Forchheim will sich als Corona-Modellstadt bewerben

31.3.2021, 19:44 Uhr
Am Ende der Hybridsitzung des Forchheimer Stadtrates wurde es "brandaktuell", wie OB Uwe Kirschstein sich ausdrückte.

© Philipp Rothenbacher Am Ende der Hybridsitzung des Forchheimer Stadtrates wurde es "brandaktuell", wie OB Uwe Kirschstein sich ausdrückte.

Mittwochabend, 17.30 Uhr, Aula der Ritter-von-Traitteur-Schule, Hybridsitzung des Forchheimer Stadtrates: Unter dem letzten Tagesordnungspunkt "Sonstiges" hatte OB Uwe Kirschstein (SPD) eine "brandaktuelle Meldung" zu machen. Thema: die jüngst geplanten Corona-Modellregionen im Freistaat, in denen Lockdown-Lockerungen und vorsichtige Öffnungsschritte bei gleichzeitiger Ausweitung von Corona-Tests, ähnlich wie in Tübingen, erprobt werden sollen. 

"Vor wenigen Stunden", sagte Kirschstein, habe er ein fünfseitiges Schreiben des bayerischen Gesundheitsministers Klaus Holetschek (CSU) erhalten, in dem es um die Anforderungen geht, die explizit kreisfreie Städte und Große Kreisstädte unter 100.000 Einwohner (wie Forchheim) im Rahmen des Projekts erfüllen müssen. Und auch - "und jetzt kommt's", so der OB - die Bewerbungsfrist: Bis Dienstag nach Ostern, 12 Uhr, haben teilnahmewillige Kommunen dafür Zeit.

Damit sei ein für Dienstagnachmittag bereits anberaumtes Treffen mit dem Landrat und der Händlervereinigung HeimFOrteil zum Thema Modellregionen obsolet geworden, so Kirschstein.

Zwei Vorgaben der Staatsregierung für Modellregionen stellten in den Augen des Rathaus-Chefs besondere Herausforderungen dar:

1. Eine eigene städtische Teststrategie mit eigenen Testzentren und eigenem Personal, um eine Test-Kapazität von 10 Prozent der Bevölkerung pro Tag zu erreichen - macht für Forchheim mit seinen knapp 33.000 Einwohnern: rund 3300 Tests täglich.

2. Je 20.000 Einwohnern fünf Personen, die ein "Contact-Tracing-Team" (CTT) bilden, also für die Nachverfolgung von Kontakten im Infektionsfall zuständig sind. Zwar handele es sich dabei um "staatliches Personal" zur Unterstützung des örtlichen Gesundheitsamtes, aber, so der OB, müsse die Stadt sich um deren räumliche und technische Ausstattung kümmern (Kirschstein: "Im Grunde wie eine 'Außenstelle' des Gesundheitsamtes.") 

Obwohl es sich angesichts aller Kurzfristigkeit nicht um einen eigenen Tagesordnungspunkt handelte - und damit auch keine namentliche Abstimmung im Gremium möglich war - wollte der OB doch gerne ein Stimmungsbild aus dem Stadtrat haben. Und schnell war klar: eine überwältigende Mehrheit der Räte - manche mit mehr, manche mit weniger Nachdruck - sagte Ja zur Bewerbung.

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Auf den Punkt brachte es der digital zugeschaltete Josua Flierl (CSU): Mit Blick auf die teils notleidenden Einzelhändler, Gastronomen und Kulturschaffenden in Forchheim "sollten wir jegliche Möglichkeit nutzen, um wieder Fahrt aufzunehmen und neue Wege zu gehen". Denn, so Flier: "Im schlimmsten Fall bleibt es halt wie bisher" - sollte bei einer erfolgreichen Bewerbung das Modellprojekt scheitern. Manfred Hümmer (FW) regte einen Arbeitskreis aus Stadträten, Gesundheitsamts-Vertretern, Medizinern, Gewerbetreibenden und Gastronomen an.

Angesichts seiner erst am Vortag in den NN geäußerten Kritik gegenüber den geplanten Modellregionen in Bayern, wollte Markus Schmidt (CSU) von Kirschstein wissen, wie denn nun seine Meinung zu dem Thema sei. Der Oberbürgermeister erwiderte, dass er lediglich  Zweifel an der Umsetzbarkeit und dem Aufwand der Vorgaben geäußert habe - "und die sind mir innerhalb der letzten Stunden auch nicht genommen worden", so Kirschstein. Das heiße aber nicht, "dass wir es nicht trotzdem probieren können". Insofern wolle er das auch gern versuchen, sagte der OB. 

Zwischendurch gab es noch eine verbale Tracht Prügel für die Staatsregierung in München und Gesundheitsminister Holetschek - denen mit Blick auf die Bewerbungsfrist wahlweise "Inkompetenz" (Ludwig Preusch, FW) oder "Dilettantismus" (Sebastian Körber, FDP) vorgeworfen wurde. Doch Kirschstein und nicht zuletzt Erwin Held (FW) würgten diese "politischen Scharmützel und Haarspaltereien" rasch ab - sie seien fehl am Platz, "während andere in der Stadt um ihre finanzielle Existenz kämpfen müssen", so Held.

Am Ende nahm der Oberbürgermeister das "sehr klare Votum" der Stadträte als "eindeutigen Auftrag" über die Feiertage mit: die fristgerechte Einreichung der Bewerbung Forchheims als bayerische Corona-Modellstadt. An Gründonnerstag will sich Kirschstein dazu mit Landrat Hermann Ulm (CSU) unter vier Augen austauschen. 

PHILIPP ROTHENBACHER

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