Forchheim: Kellerwald-Gelände ist dringender Sanierungsfall

15.3.2019, 18:00 Uhr
Forchheim: Kellerwald-Gelände ist dringender Sanierungsfall

© Fotos: Ralf Rödel

Nein, zimperlich ist Georg Rodler in seiner Wortwahl nicht: Fast eine dreiviertel Stunde listet der Mitarbeiter der Lebensmittelüberwachung am Landratsamts schonungslos-brutal die Mängel im Kellerwald in punkto Gastronomie auf.

"Ich sag’s Ihnen klipp und klar", das sind die Worte, mit denen Rodler nahezu jeden seiner Sätze bedrohlich wirken lässt, "dass die Lagerung der Lebensmittel so nicht mehr wird toleriert werden können". Viele Keller seien schon lange nicht mehr auf das ausgelegt, was angeboten werde.

Will heißen: Gab es früher auf den Kellern in erster Linie Bier und Limo und die Besucher brachten ihre Brotzeit selber mit, "ist heute jeder Keller ein Vollsortimenter", wo es neben Brotzeit vom Schäuferla bis hin zum Schnitzel so gut wie alles gibt. Das Problem: "Die Infrastruktur ist nicht mitgewachsen." Die Konsequenz: "Wenn wir so weiter machen, wird es die Keller in fünf bis zehn Jahren kulinarisch so nicht mehr geben."

Die Kellerstollen sind für Rodler als Lagermöglichkeit ein No-go, mit Ausnahme von Kartoffeln, gelben Rüben und Bier, wie er auf Nachfrage von Ute Samel (SPD) erläutert. Die Kellerwirtschaften bräuchten vielmehr individuelle Mehrzweckräume mit verschiedenen Kühl-/Gefrierkombinationen zur Warentrennung.

Insgesamt 1,2 Kilometer lang ist die laufende Geländerfläche im Kellerwald, die sich das Forchheimer Bauamt genauer angesehen hat. Bauordnungsamtsleiter Stefan Schelter: "Die meisten Konstruktionen halten die Aufprall-Last nicht aus, Kinder rutschen durch und die Geländer können überklettert werden." Außerdem seien die morschen Holzgeländer "grob fahrlässig" und böten "auf Tischen tanzenden Menschen keinen Schutz".

Forchheim: Kellerwald-Gelände ist dringender Sanierungsfall

Überdies "macht das Portfolio von irgendwelchen Konstruktionen den Kellerwald nicht schöner". Alte Treppenanlagen sind Schelter ein Dorn im Auge. Blickt er auf Steigung und Auftritt der einzelnen Stufen muss er urteilen: "Verkehrssicher ist das nicht." Doch was ist die Alternative? Hier bestätigt Schelter das, was zuvor Georg Rodler bereits mit einem Blick gen Erlanger Bergkirchweih getan hat: "Erlangen ist uns nicht nur einen Schritt, sondern einen Kilometer weit voraus." Denn in Erlangen wurde "sukzessive umgebaut und neue DIN-gerechte Treppen mit Geländer" gebaut. "Die Absturzkonstruktion ist feuerverzinkt. Das hält 30 Jahre", so Schelter.

"Wir müssen was tun", ist das Credo von Ordnungsamtsleiter Klaus Backer. Sukzessive wurde in den vergangenen Jahren das Sicherheitskonzept des Annafestes angepasst, mit der Installation einer Alarmanlage etwa, die die Besucher etwa vor Wetterextremen warnt und mit dem Einsatz von Security. "Dein Fest ist so schön, das können wir nicht einem Sicherheitskonzept anpassen", habe ein Fachmann ihm geraten, sondern man müsste das Sicherheitskonzept dem Annafest anpassen. Im vergangenen Jahr habe er dazu einen Entwurf bekommen und in der Praxis bereits mit Polizei und Feuerwehr besprochen. In den kommenden zwei Wochen soll nun ein "annafest-kompatibles" Konzept auf dem Tisch liegen.

Wichtig ist Backer auch ein zweiter Rettungsweg auf den Unteren Kellern, der hinter dem Winterbauer- zum Greif-Keller laufen wird. "Das haben wir heuer noch vor." Mindestens so wichtig sei auch eine Videoüberwachung an Orten, "wo es pfropft", also an Engstellen, die schnell zur drangvollen Gefahr werden könnten. "Da sind wir dran."

Ausschank-Stehtischchen auf den Wegen werden heuer noch geduldet, künftig aber nicht mehr genehmigt, um Fluchtwege freizuhalten. Mit den Kellerwirten habe man bereits gesprochen. An Kellern mit Musik soll "die Bestuhlung nach hinten versetzt werden", um sicherzustellen, das niemand beim Schunkeln auf die Brüstungen steigt und abstürzt. Außerdem sollen die holz-morschen Geländer während des Annafestes als Sofortmaßnahme zusätzlich mit einem sogenannten Mannheimer Gitter, einem etwa 1,10 Meter hohen Metallzaun, abgesichert werden.

Dass der Kellerwald, wie Udo Schönfelder (CSU) sagte, "Forchheims Heiliger Berg" ist, das zeigte auch eine kaum enden wollende Diskussion: Durch alle Parteien waren sich die Stadträte einig, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Und auch darüber, dass der Charme des Kellerwalds erhalten bleiben muss, auch wenn eine "Herkulesarbeit", wie es Albert Dorn (FW) bezeichnete, auf die Stadt warte.

Sabine Dittrich (FGL) etwa bat darum, die "baulichen Veränderungen mit Maß anzugehen um das Flair zu erhalten". Mediziner Paul Nerb (FW) hat die Gesundheit der Besucher im Blick, Missstände in punkto Lebensmittelsicherheit müsse man "sofort und ganz energisch" abstellen. "Das soll kein Hochsicherheitstrakt, aber auch keine Waschküchenlandschaft werden", meinte Nerb.

Treppenanlagen, Absturzsicherungen und Geländer aus Stahl: "Wenn wir all dem nachgehen, dann werden wir unser Annafest nicht wiedererkennen", fürchtete Martina Hebendanz (CSU). "Wir haben als Stadt das vitale Interesse, dass der Kellerwald sein Gesicht nicht verliert", meinte Manfred Hümmer (FW), "wir wollen aber keine Hallerndorfer Kreuzberg-Verhältnisse".

Annette Prechtel (FW) sah die "hohe Verantwortung" der Stadt und erinnerte daran, dass 2015 ein Gutachten für die Zukunft des Kellerwalds erstellt wurde: "Das können wir als Grundlage für Gespräche mit den Wirten nehmen und müssen nicht bei Null anfangen." Die Stadt sollte "Entscheidungen treffen und Vorgaben machen", so Prechtel.

Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD): "Mein Wunsch ist es den Zeitplan mit den Wirten zu besprechen. Die Wirte sind sensibilisiert." Außerdem plädierte der OB für "die externe Unterstützung eines Ingenieurbüros", was den Zeitplan und die Priorisierung anbelangt. Außerdem wurde eine Videoinstallation zum sogenannten "Crowd-Management" einstimmig beschlossen.

3 Kommentare