Wohnraum versus Tourismus

Ferienwohnungen: Wie viel Airbnb verträgt Forchheim?

29.11.2021, 16:00 Uhr
Auch auf forchheim-erleben.de, der städtischen Tourismus-Seite, wird Werbung für Ferienwohnungen in und um Forchheim gemacht.

© Anestis Aslanidis Auch auf forchheim-erleben.de, der städtischen Tourismus-Seite, wird Werbung für Ferienwohnungen in und um Forchheim gemacht.

"Die Ferienwohnung 'Regnitz(t)raum', nur einen Steinwurf vom Main-Donau-Radweg entfernt, freut sich auf Ihren Besuch! Erholung und Entspannung warten auf Sie", heißt einen die eigens geschaffene Webseite Willkommen, die mindestens genauso professionell gestaltet ist wie die Internetauftritte großer Hotels.

Doch es ist ein 3-Zimmer-Appartement in einem Mehrfamilienhaus im Föhrenweg in Buckenhofen. Dazu existieren bereits eine Reihe wohlwollender Gästebewertungen: "Eine liebevoll ausgestattete Wohnung mit allem Zubehör, das man sich wünscht", lobten etwa am 2. Juni 2021 "Angelika und Wolfgang", die "das Glück hatten, die Ferienwohnung als erste Feriengäste buchen zu können". Sie vergaben "für alle Kategorien 5 Sterne!!!!"

Auf den gängigen Buchungsportalen für Ferienunterkünfte taucht der "Regnitz(t)raum" weit oben auf, auch auf www.forchheim-erleben.de, der städtischen Tourismus-Seite, ist er vertreten. Dort werden unter "Ferienwohnungen" 38 Treffer gelistet, knapp die Hälfte davon befindet sich nicht in der Stadt, sondern in Nachbargemeinden wie Hausen, Weilersbach, Eggolsheim, Pinzberg. Kurzum: Der Regnitz(t)raum wird offensichtlich längst als Ferienwohnung betrieben.

Jetzt legte man den Stadträten im Bauausschuss einen Antrag vor: "Nutzungsänderung: Wohneinheit in Ferienwohnung, Föhrenweg". Klar ist, dass es sich dabei um das gleiche Haus handelt, in dem der Regnitz(t)raum untergebracht ist. Und CSU-Rat Holger Lehnard machte das stutzig: "Das wird ja bereits seit Juni beworben und bewertet." Ob es sich beim vorliegenden Antrag also um eine zusätzliche geplante Ferienwohnung in dem Mehrfamilienhaus handle oder um ein und dieselbe, wollte er von der Stadtverwaltung wissen.

"Das wissen wir nicht genau", antwortete Tobias Merz vom Bauamt; dazu müsse er erst einen Blick in die Akten werfen. Und: "Falls der Betrieb bereits stattfindet, ohne dass es genehmigt wurde, dann müssten wir aktiv werden", so Merz.

"Veräppeln lasse ich mich nicht"

Fest steht: Es wäre ziemlich peinlich, wenn die Stadt auf ihrer eigenen Internetseite Werbung für ein Domizil macht, das sie gar nicht genehmigt hat. "Zum nachträglichen Abnicken bin ich jedenfalls nicht bereit", meinte Holger Lehnard. Auch seine Parteikollegin Martina Hebendanz meinte: "Ich sehe hier schon eine Ferienwohnung. Also veräppeln lasse ich mich nicht."

Hebendanz bat schließlich, den Antrag erst einmal zurückzustellen – bis die Frage geklärt ist, ob es sich dabei tatsächlich um den bereits betrieben Regnitz(t)raum handelt und ob dafür schon eine Genehmigung vorliegt. Das sahen die anderen Ausschuss-Mitglieder genauso.

Thomas Werner (CSU) fragte außerdem, wie viele Ferienwohnungen es denn derzeit in der Stadt gebe, und verlangte eine entsprechende Aufstellung. Nur dann könne man das grundlegende Thema richtig erörtern: das "Spannungsfeld zwischen Wohnraum und Tourismus, in dem wir uns bewegen", wie es OB Uwe Kirschstein (SPD) nannte.

Die Problematik rund um Ferienwohnungen (allen voran das populärste Vermittlungsportal Airbnb) ist hinlänglich bekannt: Touristen schätzen die preisgünstigen Unterkünfte, sie werden immer beliebter, in der Folge wächst auch das Angebot.

Aber damit wächst auch die Kritik an dem Geschäftsmodell: Die Zweckentfremdung von Wohnraum, der auch in Forchheim immer knapper wird. Oft wohnen die Eigentümer gar nicht selbst vor Ort, sie verdienen gut an der regelmäßigen Kurzzeit-Vermietung, die Portale streichen eine Provision ein. Auch in neugebauten Mehrfamilienhäusern werden Appartements dafür genutzt. Und wertvolle mittel- bis langfristige Wohnungen gehen verloren. "Sie werden dem Wohnungsmarkt einfach entzogen", meinte FGL-Rätin Edith Fießer. Ein Markt, der nach Angaben von Tobias Merz, "auch in unserer Stadt überhitzt ist".

Fießer plädierte für den Erlass einer "Zweckentfremdungssatzung", um zu verhindern, dass die Mieten in Stadtvierteln steigen und Mieter durch lukrativere Ferienunterkünfte verdrängt werden. Satzungen, wie sie München oder Nürnberg bereits erlassen haben.

Das sahen andere Räte erst einmal kritisch, einerseits, weil Forchheim keine Großstadt ist, andererseits, weil man eventuellen Handlungsbedarf eben erst einschätzen könne, wenn die von Werner geforderte Aufstellung über die Zahl der Ferienwohnungen in Forchheim vorliege.

Und zur Wahrheit gehört eben auch, dass die Große Kreisstadt am Tor zur Fränkischen Schweiz und der Landkreis von Touristen profitiert, die nach Natur, Naherholung und Co. suchen. Schon letztes Jahr bezeichnete Forchheims Tourist-Info-Chef Nico Cieslar im Stadtrat den hiesigen Tourismus als "Querschnittsbranche", von dem viele Wirtschaftsbereiche mitunter sogar stark davon abhängig sind – vom Gastgewerbe, über den Einzelhandel, bis zum Dienstleistungssektor.

Und auf die damals gestellte Frage: "Wie viel mehr Tourismus kann Forchheim noch vertragen?", konnte Cieslar antworten, dass man von einem "Zu viel" an Touristen in Forchheim "noch Welten entfernt" sei. Im Gegenteil: Er forderte mehr Unterkünfte, Hotels, Wohnmobilstellplätze.

2 Kommentare