Forchheim-Nord: Stadt schaut der Bahn auf die Finger

20.11.2018, 18:01 Uhr
Lärmschutz ist ein zentrales Thema, nicht nur beim Ausbau der ICE-Strecke, sondern auch beim Neubau des S-Bahn-Haltes an der Bonhoeffer-Unterführung.

© Eduard Weigert Lärmschutz ist ein zentrales Thema, nicht nur beim Ausbau der ICE-Strecke, sondern auch beim Neubau des S-Bahn-Haltes an der Bonhoeffer-Unterführung.

Nördlich der Dietrich-Bonhoeffer-Straße wird der neue Bahnhof Forchheim-Nord entstehen. „Die Planungen dafür laufen auf Hochtouren“, erläuterte Roland Eismann in einer Sondersitzung des Stadtrates zur sogenannten „Planfeststellung für das Vorhaben „VDE 8.1 ABS Nürnberg-Ebensfeld“. 140 Meter lang wird der Bahnsteig werden, der nördlich der Bonhoeffer-Unterführung entsteht, „das ist genau unser Wunsch“, so der Amtsleiter weiter.

Der Bahnhof wird am Mittelbahnsteig angelegt werden. „Damit setzt die Planung das Grundprinzip der Strecke durch Trennung der schnelleren mit den mit geringerer Geschwindigkeit verkehrenden Zügen um“, informiert die Tischvorlage. In erster Linie werden Schüler den neuen Bahnhof in Forchheim-Nord nutzen. Dabei wird mit einem Fahrgastaufkommen von 1160 Ein- und Aussteigern in der Zeit von montags bis freitags gerechnet.

„Der Bahnhof kostet uns nichts“, informierte Eismann, die Kosten trage die Bayerische Eisenbahn Gesellschaft. Für die Herstellung eines Bike-and-Ride-Parkplatzes laufen allerdings indirekte Kosten für die Stadt auf: Mit rund 100.000 Euro ist der Fahrradstellplatz, der entweder im Bereich des Spielplatzes an der Karl-Bröger-Straße oder im Bereich der Gasstation hergestellt werden könnte, beziffert.

Erschlossen wird der neue Bahn-Halt über die Bonhoeffer-Unterführung. Hier ist die Stadt Forchheim „kreuzungsbeteiligt“. Für die sogenannte „regelkonforme Herstellung“, das heißt vor allem Barrierefreiheit, laufen für die Stadt insgesamt 3,2 Millionen Euro auf. Mit Zuschüssen von bis zu 60 Prozent, so Eismann, könne man rechnen.

Die Jean-Paul-Straße muss wegen des neuen Bahnhofs „weiter in Richtung Westen in Grundstücke der dortigen Anwesen verlegt werden“. Die „Eingriffe in die Grundstücke“ bemisst Eismann mit rund 4,50 Metern Straßenbreite. Weil die Jean-Paul-Straße noch nicht ausgebaut ist, „verlangen wir von der Bahn, dass die Jean-Paul-Straße als Anliegerstraße hergestellt wird.“

DB-Unterlagen geprüft

Weil Vertrauen gut, Kontrolle aber besser ist, hat die Stadt Forchheim das Bayreuther Ingenieur-Büro IBAS beauftragt, die lärmtechnischen und erschütterungstechnischen Unterlagen der DB zu prüfen. Damit wolle die Stadt auch „der Fürsorgepflicht gegenüber ihrer Bürger nachkommen“, betonte Eismann.

Umfangreich waren die Untersuchungen, wie Stefan Hanrieder vor den Stadträten erklärte. Geprüft, kontrolliert und nachgerechnet wurden von dem neutralen Bayreuther Büro unter anderem Zugarten, Zugzahlen und Zuglängen. Hanrieders Fazit: „Die Berechnungen sind plausibel, es gibt nichts, was komplett daneben liegt.“ Kritik äußerte Hanrieder an den von der Bahn zugrunde gelegten Güterzuglängen. Die Bahn legte für ihre Berechnungen 500 Meter zugrunde, das Büro IBAS geht aktuell von 750 Meter pro Zug aus, ein Unterschied, der sich auch lärmtechnisch auswirkt, nämlich um 1,5 dB.

Die Zuglänge, und auch die Anzahl der Züge werde sich auch auf die Erschütterungen auswirken. „Die Untersuchungen zu den baubedingten Erschütterungen ist fachtechnisch plausibel“, so Hanrieder. Auch, so Hanrieder, werde es nach dem Streckenausbau durch die neuen zusätzlichen Lärmschutzwände „deutlich leiser“.

An der Realschule etwa werden die bestehenden transparenten Elemente der fünf Meter hohen Lärmschutzwände gegen intransparente Elemente ausgetauscht. Überdies, so ein Bahnsprecher, könnten „Entschädigungen für den Außenbereich geltend gemacht werden“, etwa für Wohnungen mit Balkon.

Im Stadtgebiet soll an der Bahnstrecke eine „elastische Schwellenbesohlung“ eingesetzt werden. Dadurch, so Hanrieder, würden die Schwingungen abgefedert, damit sie gar nicht erst im Gleisbett landen“. In ihrem Statement fordert die Stadt, dass dies bei der schalltechnischen Untersuchung nachzuholen ist.

"...dass uns die Bahn nicht beschweißt"

Teils heftige Reaktionen gab es von den Stadträten auf die Angaben der Bahn: Ludwig Preusch (FW) sah sich bestätigt, „dass uns die Bahn in punkto Zugzahlen und Zuglängen, salopp gesagt, bescheißt“. Doch, so Preusch: „Die Wirklichkeit sieht anders aus.“

Preusch forderte „Messungen nach Inbetriebnahme der Strecke.“ Das konnte ein Bahnsprecher zusichern, dass es „Nachmessungen in den Gebäuden“ gebe.

Auch Annette Prechtel (FGL) zeigte sich „sehr froh, dass wir die Angaben durch ein externes Büro haben überprüfen lassen“. Dabei werde „das Kräfte-Verhältnis Bahn-Bürger deutlich“ und das sei, so Prechtel, „absolut nicht befriedigend“. „Ich verstehe nicht, warum Sie klagen“, konterte Bahnsprecher Alfons Plenter, schließlich habe es vor zwei Wochen Bürgergespräche gegeben und: „Wir schreiben auch alle Bürger an.“

Seiner Parteikollegin Prechtel schloss sich Gerhard Meixner an: „Die Bahn ist von falschen Grundlagen ausgegangen und ziemlich oberflächlich über die Argumente der Bewohner hinweggegangen“, so Meixner weiter. Er selbst wohne in nächster Nähe zur Bahnlinie, für sein Schlafzimmer habe man ihm seitens der Bahn eine Be- und Entlüftungsanlage angeboten, damit er das Fenster nicht öffnen müsse. „Doch wer montiert das und zahlt die Filter?“, fragte Meixner in die Runde. Außerdem mahnte er an, dass „die Belastung mit Güterzügen enorm steigt“.

Roland Eismann schloss sich in seinem Fazit dem unabhängigen Ingenieurbüro an: „Der Erschütterungs- und Schallschutz bedarf keiner Einwände.“ Baubeginn des neuen Bahnhofs soll im Jahr 2021 sein, eine Fertigstellung ist für 2024 terminiert. Die Piastenbrücke soll, so die Planungen, im Sommer 2019 nach dem Annafest abgerissen werden. Als Ersatzbrücke soll es eine gewendelte Treppe geben, die auch für Fahrradfahrer und Rollstuhlfahrer nutzbar ist.

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