Forchheim: Handballstart mit Fragezeichen

1.10.2020, 16:07 Uhr
Forchheim: Handballstart mit Fragezeichen

© Foto: Ralf Rödel

Es sind verrückte Zeiten. Davon kann Lothar Rauscher ein Lied singen. In seiner Brust schlagen vor dem geplanten Saisonstart im Handball am Wochenende zwei Herzen. Einerseits will der Vorsitzende des Bezirks Ostbayern und des HC Forchheim 2011 den Wiedereinstieg in den Spielbetrieb "mit Optimismus und Mut, aber ohne Tollkühnheit wagen", andererseits müsse man aber auch Vorsicht und Verantwortung walten lassen.

Rauscher selbst sitzt im erweiterten Präsidium des Bayerischen Handballverbands (BHV) und habe in den kontroversen Debatten der jüngsten Sitzungen manchmal selbst nicht gewusst, für was er stimmen solle. Doch letztlich, so findet er, habe man gerade in seinem Bezirk eine Lösung gefunden, die allen gerecht werde. Wer spielen will, dürfe spielen, wer Bedenken habe, dürfe gerade im Monat Oktober seine Spiele auch ohne Angaben von Gründen oder gar einen Corona-Fall in den eigenen Reihen absagen und verlegen lassen. 

 

Diese Option wird nun rege genutzt – beispielsweise auch von der Männermannschaft des HC 2011. Diese hatte ihrem Klubchef noch bis Dienstag grünes Licht signalisiert. Doch dann folgte ringsum eine Absage nach der anderen. Und der Forchheimer Trainer Matthias Gieck wurde nun aus Reihen der Mannschaft mit Bedenken konfrontiert.

Arbeitgeber machen Druck

So sei einigen Spielern vom Arbeitgeber mitgeteilt worden, dass sie – im Falle einer Covid-19-Ansteckung im Spiel – Urlaub nehmen müssten, um eine Quarantäne zu überbrücken. Zwei Selbstständigen im Team sei es ebenfalls mulmig geworden, selbst die Studenten hätten in der Klausurphase umgedacht. Gieck: "Letztlich gab es eine eindeutige Abstimmung gegen das Spiel. Wir finden es sinnvoll, die Entwicklung in Sachen Corona abzuwarten und gegebenenfalls von Woche zu Woche neu zu entscheiden." Es sei auch überlegenswert, den gesamten Oktober auszusetzen und am Saisonende hinten anzuhängen.

Mit den Ersatzterminen gibt es aber laut Verbandsfunktionär Rauscher auch Probleme. Nach dem Abbruch der Runde 2019/20 und dem "Gnadenerlass" in Sachen Abstieg seien die Ligen randvoll. Die BOL der Männer spiele mit 13 Teams, die Landesliga der Frauen gar 14. Mit dem ohnehin nach hinten verlegten Saisonstart als zusätzlichem Handicap habe man die Saison auf jeden Fall schon einmal bis auf den 31. Mai verlängert, um sie ordnungsgemäß über die Runden zu bringen.

Angesichts dieser ganzen Unwägbarkeiten hätte er als Bezirksvorsitzender durchaus mit dem Vorschlag leben können, erst im Januar zu starten und auf eine Rückrunde zu verzichten, wie es manche Funktionäre gefordert hatten. Zumindest bisher nicht abgesagt wurde das Landesligaspiel der HC-Frauen  und der zweite Männermannschaft am Abend.

Nur 40 Zuschauer erlaubt

Dass in der Halle der Realschule, die bis zu 500 Besucher fasst, nach dem Hygienekonzept, das sich nach den strengen Vorgaben des BHV richtet, nur noch 40 Zuschauer hineindürfen, ist für Rauscher ziemlich nebensächlich: "Hauptsache, wir können spielen!" Denn prinzipiell habe er ein regelrechtes Handballfieber im Verein verspürt. Und als Trainer der Jüngsten im Verein kann er sogar einen regelrechten Boom vermelden. Nie habe er solch große Gruppen gehabt, auch viele neue Kinder seien nach der Pause gekommen – trotz Corona.

Kinderhandball wird es im Oktober noch nicht geben. Der Start wurde erst einmal vertagt, um zu sehen, wie der Spielbetrieb bei den Erwachsenen läuft und ob sich das Virus bemerkbar macht. In Regionen wie Oberbayern und Unterfranken könne er verstehen, dass man angesichts diverser Hotspots skeptisch sei.

In Forchheim sei man jedoch zuversichtlich. Er hätte das achtseitige Schreiben des BHV – "wie vermutlich viele andere Vereinsvertreter" – am liebsten in die Ecke geworfen. Aber dann habe er sich etwas intensiver damit beschäftigt und festgestellt, dass das schon "griffiger" werde, wenn man das Wesentliche heraus picke und auf die Gegebenheiten vor Ort anpasse.

Großer Aufwand für Ehrenamtliche

Der Aufwand für das ständige Desinfizieren von Toren, Bällen, Bänken, Kampfgericht-Utensilien, Laptop, das Erstellen von Platzkarten, die Regelung der Zugangsordnung etc. sei groß, da werde den Ehrenamtlichen schon einiges abverlangt. "Aber Rauscher ist sich sicher: "Wir werden alles tun, dass unser Hygienekonzept gut umgesetzt wird und wir können guten Gewissens Handball spielen!"

Beim Lokalrivalen SV Buckenhofen ist man noch nicht so weit, was auch daran liegt, dass die Männermannschaft am Wochenende noch spielfrei ist und die Frauen auswärts antreten, wie Abteilungsleiter Johannes Gumbmann betont. Und auch die SVB-Mannschaften wollen gerne wieder um Tore und Punkte spielen, weiß er. Aber auch er habe von anderen Vereinen zahlreiche Anrufe bekommen, in denen die Funktionäre ihre Bedenken geäußert hätten.

SV Buckenhofen fühlt sich gerüstet

Trotz der nicht gerade optimalen Vorbereitung mit Einheiten, die überwiegend im Freien auf dem SVB-Gelände und der Sportinsel stattgefunden haben, weil die Hallen erst spät für der Trainingsbetrieb freigegeben worden seien, fühle man sich gerüstet für 2020/21: "Anderen Vereinen ging es genauso, zum Teil sogar noch schlechter."

Wie viele Zuschauer laut BHV-Vorgaben noch in die Halle des Ehrenbürg-Gymnasiums kommen dürfen, hat Gumbmann noch nicht herausgefunden, er ist noch mit dem BHV-Schreiben beschäftigt. Ein bisschen mulmig ist es schon: "Der Verband gibt strenge Regeln vor, wir müssen das versuchen umzusetzen. Aber man kann da ja einiges falsch machen – wer trägt dann die Konsequenzen, wenn es nach einem Spiel doch einen Corona-Fall gibt?" In der BOL Ostbayern scheint die Zahl der Skeptiker groß zu sein: Fünf von sechs BOL-Partien wurden abgesagt.

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