Unter Spannung

Forchheim unter Strom: Reicht die Energie künftig aus?

1.5.2020, 08:00 Uhr
"Das Forchheimer Umspannwerk in der Paul-Keith-Straße reicht derzeit noch aus, um den maximalen Strombedarf abzurufen" - hieß es 2010.

© Edgar Pfrogner "Das Forchheimer Umspannwerk in der Paul-Keith-Straße reicht derzeit noch aus, um den maximalen Strombedarf abzurufen" - hieß es 2010.

Der technische Werkleiter Christian Sponsel hat im Gespräch mit unserer Redaktion Einblick in Überlegungen gegeben, mit denen sich das kommunale Ver- und Entsorgungsunternehmen seit geraumer Zeit befasst. Auch die Firma Siemens spielt dabei eine Rolle. Sie ist aber nur ein Faktor von mehreren, die für eine Veränderung der Infrastruktur in Sachen Elektrizität sorgen werden.

„Wir werden ungefähr Ende der 20-er Jahre an unsere Grenzen stoßen“, prophezeit Sponsel. Das heißt: Innerhalb der nächsten Dekade müssen sich die Stadtwerke auf die Zukunft vorbereitet haben. Was bedeutet das? Es heißt zum Beispiel: Trends beobachten, daraus die Konsequenzen ableiten und dann Vorsorge treffen.

Ende der 1990-er Jahre sahen sich die Stadtwerke (nicht nur die Forchheimer) schon einmal vor der Situation, dass eine funktionierende Phase erkennbar zu Ende ging (der Ver- und Entsorger in den Stadtgrenzen, geführt als kommunaler Eigenbetrieb) und die Frage beantwortet werden musste, wie die Zukunft aussieht. Ausgelöst worden war dies durch die Entscheidung der Bundesregierung, den Strommarkt zu „liberalisieren“. Zu Deutsch: Aus dem Zwangs-Anschlussnehmer des städtischen Betriebes wurde ein Kunde, der unter vielen Anbietern wählen konnte.

Wandel am Markt

Eine Antwort der Stadt und ihrer Werke damals (im Einklang mit dem Trend): Umwandlung des Eigenbetriebs in eine GmbH, Vergrößerung des Marktgebietes (über Forchheim hinaus) und des Produktangebotes, Kooperation mit anderen Unternehmen, Neubau an der Haidfeldstraße und vieles mehr.

Heute heißt die Herausforderung: Wie entwickelt sich der Energiebedarf (er steigt) und wie müssen die Stadtwerke darauf reagieren? Christian Sponsel nennt als Megatrends: Forchheim wächst an Haushalten und an Gewerbebetrieben. Die Fachpläne Wohnen und Gewerbe geben für die Zeit bis 2030 eine ungefähre Vorstellung davon, um wie viele Wohn- und Gewerbeeinheiten Forchheim zunehmen will. Wobei im Falle des Gewerbes unklar ist, welche Betriebe mit welchem Bedarf kommen werden.

Wie viele E-Autos?

Zweitens: Die Elektromobilität schreitet voran. Bei wie viel Prozent liegt der Anteil der E-Autos am Gesamtaufkommen aller Autos in Forchheim in zehn Jahren? Das ist nur schwer abzuschätzen. Sponsel: „Bei einer Durchdringung des Bestandes von über 60 Prozent mit E-Mobilen müssten wir spätestens über eine Erweiterung unseres Umspannwerks nachdenken.“

Auf dem Vormarsch befindet sich aber auch nach wie vor die Nutzung erneuerbarer Energien aus Sonne, Wind und Biogas. Aus Großanlagen ebenso wie aus vielen kleinen, oft privaten Kraftwerken.

Dazu kommt die Frage: Wie entwickelt sich die Speicherung des privat erzeugten Stroms, wie die Abgabe an das Versorgungsunternehmen? Forchheims Umspannwerk in der Paul-Keith-Straße „übersetzt“ den Strom vom Vorlieferanten Bayernwerk in die für Forchheim nutzbare Spannung.

Nur zwei der drei vorhandenen Transformatoren, sagt Christian Sponsel, werden tatsächlich genutzt. Die Leistung, die in den letzten Jahren als Spitze in einer Sekunde gleichzeitig abgerufen wurde, betrug laut Sponsel 36 Megawatt. Das Umspannwerk sei aber auf „bis zu 63 Megawatt“ ausgelegt. Also: „Da ist noch eine Menge Luft nach oben.“

Spitzenleistung ausreizen

Könnte man sagen. Aufgrund der genannten Entwicklungen, bei denen die Erweiterung von Siemens im Stadtsüden mit ihrem von der Firma angekündigten hohen zusätzlichen Energiebedarf eine beträchtliche Rolle spielt, wollen es die Stadtwerke aber nicht darauf ankommen lassen, die Spitzenleistung auszureizen.

Deswegen werden aktuell weiter Daten gesammelt (zum Beispiel über Leistungsspitzen unterschiedlicher Nutzungsarten), arbeiten externe Ingenieur-Büros an Zukunftsszenarien und überlegen Stadtwerke-Mitarbeiter, wohin die Reise führen wird. Dazu gehört auch ein Pilotprojekt, mit dem die Stadtwerke demnächst Forchheim genauer ins elektronische Visier nehmen. Es hört auf den Namen LoRaWAN (Long Range Wide Area Network ) und soll in einem ersten Schritt dazu führen, dass Autofahrer per App sehen können, wie viele und welche Stellplätze in der Tiegarage genau (Nummer 43, 58 und 72) gerade frei sind.

Dazu werden spezielle Funkmasten benötigt. LoRaWAN kann auch oberirdische Parkplätze überwachen, Einbruchssicherungen an Häusern, Verbrauchszähler für Strom und Heizung und viele Dinge mehr. In Deutschland sind LoRaWAN-Netze in über 100 Städten installiert, in der Schweiz, den Niederlanden und Südkorea bestehen flächendeckende Netze.

Forchheims Stadtwerke stehen dazu und zu anderen aktuellen Trends, so Christian Sponsel, im Austausch mit Kollegen anderer Städte und Bundesländer. Die Zukunft kommt also nicht isoliert als Insellösung, sondern flächendeckend, auch nach Forchheim.

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