Fabian Abbé komponiert nachts ungewöhnliche Szenen

6.2.2015, 06:00 Uhr
Fabian Abbé komponiert nachts ungewöhnliche Szenen

Gerade haben wir die helle Egloffsteinstraße verlassen. Rundherum ist es schlagartig dunkle Nacht. Unsichere Schritte führen uns durch den nicht erleuchteten Stadtpark, vorbei am gefrorenen Teich mit der verlassenen Seebühne, unregelmäßige Stufen hinauf auf die barocke Befestigung. Oben in den Bastionsgärten treffen wir auf den „Schäfer“ von Georg Leisgang, eine von Graffiti entstellte Skulptur. Über der Dernbach-Bastion strahlt der Vollmond hell.

„Das ist nicht ideal, weil dadurch die Sterne schlechter zu erkennen sind. Am spannendsten ist ein leicht bewölkter Himmel.“ Trotzdem wagt sich Fabian Abbé an die Motivsuche. Wer unten vorübergeht mag sich wundern über die Lichtkegel, die da auf der Mauer entlang kriechen. „Am meisten sieht man beim Zufußgehen.“

Ziel unseres Spazierganges ist ein Scharwachttürmchen, das erkerhaft an der Bastionsspitze Richtung Norden kragt. In die Schießscharte legt Fabian Abbé eine riesige Taschenlampe, deren Lichtstrahl er mit einer roten Folie färbt. „Dazu nehme ich Plastikumschläge von Schulheften. Je öfter ich die falte, desto stärker wird der Farbton.“ In seinem Rucksack finden sich ganz einfache Hilfsmittel wie Knicklichter, Butterbrotpapier oder Teelichter. „Müllbeutel habe ich heute nicht dabei. Sobald ich die Taschenlampen hineinwickle, wird das Licht viel weicher.“

Wenige Meter vor dem Gebäude baut er die Digitalkamera auf einem kleinen Stativ auf. „Wegen der 30 Sekunden Belichtungszeit, da darf nichts wackeln.“ Der Bildausschnitt ist schnell gewählt. „In der Froschperspektive ist viel vom Himmel zu sehen, das macht es interessant.“ Dann präpariert er weitere Lichtquellen, die den Winkel der Festung ausleuchten. Von rechts taucht eine zweite Taschenlampe einen nahen Baum in gespenstisches Halbdunkel.

„Unten im Stadtpark habe ich einigen charaktervollen Bäumen schon ein menschliches Gesicht entlockt. Etwas, was sonst in meinen Fotografien nicht vorkommt.“ Denn Fabian Abbé interessiert sich weniger für Porträts, sondern eher für den Himmel, Strukturen in den Wolken und der Natur. „Die bewegen sich bei den langen Belichtungszeiten einfach nicht.“

Auch wenn Fabian Abbé kein ausgebildeter Fotograf ist, hat der IT-Fachmann innerhalb der letzten acht Jahre doch einige Erfahrungen gesammelt. „Man muss sich vor Ort aber immer etwas Neues einfallen lassen und improvisieren.“ Flugs noch eine Stirnlampe und eine kleinere Taschenlampe auf dem Boden ausgerichtet.

„Ich lasse das Licht gerne von der Seite in die Sichtachse der Kamera fallen. Das erzeugt größere Plastizität.“ Die eine trifft mit violettem Farbstich die Dachspitze des kleinen Wächterhäuschens, die andere in blau die Flanke. „Historische Bauten nutze ich selten als Kulisse.“ Das liege häufig an der Beleuchtung, die ihm und seinem fotografischen Blick einen Strich durch die Rechnung mache. „Ich war aber auch schon nachts auf der Neideck. Da ist wenig Lichtverschmutzung.“

Dann stellt sich Fabian Abbé in den Scharwachtturm, verdeckt dabei das Rotlicht hinter sich, um im Auge des Betrachters nurmehr als Silhouette zu sehen zu sein. Mit Zeitauslöser kann er Fotograf und Bildmotiv zugleich sein. Dann merke ich erst, wie lange eine halbe Minute sein kann. Das Klicken der Kamera ist beim vorbeifließenden Autoverkehr kaum zu hören.

Bunter Bildaufbau

Fabian Abbé, der währenddessen die Arme hochgehalten hat, stets im Versuch, keine Unschärfen durch Bewegungen ins Bild zu bringen, klagt. „Da werden einem echt die Arme schwer.“ Es klappt aber nicht beim ersten Mal. „Oft hilft auch der Zufall. Immer aber mehrere Versuche.“ Heute sind es sechs Anläufe, bis Abbé einigermaßen zufrieden ist. „Der Bildaufbau gefällt mir. Und bunt ist es auch.“ Dass man auch manchmal für die Kunst leiden muss, illustriert er kurz darauf, als er bei klirrender Kälte Mütze und Jacke ablegt, um sich der Kamera zu stellen. Auch Handschuhe hat er bei unangenehmen Minusgraden nicht dabei. „Damit kann ich die Kamera nicht richtig bedienen.“

Irgendwie wirkt es, als ob ein Maler ein Gemälde komponiere, Detail versessen, akribisch und mit viel Geduld. „Man muss nur aufpassen, dass man es nicht übertreibt, dass den Betrachter kein Overkill trifft.“ Dann geht es ans Aufräumen. „Schließlich brauche ich meine Materialien noch.“ Nach fast zwei Stunden unter freiem Himmel treten wir den Rückweg an. Äußerlich durchgefroren, innerlich jedoch zufrieden. In der Lohmühle wärmen wir uns auf. Dort unter der Woche einen Platz zu finden ist übrigens auch eine Kunst.

Die Ausstellung „Fotografie bei Nacht“ ist noch bis zum 21. Februar in den Rathaushallen in Forchheim zu sehen. Öffnungszeiten: Mo-Fr 11-17 Uhr; Sa 10-13 Uhr. Mehr zu Fabian Abbé gibt es auf www.fabianabbe.de

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