Forchheim-Nord: Warum mussten Bäume und Büsche weichen?

7.11.2020, 16:00 Uhr
Forchheim-Nord: Warum mussten Bäume und Büsche weichen?

© Edgar Pfrogner

Hier grünt so schnell nichts mehr: Im Norden Forchheims, zwischen Adalbert-Stifter-Schule (AST) und Dietrich-Bonhoeffer-Unterführung, erstreckt sich eine ebene, braune Baufläche. Noch vor wenigen Wochen standen hier Bäume, große Buchen auch, Hecken und Sträucher wuchsen am Hang. Jetzt steht hier ein Bauzaun. Und hinter einem abgesägten Baumstumpf noch eine alte Rutsche, die einst zum Pausenhof der AST gehörte. 

„Still und heimlich wurde alles abgeholzt“, erzählt Otwin Schneider von der Bürgerinitiative Forchheim-Nord. Anfang Oktober sind die Fällungen erfolgt. Warum?

Nördlich der Bonhoeffer-Unterführung soll ein 140 Meter langer Bahnsteig mit einer Nutzbreite von knapp fünf Metern entstehen, inmitten der neuen viergleisigen ICE-Trasse. Die vieldiskutierte S-Bahn-Haltestelle Forchheim-Nord, direkt gegenüber der AST beziehungsweise der benachbarten Georg-Hartmann-Realschule. 

Schneider ist nicht nur Sprecher der Bürgerinitiative, sondern als Anwohner von den Maßnahmen zum Haltestellen-Bau auch selbst betroffen. Er schaut der Bahn seit vielen Jahren kritisch auf die Finger. 

Wieso das viele Grün verschwinden musste, kann er nicht wirklich nachvollziehen: „Wenn das wegen einer ,Bauwegfreimachung‘ sein soll, frage ich mich: Der neue Bahnsteig ist doch gar nicht hier geplant?“, so Schneider. Denn die Haltestelle soll knapp 100 Meter im Norden gebaut werden, etwa auf der Höhe zwischen AST und Realschule.

Die "günstigere Lösung"

Eine viel logischere Stelle für eine Baustellenzufahrt wäre aus Schneiders Sicht weiter nördlich der Trasse, auf der Westseite. Dort gebe es „unbebautes, offenes Ackerland“ außerhalb des Wohngebiets“, erklärt er, „aber das ist halt: unbefestigtes Land“. Somit sei es für die Deutsche Bahn offenbar „die leichtere, also kostengünstigere Lösung“ gewesen, kurzerhand die Bäume und Hecken an der Unterführung abzuholzen. 

Weil es sich dabei um städtischen Grund und Boden handelt, fragt Schneider: „Warum hat die Stadt hier keinen Einspruch erhoben?“ Er ist zudem skeptisch, dass die rund 1400 Quadratmeter große Fläche tatsächlich nur einer „Bauwegfreimachung“ dienen soll. Er befürchtet eher „ein Lagerplatz“ – für Container, Maschinen und Baugerät. „So was direkt neben der Schule und dem Pausenhof. Wurde da überhaupt mal in Betracht gezogen, was das für einen Lärm, Staub und Dreck für die Schüler und den Schulunterricht bedeutet?“ 

Die Anlieger seien im Vorfeld der Fällungen nicht informiert worden, sagt Schneider. Erst die Nachbarn seien unlängst auf ihn zugekommen. „Sie haben sich gefragt, was da eigentlich los ist, wieso klammheimlich die Bäume gefällt wurden.“

Bei der Stadt wusste man schon Mitte August Bescheid. Damals habe es eine Ortsbesichtigung zwischen Verwaltungsvertretern und DB-Mitarbeitern gegeben, sagt Rathaussprecherin Britta Kurth. In Zusammenarbeit habe man die Fläche an der Unterführung ausgewiesen. Denn der barrierefreie Zugang zum künftigen Bahnsteig soll von der Bonhoeffer-Unterführung aus erfolgen – über eine 90 Meter lange Rampe. 

Arbeiten im und am Tunnel

Und genau diese geplante Rampe, zugänglich über einen Durchgang in der Wand des Tunnels, sei nun der Grund gewesen, weshalb die Bäume und das restliche Grün auf der Fläche zwischen AST-Pausenhof, Bahnschienen und Unterführung weichen mussten, erklärt Kurth. „Um für die Rampenarbeiten überhaupt dort hin zu kommen – mit Baumaschinen und Co. – braucht es dort eine Baustelleinrichtung.“ 

Hintergrund für die gewählte Fläche sei auch, dass die Feuerwehrzufahrt zur Schule weiterhin gewährleistet sein muss, so die Stadtsprecherin. 
Kurth betont, dass die Stadt mit der Bahn „eine sehr großzügige“ finanzielle Entschädigung für die nunmehr verlorene Grünfläche ausgehandelt habe. „Und selbstverständlich wird es damit auch wieder Neuanpflanzungen geben, wenn die Arbeiten vorbei sind.“ Alles sei von einem externen Gutachter nach Wert der Gehölze entsprechend kartiert worden. 

Nach Angaben eines DB-Sprechers sei der Rückschnitt auch deswegen erforderlich gewesen, weil „bereits integrierte Oberleitungsmaste in die bestehende Lärmschutzwand an den Schulen hergestellt wurden“. Als nächstes stehe die Herstellung der neuen Unterführung, die Lärmschutzwand an den Schulen und der eigentliche Streckenneubau an. Diese Arbeiten sollen im zweiten Quartal 2021 beginnen. 

In Betrieb gehen dürfte die künftige S-Bahn-Haltestelle Forchheim-Nord aber erst 2024. Grund hierfür ist, wie die Bahn zuletzt erklärt hatte, der „komplexe Bauablauf“ – inmitten der engen räumlichen Verhältnisse zwischen den Schulen und der Jean-Paul-Straße im Westen sowie der Karl-Bröger-Straße im Osten.

Und bis dahin wird auch Otwin Schneider seine Augen und Ohren weiter offen halten.

Philipp Rothenbacher

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