instituts für Schienenfahrzeugtechnik an der TH Nürnberg, unterstrichen, die Umrüstung der Triebwägen sei technisch kein Problem, die Ausweitung auf stündliche Taktzeiten bis 23 Uhr täglich und mehr Sitzplätze – dies alles sei innerhalb eines „Leuchtturmprojekts“ machbar.


Mehr Anschub nötig


Dem oft gehörten Sicherheitsbedürfnis der Fahrgäste im Fall des autonomen Reisens könne zumindest anfangs mit einer Zugbegleitung begegnet werden. „Es braucht mehr Anschub von der Politik“, wandte sich der Nürnberger Vorstand der „Innovation Zukunft-Stiftung“ Manfred Schmitz an den Ministerialrat des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr, Stefan Schell. Es sei an der Zeit, die erhofften Millionen aus München in die Fränkische Schweiz zu „schaufeln“. Bürgermeisterin Meyer hielt mit ihrer Meinung zum bisher in Seminaren erlebten nicht hinterm Berg: „Der ländliche Raum ist eine große „Diaspora.“ Man sagt uns, die Gemeinden sind nicht zuständig und wenn die Fahrgastzahlen nicht passen, wird ein Verbesserungsvorschlag für den ÖPNV gleich gecancelt. Ein deprimierendes Geschäft vor allem im stets verkehrsverstopften Nadelöhr Ebs“, so Meyer. Sie griff auch das von Planer Robert Künzler genannte Ziel auf: „Die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse.“


An Barrierefreiheit denken


Der Dampfbahn-Vorsitzende Johannes Füngers, ein Anhänger des autonomen Fahrens, sprach sich eindeutig für die Teststrecke aus. Für den Landkreis erklärte dies der Klimabeauftragte Dominik Bigge. „Wir wollen die Bürger dazu bringen, den Zug zu nutzen.“ Großartig, wenn da endlich was auf die Schiene kommt, freute sich die Grünen-Vertreterin Susanne Bauer. Ob da auch an die Barrierefreiheit gedacht werde“, fragte sie Stefan Schell. Stufenlose Bahnhofszufahrt und Bahnsteig gehören dazu, kosten viel Geld, aber dies sei ohnehin das „Steckenpferd“ von Staatsministerin Kerstin Schreyer, merkte der Ministerialrat an.

Hier hakte gleich der Pottensteiner BN-Vizevorsitzende Dieter Hoch, der 2018 die „Ökomodellregion Fränkische Schweiz gründete, ein: Das Wort von den gleichen Lebensbedingungen müsse auch für die Tourismusorte Pottenstein und Waischenfeld gelten, fand er. Dazu wäre die Elektrifizierung der Bahnstrecke Nürnberg-Hof ein „richtiger Wurf“ für den Fremdenverkehr in der Fränkischen, versicherte er. Realistisch bleiben, in fünf Jahren ist der Verbund nicht zu schaffen, hieß es in der Diskussion.
Auf das Signal hatte der Wiesenttal-Bürgermeister Marco Trautner schon längst gewartet: „Mir ist es ein großes Anliegen, dass die Teststrecke nicht in Streitberg endet, der Markt Wiesenttal darf nicht geteilt werden, Muggendorf und Behringersmühle gehören dazu.“ Muggendorf sei nicht ausgeschlossen, sagte Andreas Vogler – aber zum Start der Studie, sei der Ball flach zu halten. Auch NLE-Stadtrat und BN-Ortsvorsitzender Christian Kiehr kam zu Wort: Mehr Verkehr von der Straße nehmen, lautete sein Credo. Gleichzeitig stellte er fest: „Die Frage, wer das Rennen macht – die Ostspange oder die Schiene – ist noch nicht beantwortet.“


„Realistisch sehen“


Das Schlusswort hatte CSU-Stadtrat Johannes Obenauf, von Beruf Jurist. „Es gibt viel zu tun“, betonte er. Dem Vorhaben, zusammen mit der DFS hier etwas auf den Weg zu bringen, stehe er grundsätzlich positiv gegenüber: „Aber wir müssen das realistisch sehen, in den nächsten fünf Jahren kann der Verbund nicht passieren. Es sind einfach zu viele Schnittstellen, die neben der Politik abzuarbeiten sind.“

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