"Erschütternd": Die Hitze und ihre Folgen im Kreis Forchheim

9.8.2019, 10:00 Uhr
Ernteeinsatz bei 40 Grad im Schatten im Landkreis Forchheim: "Die Wintergerste ist zu spät und nur lückenhaft aufgegangen. Die Sommergerste ist sehr klein und flach geblieben", erklärt Kreisbäuerin Rosi Kraus.

© Peter Roggenthin Ernteeinsatz bei 40 Grad im Schatten im Landkreis Forchheim: "Die Wintergerste ist zu spät und nur lückenhaft aufgegangen. Die Sommergerste ist sehr klein und flach geblieben", erklärt Kreisbäuerin Rosi Kraus.

Selbst der Autoverkehr bleibt von den tropischen Temperaturen nicht unbetroffen – und auch an den Gebäuden zeigen sich deutlich sichtbare Spuren.

Von Zentimeter tiefen Rissen an den Hauswänden kann Paul Förstel erzählen. Der Gebäudesanierer kennt auch die Gründe dafür. Es sind definitiv Hitzeschäden. Hauptsächlich bei Gebäuden auf tonigen, lehmartigen Böden. „Der Grundwasserspiegel senkt sich“, erklärt Förstel. Die lehmhaltigen Böden saugten sich zu normalen Wetterzeiten mit dem Wasser voll. Das übte den Druck auf die Häuser aus. Doch nun fehlt das Wasser, der Grundwasserspiegel senkt sich, der Boden ist trocken. Es gibt keinen Druck mehr. Das Haus senkt sich. An den tiefen Rissen ist das bemerkbar.

Kostspielige Reparaturen

Werden beim Bau heutzutage die genauen Bodengutachten und der Bemessungswasserstand gefordert, war das zu früheren Zeiten nicht unbedingt der Fall. Nun hilft nur noch der Rat von Fachleuten oder einem Statiker. „Das Gebäude muss punktweise unterfangen werden“, so Förstel. Das bedeutet: Ums Haus herum aufgraben und punktweise, also in verschiedenen Abschnitten das Haus mit einem neuen Fundament zu unterfangen, nachträglich zu stabilisieren. „Das geht in den mittleren fünfstelligen Bereich“, nennt Förstel eine finanzielle Hausnummer für solche Sanierungsmaßnahmen.

Der ideale Baugrund ist Sand, meint Förstel. Der Grundwasserstock liege tiefer und die Bodensetzungen sind gleichmäßiger. Eine ungute Kombination, die sich gerade bei Hitze auswirken könne, seien Häuser auf Mischgrund. Sand und Fels oder Sand und Lehm. Auf der einen Seite stehe das Haus fest, auf der anderen Seite senke es sich.

Von der Gebäudehülle her betrachtet, sind Fertighäuser, die in der Regel aus Holz gefertigt sind, vorteilhafter. Außer es steht auf einem gemauerten Keller.

Moderne Farben sind anfällig

Ebenfalls anfällig für die Hitze sind dunkle Fassaden. Anthrazitfarbene, die derzeit modern sind. „Sie heizen bis auf 70 Grad auf. Es entstehen thermische Spannungen“, erklärt Förstel.

Das Gebäude selbst als Hitzeschutz nutzen kann das Klinikum Forchheim-Fränkische Schweiz. „In den Sommermonaten wird das Klinikum in Forchheim durch eine Betonkernaktivierung, welche durch Brunnenwasser gespeist wird, gekühlt. Dazu sind im Boden und in der Decke Schläuche installiert worden, die mit diesem kalten Wasser durchströmt werden und so die Wärme aus dem Gebäude aufnehmen und abführen“, sagt Thomas Müller, Leiter Technischer Dienst im Klinikum.

In den Wintermonaten werde darüber das Gebäude auch beheizt. „Diese Form der Gebäudekühlung ist sehr energiesparend, da keine elektrische Energie für die Erzeugung von Kälte benötigt wird“, so der Ingenieur.
Um den erhöhten Flüssigkeitsbedarf auszugleichen, bekommen Patienten und Mitarbeiter kostenlos Wasser und Tee und für die sensiblen Medikamente ist auch gesorgt. „Sie werden ganzjährig in speziellen Medikamenten-Kühlschränken ge- lagert, deren Istwert elektronisch überwacht wird“, erzählt Müller.

Getränke spendiert auch Jochen Misof seinen Bewohnern in den Seniorenheimen Johann Hinrich Wichern und Jörg Creutzer in Forchheim. Für sie gibt es Limo gelb und weiß, Apfelsaftschorle, Apfel-Kirsch-Schorle, Wasser und ab und zu Radler und Bier mit und ohne Alkohol – denn auf ausreichend Flüssigkeitszufuhr wird protokollarisch geachtet.

Und zwischendurch dürfen sich Mitarbeiter und Bewohner auch über ein Eis vom Chef freuen. Im Garten sind an den heißen Tagen keine Veranstaltungen oder höchstens bis elf Uhr. Verzichtet wird auf Vollbäder, dafür wird geduscht, Abkühlung und Gutes für die Gesundheit durch Kneipp Fußbäder verschafft, leichte Kost, viel Obst und Melonen gegessen und auf die Ruhezeiten geachtet. Gut gelüftet wird nachts, am Tag sind die Zimmer verdunkelt, um die Hitze außen zu halten.

Kühlpads am Handgelenk

Unter der Hitze leiden aber auch die Pflegerinnen und Pfleger und alle anderen Mitarbeiter, die für den reibungslosen Betrieb der Seniorenhäuser sorgen. Wie wird für sie das Arbeiten erträglicher? „Sie legen nasse Handtücher um den Hals und tragen Kühlpads am Handgelenk“, verrät Jochen Misof, der Einrichtungsleiter. In den Stationszimmern läuft dann auch mal die Klimaanlage.

Diese könnte auch die Natur gebrauchen. Denn hier schlagen gerade heuer in einigen Gebieten des Landkreis die Hitzeschäden vom vergangenen Jahr so richtig durch. „Die Trockenheit wirkt sich erst später aus“, sagt die stellvertretende Landrätin und Kreisbäuerin Rosi Kraus.

Vor allem bei den Kirschen ist das sichtbar. „Die Kirschen sind heuer empfindlicher. Erst die Hitzesommer, der fehlende Regen, der fehlende Niederschlag im Winter und nun der heftige Platzregen, dadurch sind alle Kirschen aufgeplatzt und verfault“, sagt sie – betont jedoch, dass es von Region zu Region unterschiedlich sei.

Es kommt auch auf die Bodenbeschaffenheit an. An Kraus‘ 40 Zwetschgenbäumen hängt keine einzige, an anderen Bäumen im Igensdorfer Bereich sind die Bäume wie die mit Zwetschgen zugeschüttet.

Doch nicht nur im Obstanbau sind Hitzefolgen sichtbar. Auch am Getreideanbau gingen die Temperaturen über 40 Grad und der fehlende Niederschlag nicht spurlos vorbei. „Die Wintergerste ist zu spät und nur lückenhaft aufgegangen. Die Sommergerste ist sehr klein und flach geblieben“, so Kraus. Aus den Erfahrungen mit anderen Landwirten im Landkreis weiß sie, dass die Händler das nicht einmal als Futtergetreide annehmen. „Das muss dann in die Biogasanlage.“

"Einfach nur erschütternd"

Der Mais ist in einigen Lagen nur 50 Zentimeter hoch und mit der Silage und dem Heu sieht es ähnlich mau aus. Statt der fünf in Südbayern üblichen Schnitten, konnte hier oft nur zwei Mal gemäht werden.

„Sogar die Buchen haben Trockenschäden. Auch beim Hartholz fangen die Dürreschäden nun an. Diese dürren Buchen zu sehen, ist einfach nur erschütternd", sagt Rosi Kraus beim Anblick der dürren, braunen Bäume im Wald nahe Gößweinstein.

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