Forchheimer Box-Brüder peilen Profikarriere an

12.4.2019, 05:56 Uhr
Forchheimer Box-Brüder peilen Profikarriere an

© RALF RÖDEL

Box-Profis sind die beiden bereits. Kürzlich qualifizierte sich Marten Arsumanjan (25) für einen Europameisterschaftskampf, der noch längst nicht das Ende der Fahnenstange sein soll. Mit seinem Bruder Sascha (27) trainiert er bis zu sechsmal pro Woche beim AC Bavaria Forchheim für das Ziel, irgendwann vom Boxen leben zu können.

Schweißtreibende Einheit

Es herrscht reger Betrieb am Montagabend im Gewerbegebiet Breitweidig: Die Anfänger haben sich gerade ausgepowert, da beginnt auch schon die schweißtreibende Einheit der Fortgeschrittenen unter der Leitung von Robert Herzing. Gemeinsam mit Abteilungsleiter Jörg Braun rief er vor sieben Jahren die Boxabteilung beim AC Bavaria Forchheim ins Leben, wo sowohl wettkampforientierte als auch lediglich bewegungsfreudige Sportler Seite an Seite an den zahlreichen Sandsäcken arbeiten.

"Derart gute Bedingungen können nicht viele Vereine in unserer Größenordnung vorweisen", erzählt Braun, der im Hintergrund das Training der beiden Aushängeschilder seines Klubs aufmerksam verfolgt.

Mittendrin sind unmittelbar daneben nämlich auch zwei Boxer mit ganz anderen Zielen. Marten und Sascha Arsumanjan verausgaben sich für ihre laufende Profikarriere. Ihr prominenter Cousin ist kein geringerer als der mehrmalige WBO-Weltmeister Arthur Abraham. Tuncay Kasim ist nach über 200 Amateurkämpfen und zahlreichen nationalen Titeln im olympischen Boxen mittlerweile Trainer der beiden Brüder.

Der 38-Jährige, der damals noch in Lichtenfels wohnte, begegnete Abraham zu Beginn dessen Karriere in Bamberg und boxte gemeinsam mit ihm unter anderem in der Boxabteilung des 1. FC Nürnberg und später in Eichstätt. Durch den beruflich bedingten Umzug nach Ebermannstadt ergab sich das Engagement und der Weg in die Trainerlaufbahn beim AC Bavaria damit quasi von selbst. Seine Schützlinge lotste er von Nürnberg nach Forchheim, als diese auf der Suche nach einem Übungsleiter waren. "Marten und Sascha kannten mich ja schon als Freund von Arthur, da haben sie noch gar nicht geboxt."

Ohnehin waren die Arsumanjans noch in anderen Sportarten unterwegs, als sie zur Jahrtausendwende im Alter von sechs und acht Jahren aus Armenien nach Deutschland kamen: "Das ging von Fußball über Schwimmen bis Tischtennis. Als unser Cousin im Profigeschäft erfolgreich wurde, hat uns das Fieber dann vor zwölf Jahren auch gepackt", blickt Sascha zurück auf die Anfänge beim TSV Stein.

2016 folgte der Einstieg ins Profi-Geschäft, seit zwei Jahren fährt der Kfz-Meister mit seinem jüngeren Bruder bis zu sechsmal in der Woche aus dem Fürther Landkreis zum Training nach Forchheim: "Wir finden hier tolle Voraussetzungen vor, der Verein unterstützt uns in allen wichtigen Belangen", betont Kasim.

Abteilungsleiter Braun hebt derweil die Bodenständigkeit des Profi-Trios hervor: "Sie haben keine Allüren, geben unseren Kursteilnehmern Tipps. Der ein oder andere kann dann auch schon mal zum Sparringspartner werden." Es ist noch nicht mal lange her, da sah der Deutsche Boxsport-Verband (DBV) eine klare Trennung zwischen den Amateuren und Profis vor. Alles andere war verpönt und von den führenden Funktionären nicht gerne gesehen.

Deshalb gab es anfangs noch Schwierigkeiten, als Kasim, der sich als aktiver Boxer aufgrund von familiären und beruflichen Gründen gegen eine Profilaufbahn entschied, in Trainerfunktion bei Profikämpfen auftauchte: "Da saß ich teilweise mit der Kappe tief ins Gesicht gezogen in der Ringecke." Die Grenzen sind aber fließender geworden und die verkrusteten Strukturen ein wenig gelockert.

Meilenstein erreicht

Marten Arsumanjan erreichte derweil vor zwei Wochen einen weiteren Meilenstein in seiner Karriere, als er einen Qualifikationskampf für die Europameisterschaft im Mittelgewicht (bis 72,5 kg) der Global Boxing Union (GBU) für sich entschied. Sein Gegner musste in der sechsten Runde aufgeben, nachdem Arsumanjan ihn mit mehreren Körpertreffern und einem "Leber-K.O." entscheidend geschwächt hatte.

Nun geht es am 18. Mai in Karlsruhe um den Titel gegen den 21-jährigen Berliner Jihad Nasif, der durch das TV-Format "The Next Rocky" auf Sport 1 eine größere Berühmtheit erlangte und als eines der größten deutschen Talente gilt. Ein Sieg gegen ihn würde Arsumanjan, der momentan als Serviceberater in einem Autohaus tätig ist, einen großen Schritt nach vorne bringen.

Die Vorbereitung läuft bereits auf Hochtouren. "Ich rechne mir gute Chancen aus und denke schon, dass ich gewinnen kann", sagt Arsumanjan, dessen Stärken seine Beweglich- und Schnelligkeit sind. "Konditionsmäßig macht ihm keiner was vor, er geht durch Wände", beschreibt der Coach seinen Stil. "Allerdings boxt er manchmal noch einen Tick zu riskant."

Analysiert werden kommende Kontrahenten auch über Videosequenzen; im Fall von Jihad Nasif gibt es aufgrund von dessen TV-Auftritten genug Anschauungsmaterial. Kasim lässt im Anschluss seine zahlreichen Kontakte spielen, um geeignete Sparringspartner mit ähnlichem Boxstil zu finden.

Ein weiteres Ziel hat Marten Arsumanjan bereits ins Auge gefasst: Die hier zu Lande renommierte deutsche Meisterschaft des Bundes Deutscher Berufsboxer (BDB). Irgendwann, so sind sich die beiden Arsumanjans einig, wollen sie schließlich vom Boxsport leben. "Hoffentlich ist dies der Anfang von etwas Großem."

JONAS BAIER

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