Forchheim: Höchste Gefahr im Kolpinghaus

19.6.2020, 15:24 Uhr
Forchheim: Höchste Gefahr im Kolpinghaus

© Foto: Stadt Forchheim

Es sind fiese Mietnomaden, die niemand eingeladen hat und die sich trotzdem einnisten und Messies sind sie noch dazu: Die winzig-kleinen Bewohner, die dem Kolpinghaus an die Substanz gehen, die Balken zerfressen und morsch werden lassen: Seit zwei Wochen ist der markante Bau gesperrt, weil die Statik gefährdet ist und Lebensgefahr besteht.

Das Haus sei "in einem bedauerlichen Zustand", betonte Stadtoberhaupt Uwe Kirschstein (SPD) bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz am 8. Juni, die über die Sofortmaßnahme informierte. Laut einem aktuellen Gutachten besteht "eine akute Gefahr für Leib und Leben"

Es ist ein erschütterndes Bild des von außen doch im ersten Anblick so stattlichen Gebäudes, das der "Sachstandsbericht Kolpinghaus", der in der aktuellen Sitzung des Haupt-, Personal-, und Kulturausschusses präsentiert wurde, zeichnet:

28 Seiten umfasst die Präsentation, die sich wie die Anamnese eines schwerstverletzten Intensiv-Patienten zeigt: Allein zwei Seiten umfasst die Auflistung der verschiedenen Schädlingsarten, die von dem Haus Besitz ergriffen haben. Sie reichen vom Hausbock, Anobien, dem Trotzkopf bis hin zu Weißfäule, Blaufäule und Moderfäulepilzen.

 

Gefährlich für den Menschen

 

Der echte Hausschwamm ist der Terrorist unter den Fieslingen: Ein holz- und mauerwerkszerstörender Pilz mit dem höchsten Gefahrenpotential für das Kolpinghaus. "Erste Befallsanzeichen sind dabei nur schwer erkennbar", heißt es dazu in der Sitzung. Der Moderfäulepilz zerstört nicht nur Holz, er produziert auch Schimmelgift und kann überdies für den Menschen gefährlich werden: Als Erreger für Hautinfektionen, Nagelpilz, Bauchfell- und Nasennebenhöhlenentzündungen. Der Pilz breitet sich über die Wände auf die Holzbalken aus.

Neben Kolpingsaal und Foyer ist auch das Bühnenhaus schwer getroffen: Die Deckenbalken sind durch Hausbock und Anobien-Befall teilweise stark gefährdet, der Fußboden der Bühne ist stark geschädigt durch Hausschwamm und Moderfäulepilz. Der Fehlboden der Decke ist komplett hinüber: "Zu 100 Prozent geschädigt", informierte eine Powerpoint-Präsentation.

Die denkmalgeschützte Tragkonstruktion über dem Kolpingsaal kommt auch nicht schadlos davon: Dort sind die Tragbalken mit Hausbock und Anobien befallen, die Stahlkonstruktion hat sich verformt. Laut Gutachten könne das zu einem "schlagartigen" Versagen des Putzes kommen.

Forchheim: Höchste Gefahr im Kolpinghaus

© Foto: Stadt Forchheim

"Die Decke oder Teile davon könnten also plötzlich herunterbrechen", informierte der OB bereits vor zwei Wochen. Weitere Untersuchungen werden dort nötig sein. Das Fazit: Die Standsicherheit ist gefährdet.

 

"Hölzer vollständig zerstört"

 

Auch Foyer und Decke über der Tanzschule Rupprecht/Moser sind teilweise stark gefährdet. Die Standsicherheit ist nicht mehr gewährleistet. Besonders bitter: Die Tanzschule stand kurz vor der Wiedereröffnung im Zuge der Corona-Lockerungen.

Das Dachgeschoss der Villa ist mit Hausschwamm, Hausbock, Holzwurm und Trotzkopf befallen. Und auch der markante Turm kommt nicht unbeschadet davon: "Massiver Befall von Hausbock und Holzwurm, zahlreiche Hölzer fast vollständig zerstört", attestierten die Fachleute. Jedoch gibt es hier einen kleinen Lichtblick: "Die Standsicherheit ist aufgrund der Überdimensionierung der Balken gewährleistet."

 

Zeitplan kann nicht gehalten werden

 

Wie geht es nun weiter? War es vor zwei Wochen noch offen, ob der für den Jahreswechsel angedachte Termin der Wiederöffnung des Kolpingsaals als provisorische Kulturveranstaltungsstätte eingehalten werden kann, steht jetzt nach den desaströsen Untersuchungsergebnissen fest: "Die ursprünglich geplante Zeitschiene (Baubeginn Herbst 2020, Inbetriebnahme Provisorium Fasching 2021) kann nicht eingehalten werden."

Vielmehr wird es weitergehende Untersuchungen geben müssen, um das gesamte Schadensausmaß festzustellen. Dazu muss auch die Decke im Saal punktuell geöffnet werden. Auch Notsicherungsmaßnahmen wird es geben, etwa durch ein Gerüst, das im Inneren des Saals aufgestellt werden könnte, um den Bau zu stabilisieren. Die Denkmalpflege muss mit ins Boot geholt werden und schließlich müssen die Untersuchungsergebnisse vorgelegt und über das weitere Vorgehen entschieden werden.

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