"Englischer Garten" für Gößweinstein?

8.5.2018, 08:00 Uhr

© Foto: Thomas Weichert

Auch die Beteiligung der Marktgemeinderäte an der zweitägigen Klausur im Hotel Stempferhof ließ zu wünschen übrig; nur etwa die Hälfte des Gremiums nahm daran teil. Die wohl wichtigste Erkenntnis aus der Tagung ist, dass das Sanierungsgebiet für die Städtebauförderung sich nicht mehr nur auf den Ortskern beschränken, sondern in Nord-Ost- und Süd-West-Richtung erweitert werden soll. Und zwar bis zum Gößweinsteiner Therapiezentrum am Steinern Herrgott und der Gärtnerei Wiedow.

Dies hätte vor allem für private Hausbesitzer den Vorteil, dass sie Sanierungsmaßnahmen steuerlich besser geltend machen können. Aber auch der Nutzen für die Gemeinde liegt auf der Hand, da zum Beispiel das Hallenbad-Gelände miteinbezogen und gefördert werden könnte. Der Antrag auf Erweiterung des Sanierungsgebiets soll demnächst gestellt werden.

Euphorie verflogen

Vor acht Jahren wurde das Konzept für die Innenstadtentwicklung von Gößweinstein durch Hartmut Holl erstellt. Damals war die Euphorie groß und viele Bürger beteiligten sich an der Konzepterstellung, damals im Pfarrzentrum. Seitdem, so könnte man meinen, ist nicht mehr viel geschehen. Dennoch wurden einige Maßnahmen aus dem Holl’schen Papier bereits umgesetzt. So wurden Infostelen aufgestellt, Krippenplätze geschaffen, die Basilikakonzerte wieder etabliert, die Balthasar-Naumann-Straße verkehrsberuhigt, Parkplätze am Höhenschwimmbad errichtet und kleinere Plätze, wie der beim Scheffel-Denkmal, neu gestaltet.

Größere Baumaßnahmen, wie ein neues Rathaus, die Umnutzung des Hallenbads, die Marktplatzneugestaltung und so einiges mehr, blieben freilich bislang aus. Damit der Ortskern ein touristischer Erlebnis- und Aufenthaltsraum werden kann, wäre dringend die seit Jahrzehnten diskutierte Ortsumgehungsstraße nötig, hieß es. Wichtig, so Geograph Roland Wölfel vom Forchheimer Planungsbüro Cima, sei die Schaffung von Parkplätzen für Touristen an den Ortsrändern. Nur wenn ein Parkplatz attraktiv sei, nutzten ihn die Gäste und erkundeten zu Fuß den Ort. Was fehle, sei vor allem ein Besucherleitsystem mit entsprechender Beschilderung im Ort.

"Wir müssen weg von der Hauptstraße, rein in die Nebenstraßen", skizzierte Wölfel, der mit Sylvia Auerswald das Konzept erstellt hat. Denn gerade dort habe Gößweinstein sehr viel zu bieten. Nicht nur den schönen Blick von allen Seiten auf die Burg, sondern auch alte Fachwerkhäuser, historische Stadel und Gastronomie.

Erste Station des Marktspaziergangs war dann das geschlossene Hallenbad. Es ist immer noch im Gespräch, dass aus dem Gebäude ein Wohnkomplex mit bezahlbaren Wohnungen werden soll. Auch dahinter, bis hinunter zur Behringersmühler Straße, gäbe es noch gemeindeeigene Bauplätze. Der Kinderspielplatz am Hallenbad soll, wenn möglich, erhalten bleiben.

Weiter ging es zum Friedhof. Konkrete Gespräche über die Übernahme des Geländes durch die Gemeinde gibt es mit der Kirchenverwaltung noch nicht. Die Wiese neben dem Friedhof und der vorgelagerte Parkplatz sollen indes zu einem Multifunktionsplatz werden, einem Platz zum Parken, Feiern und für Wohnmobile. Dahinter soll eine Auffahrt zum Friedhof gebaut werden.

Nächste Station war der Kreuzberg bis zum Pfarrgarten. Wenn das Rathaus ins Pfarrhaus käme, könne der herrliche Pfarrgarten im Zentrum neu gestaltet und für Besucher geöffnet werden. Vielleicht sogar mit Gastronomie. Es wäre auch ein idealer Platz, um Barock- wie Bürgerfest abzuhalten. Der Pfarrgarten könnte gar der "Englische Garten" von Gößweinstein werden, schwärmt Wölfel. Die Verhandlungen mit der Kirche dazu laufen. Konkretes dazu konnte Bürgermeister Hanngörg Zimmermann (BMG) aber noch nicht sagen.

Über die "Schwarze Ecke" führte die Tour hoch Richtung Burg und wieder hinunter zum Rathaus und Haus des Gastes, das mit dem Anbau eines Aufzugs in Richtung Parkplatz leicht barrierefrei gemacht werden könnte. Dadurch könnte es eine Art Bürgerhaus für Veranstaltungen werden. Was aus dem denkmalgeschützten Rathaus wird, wenn die Verwaltung ausgezogen ist, ist fraglich. Gegenüber des Rathauses wird die niedergebrannte ehemalige Asylunterkunft (früher Restaurant Akropolis) nächste Woche abgerissen. Hier sollen zunächst provisorische Parkplätze entstehen, so Zimmermann.

Die Erkenntnis nach zwei Stunden Spaziergang: Es gibt kostengünstige Maßnahmen, die schnell realisierbar sind, andere, wie die Umgehungstraße, werden noch länger brauchen. Je schneller allerdings der Innenort attraktiver für Besucher werde, je eher werde auch die Umgehung kommen. Feinfühlig müsse man mit der Priorisierung umgehen, sagte Zimmermann, der erste Maßnahmen spätestens bei den Haushaltsberatungen diskutieren will, um diese dann 2019 zu realisieren.

Geringes Interesse

"Ich finde es schade, dass ein so wichtiges Thema für unsere Gemeinde so wenige interessiert", resümierte Brigitte Wolf, eine der wenigen Teilnehmerinnen von Bürgerseite. Brigitte Haselmeier kritisierte, dass der neue Tourismusprospekt nur noch in deutscher Sprache ist. Zumindest Englisch sollte er noch sein. Rainer Polster (FWG) ärgerte sich, dass sich nur maximal die Hälfte der Gemeinderäte an der Klausur beteiligt hatte.

Auch Marktgeschäftsführer Peter Thiem hätte sich mehr Zuspruch gewünscht, auch von den Bürgern. Die Klausur habe einen konkreten Rahmen für eine gute Zukunft von Gößweinstein abgesteckt, lobte Bernard Vogel (SPD). Tanja Rost (JuF) gefiel besonders das Miteinander, und Jürgen Kränzlein (SPD) wünscht sich alle zwei Jahre eine Fortschreibung des Isek. Er betonte, dass die Südumgehung nur dann komme, wenn der Kernort für Gäste attraktiver werde.

Die Planer arbeiten die Klausurergebnisse nun in das bestehende Konzept ein und erstellten eine vereinfachte Quartieruntersuchung zur Erweiterung des Sanierungsgebiets.

Keine Kommentare