Fenster in die alte Zeit: Neues Museum in Bieberbach

1.11.2016, 17:00 Uhr
Fenster in die alte Zeit: Neues Museum in Bieberbach

© Fotos: Güldner

Schon vor dem Eingang in den stillgelegten Kuhstall empfangen den Besucher ein Pflug, ein Schleifstein und eine Reihe von Milchkannen. Drinnen standen bis vor 16 Jahren drei Milchkühe und ein Kalb. Robert Bogner (49), der 1991 der Liebe wegen in das kleine Dorf geraten ist, hat die letzten Jahre der Landwirtschaft noch am eigenen Leib erfahren. Zu jedem Gegenstand kennt er eine Geschichte.

Dabei verbinden sich die Erlebnisse der „kleinen Leute“ auf dem Lande mit weltpolitischen Ereignissen: Etwa wenn er von seinem Onkel erzählt, der auf der Yacht des früheren jugoslawischen Staatspräsidenten Tito diente. Von der „Galeb“ (Möwe), die heute als Museumsschiff in Rijeka liegt, stammt die Schiffsglocke, die Robert Bogner an seine Wurzeln auf dem Balkan erinnert.

 

Kaum ein Objekt der Ausstellung läuft mit Strom. Die meisten werden mit Muskelkraft betrieben. Sie sind einfach, robust und auf lange Lebensdauer angelegt. Seien es Brotschneidemaschinen, Fleischwölfe oder eine Wäschemangel. Hunderte Dinge sind es, die einen Einblick in den Alltag voriger Generationen erlauben. „In unserer schnelllebigen und manchmal oberflächlichen Zeit möchte ich aufzeigen, dass Menschen früher mit wenigen Mitteln viel vermocht haben und am Ende oft zufriedener waren.“

Fenster in die alte Zeit: Neues Museum in Bieberbach

Weil ihm der Austausch zwischen den Generationen wichtig ist, hat Robert Bogner auch seinen Sohn Lukas (10) eingespannt. Der darf auf der Schulbank aus der inzwischen aufgelösten Dorfschule sitzen und sich anhören, wie sein Opa als Kind im Winter mit dem Schlitten das Weizenmehl aus der Schlehenmühle heraufgebracht hat. „Für die Kühe, die im Sommer gezogen haben, war es bei Schnee und Eis zu gefährlich.“

Wagenräder hergestellt

„Wongersch“ sind in Bieberbacher Mundart die „Wagner“, womit der Hausname der Familie Oppel gemeint ist. „Die Großeltern meines Schwiegervaters haben noch Wagenräder hergestellt.“ Zeugnisse der handwerklichen Tätigkeit sind überall zu finden. Besonders einen Stock höher auf dem ehemaligen Heuboden: Dort liegt das Feld der Landwirtschaft. Jedes Gerät hat Michael Oppel (86), den sie nur „Willi“ nennen, in der Hand gehabt. Zuerst ganztags, seit er 1966 in der Papierfabrik Heroldsberg gearbeitet hat, im Nebenerwerb.

Danach hatte seine Frau Elise (1930 bis 2011), die „Schreiners-Elli“, die Hauptlast zu tragen. Die Eggen und Pflüge, den Leiterwagen und auch den Hutzel-Korb, auf dem die Zwetschgen zu „Hutzeln“ getrocknet wurden.

Wer vor den Butterfässern steht und sich von  Marianne Bogner (53) erklären lässt, welch Mühsal nicht nur das Buttern war, der „wird dankbar für das, was uns heute selbstverständlich erscheint.“ 

Noch ist der „Wongersch-Stodl“ nicht ganz fertig — und er wird es wohl auch nie. Ständig ist Robert Bogner auf der Suche nach neuen Ausstellungsobjekten, Zeitzeugen, historischen Fotos. „Wer etwas hat oder etwas weiß, der darf gerne nach Bieberbach kommen.“

Robert Bogner geht es nicht nur um nostalgische Momente, um eine Verklärung der „guten alten Zeit“, um Schwelgen in glücklichen Erinnerungen. Er sieht in der Vergangenheit auch Schrecken, Leid und Gewalt. Durch den Blick zurück möchte er einen „friedlichen, toleranten und respektvollen Umgang miteinander“ erreichen, wie er seinen Besuchern erklärt.

Das private Museum in der Hausnummer 45 öffnet für kleinere Besuchergruppen nach telefonischer Vereinbarung seine Pforten, (01 60) 96 77 71 61.

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