Forchheim: Bauern fühlen sich zu Unrecht an den Pranger gestellt

21.11.2019, 16:04 Uhr
Forchheim: Bauern fühlen sich zu Unrecht an den Pranger gestellt

© Udo Güldner

"Die Umwelt soll alleine auf unsere Kosten gerettet werden." Auf die Bauern werde mit spitzen Fingern gezeigt, bei Luxusgütern, Urlaubsreisen oder der persönlichen Mobilität mache der Bürger hingegen keine Abstriche. Extremer Landfraß für Verkehrsprojekte, Baugebiete und Gewerbeflächen, die dem Anbau von Getreide und Gemüse fehlen. Die ständigen Anfeindungen durch unsachliche Berichterstattung und Nichtregierungsorganisationen (NGO), die das "Bauern-Bashing zum Geschäftsmodell erhoben haben". "Wir denken in Generationen und nicht in Kampagnen."

Der Klimawandel mit Dürre, Stürmen und mehr Schädlingsbefall, der den Waldbauern den Schweiß auf die Stirne treibt. Und nicht zuletzt ein Verbraucher, der zwar ständig nach mehr Qualität, mehr Tierwohl und mehr regionaler Herkunft ruft, dann aber doch das billigste Produkt von irgendwoher kauft. Der Frust auf "Miesepeter, die sofort Skandal schreien" saß bei den anwesenden Landwirten tief, und er machte sich Luft. Und auf eine Politik, die mit immer neuen bürokratischen Vorschriften "die Landwirte draußen verrückt macht". Eine halbe Stunde lang ärgerte sich BBV-Bezirkspräsident Hermann Greif, noch bevor die Staatsministerin zu Wort kam.

Die "Liste der Grausamkeiten", über die Kaniber dann mit den Landwirten diskutierte war lang: Gewässerrandstreifen: Sie sagte zu, dass nur fließende und stehende Gewässer von der Abstandsregelung betroffen sein werden, die Dünger und Pflanzenschutzmittel von Bächen und Weihern fernhalten soll, nicht aber Be- und Entwässerungsgräben, die nicht ganzjährig wasserführend sind. Die bisher fehlerhafte Kartierung, die im Publikum als "Pfusch, den wir ausbaden dürfen", bezeichnet wurde, müsse zurückgenommen werden. "Wir wollen das unbürokratisch klären, ohne die Landwirtschaft noch weiter zu belasten und hoffen, dass sich das Umweltministerium noch besinnt."

Düngeverordnung: Die roten Flächen, in denen der Einsatz von Gülle stark eingeschränkt sei, müsse man komplett überdenken. Auch weil man bereits die nächste Verschärfung vorgenommen habe, ohne die Auswirkungen der ersten Verschärfung auf den Nitratgehalt des Grund- und Trinkwassers zu überprüfen. Kaniber sprach sich zudem für eine Abschaffung des Verbotes der Herbstdüngung aus. "Aber da habe ich wenig Hoffnung, dass wir auf Bundesebene einen Sieg davontragen." Tierwohl: Man könne nicht über Nacht die betäubungslose Ferkelkastration oder die Anbindehaltung abschaffen.

"Die Bauernschaft ist auch Unternehmerschaft." Man müsse sich doch fragen, wem solche Vorschläge in die Karten spielten. "Doch nicht den kleinen Betrieben, sondern der Agrarindustrie." Der Freistaat helfe deshalb bei der Umgestaltung der Ställe mit glatt verdoppelten finanziellen Mitteln, damit das Fleisch nicht aus Osteuropa oder Südamerika importiert werde.

Die Staatsministerin scheute aber auch klare Worte nicht. Etwa wenn es um den im Landkreis Forchheim so wichtigen Obstanbau ging. Da könne man freilich in der Vergangenheit schwelgen, als man noch mehr Pflanzenschutzmittel etwa gegen die Kirschessigfliege habe einsetzen dürfen. Nun aber brauche es Alternativen, weil die Zulassungsbehörden immer weniger Mittel freigäben. Und weil man die Akzeptanz des Verbrauchers nicht mehr habe. Das sehe man am Reizthema Glyphosat. Allerdings sei ein kompletter Verzicht illusorisch, wie der Ernteausfall bei Kartoffeln im vergangenen Jahr in Niederösterreich gezeigt habe. Das Ziel könne doch nicht sein, dass dann Kartoffeln aus Ägypten geholt würden. "Wir brauchen deshalb Lösungen mit Ziel und Maß."

Als das Stichwort "Verbraucher" fiel, war indes sofortige Einigkeit zwischen Kaniber und ihren Zuhörern hergestellt. Der "heuchlerische" Käufer, der sich über Brandrodungen in Brasilien aufregt, dann aber ins Steakhouse geht, kam ganz schlecht weg. Es fehle die Wertschätzung für einen Berufszweig, der die Ernährung sicherstelle und zur Energieversorgung beitrage. Das sei harte Arbeit, die wegen des Schlechtredens immer weniger junge Leute machen wollten. "Wir müssen den Verbraucher dazu bringen, wieder das Hirn einzuschalten." Der zahle tausende Euro für die Ausstattung im neuen Auto oder das neueste Mobiltelefon, spare im Supermarkt dann aber zehn Cent, um "billig fressen" zu können, wie es ein Zuhörer ausdrückte.

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